Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand
der Bedeutung des Zuwendungszwecks als Rechtsgrund rechtfertigen sich sowohl die Sonderform der Leistungskondiktion in § 817 S. 1, als auch die Ausschlussgründe in Fällen mangelnder Schutzwürdigkeit des Leistenden (vgl. §§ 814, 815, 817 S. 2). Leistungszwecke, welche gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten verstoßen, können keinen Rechtsgrund für ein Behalten der Zuwendung schaffen und zwar auch und gerade dann nicht, wenn der mit ihnen beabsichtigte Erfolg eingetreten ist (vgl. § 817 S. 1).
Umgekehrt ist dem Leistenden jede Kondiktion zu versagen, wenn ihm gleichfalls ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt (vgl. § 817 S. 2) oder er trotz Kenntnis seiner Nichtschuld oder der anfänglichen Unmöglichkeit des Erfolgseintritts dennoch einen solchen Zuwendungszweck setzt (vgl. §§ 814,[35] 815).
3. Abgrenzung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage
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Nach § 313 Abs. 1 sind die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage nur (subsidiär) anwendbar, soweit einer Partei das Festhalten an einem Geschäft nach den Umständen des Einzelfalls, „insb. der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung“ unzumutbar ist. Das betrifft wesentlich Fälle der Äquivalenzstörung, nämlich das beim Vertragsschluss beiderseits vorgestellte, wirtschaftlich angemessene Verhältnis des Leistungsaustauschs. Die Geschäftsgrundlage liegt dem Schuldverhältnis voraus, wohingegen der Leistungszweck als Rechtsgrund der Leistungskondiktionen den Inhalt des Rechtsgeschäfts betrifft. Das gilt auch, wenn die Leistung wie im Fall des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 auf die Begründung des Rechtsgeschäfts gerichtet ist. Die Grundsätze der Geschäftsgrundlage sind deshalb vorrangig zum Bereicherungsausgleich anzuwenden: Vertragsanpassung, also z.B. eine Nachzahlungspflicht (vgl. § 313 Abs. 1) oder Rücktritt (vgl. § 313 Abs. 2) gehen der Kondiktion des bereits Geleisteten vor.
4. Leistungsbegriff
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Wenn nach hiesigem Verständnis die Leistungskondiktionen das Behaltendürfen einer Vermögensmehrung vom Eintritt eines Zuwendungszwecks abhängig machen, liegt es nahe, die entsprechende Zwecksetzung mit der Zuwendung an sich zu verbinden. „Leistung“ i.S.d. §§ 812 ff. ist demnach (nur) die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (sog. finaler Leistungsbegriff).
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Damit ist die Abgrenzung zu den Fällen der Nichtleistungskondiktionen in doppelter Hinsicht möglich; zuerst von der Seite des Leistenden her, indem sowohl durch Naturereignisse vollzogene Güterverschiebungen ausgeschieden werden wie auch solche, die ohne das Bewusstsein einer Vermögensverschiebung erfolgen (z.B. Einsatz von Mitteln zu Gunsten eines anderen in der irrigen Meinung, es seien dessen eigene). Zum anderen ist die Abgrenzung aus Sicht des Bereicherten ermöglicht, dem aus einem objektiv anzuerkennenden Anschein eines Zuwendungszwecks hinsichtlich einer bei ihm eintretenden Vermögensmehrung der Rückschluss auf das Vorliegen einer Leistung zugegeben werden kann.
a) Leistungsverhältnis
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Neben ihren Tatbeständen ist für die Leistungskondiktionen als Rückforderungsklagen auch die Bestimmung der Parteien wichtig, zwischen denen die Rückforderung zu erfolgen hat. Dies ist mit „Leistungsverhältnis“ gemeint und § 812 Abs. 1 S. 1 bestimmt, dass „wer durch die Leistungen eines Anderen (…), ihm zur Herausgabe verpflichtet (ist)“. Stellt nach dem bisher Gesagten der Zuwendungszweck den Rechtsgrund für das Behaltendürfen dar und liegt nach dem finalen Leistungsbegriff eine Leistung nur vor, wenn sie eben diesen Zuwendungszweck setzt, so folgt daraus, dass die Parteien der Leistungskondiktionen durch eben den Zuwendungszweck bestimmt werden.
