Verkehrsunfallflucht. Carsten Krumm
sollte in Erwägung gezogen werden (vgl. dazu Rn. 317 ff.).
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Das Verteidigungsziel einer „Einstellung“ des Verfahrens bedarf manchmal einer intensiven Überzeugungsarbeit gegenüber dem/der eigenen Mandanten/in. Diese/r hat oftmals die Erwartungshaltung, man werde selbstverständlich einen Freispruch oder zumindest eine Einstellung des Verfahrens mangels Tatverdacht gem. § 170 Abs. 2 StPO erzielen.
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Eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder § 153a StPO sollte die Verteidigung immer als eine sichere und vorzugswürdige Beendigung des Strafverfahrens ohne das Risiko einer Hauptverhandlung ansehen und dem/der Mandanten/in dieses auch so vermitteln. Vor allem dann, wenn eine solche Anregung schon vorab z.B. im Anschreiben zur Gewährung von Akteneinsicht von Seiten der Staatsanwaltschaft selbst gegeben wird, sollte diese Frage sorgfältig, jedoch in der Regel mit einer eigenen (positiven) Empfehlung, erörtert werden.
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Eine Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO birgt für den/die Mandanten/in wenig bis überhaupt kein Risiko in sich, da diese nicht einmal die Feststellung der objektiven Verwirklichung des Tatbestandes des § 142 StGB impliziert, also Nichts zur Frage des strafbaren Verhaltens aussagt. Das Augenmerk des/der Mandanten/in ist insoweit auf den Konjunktiv im Gesetzestext zu lenken: Die Schuld