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Soweit Zuwendungszweck (wie zumeist) die Erfüllung einer Verbindlichkeit ist, braucht der Gläubiger (etwa als Zahlungsempfänger) Leistungskondiktionen nur seitens seines Schuldners zu gewärtigen, unabhängig davon, wer (vgl. etwa bei § 267 die Leistung auf fremde Schuld) die Zahlung ausgeführt hat.[36] Das ist für den Gläubiger wichtig, weil er bei der Rückforderung durch den Schuldner alle Rechte aus dem zugrundeliegenden Schuldverhältnis entgegensetzen kann (z.B. Einrede des Zurückbehaltungsrechts nach § 273: Erweist sich das Grundverhältnis als nichtig, hat möglicherweise der Leistungsgläubiger die Gegenleistung seinerseits bereits erbracht und kann sodann auch diese zurückfordern);[37] zum anderen wird der Gläubiger so vor Einwendungen eines Dritten geschützt, die den Grund für seine Zahlung auf eine fremde Schuld des eigentlich Verpflichteten betreffen (keine exceptio ex iure tertii).[38]
b) Bereicherung
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Jede Bereicherungsklage setzt schließlich im Tatbestand voraus, dass der Kondiktionsschuldner „etwas erlangt“ hat, also bei ihm eine Vermögensmehrung eingetreten ist. Gegenstand der Bereicherung kann – aktivisch – der Zugang eines Vermögensrechts (Eigentum, Besitz, Forderungsrecht etc.)[39], – passivisch – die Minderung einer Verbindlichkeit sein (Befreiung eines Schuldners von seiner Verbindlichkeit durch deren Tilgung von dritter Seite), genauso aber auch die Ersparnis anderenfalls getätigter Aufwendungen (etwa weil die in Anspruch genommenen Dienste etc. am Markt nicht unentgeltlich verfügbar sind und er sie auf alle Fälle nachgefragt hätte).
§ 3 Ausgleichsordnung › C. Bereicherungsausgleich › III. Mehrpersonenverhältnisse in der Leistungskondiktion
III. Mehrpersonenverhältnisse in der Leistungskondiktion
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Aus dem soeben dargestellten Leistungsbegriff heraus muss sich eine Klärung der berechtigten Rückabwicklungsmöglichkeiten auch für die Fälle ergeben, in denen mehr als zwei Personen beteiligt sind.
Beispiel:
Es sind dies etwa Fälle der Zahlung einer Schuld durch einen Dritten (vgl. § 267); ebenfalls geht es um den Einbau (vgl. § 946) oder die Verarbeitung (vgl. § 950) fremder Sachen zu Gunsten eines Dritten:
Baut z.B. ein Bauhandwerker die durch ihn vom Baustofflieferanten bezogenen, ihm noch nicht übereigneten Fensterelemente im Neubau des Bauherrn ein, mit der Folge, dass diese wesentliche Bestandteile seines Grundstücks werden (vgl. § 94 Abs. 2); ebenso Fälle der Berichtigung einer Forderung durch den Schuldner nicht an seinen ursprünglichen Gläubiger, sondern an einen Neugläubiger nach Abtretung (§ 398) durch den Altgläubiger oder nach Pfändung und Überweisung der Forderung (§§ 829, 835 ZPO) beim Altgläubiger, wenn sich die Zession oder Pfändung als unwirksam oder die abgetretene und beglichene Forderung gegen den Schuldner als unerkannt nichtig erweisen.
Kann in solchen Fällen derjenige, welcher die Vermögenseinbuße erlitten hat (vorwiegend also der Zahlende oder das Eigentum am verbauten Material verlierende Lieferant), Bereicherungsausgleich von demjenigen fordern, bei dem die verschobenen Güter sich nun befinden? – Das ist nach dem Leistungszweck fraglich, denn eben diese Beiden, Verlierender und Empfänger, sind nicht durch ein zugrundeliegendes Schuldverhältnis verbunden, sondern „Dritte“. Wirtschaftliche Bedeutung hat die Frage nach dem Bereicherungsausgleich in diesem „Dritt-Verhältnis“, wenn die zugrundeliegende Schuld, auf welche im einen Fall von dritter Seite gezahlt worden war, gar nicht wirksam bestand, oder sie aber – wie vielleicht im Beispiel des Baustofflieferanten der Kaufpreisanspruch gegenüber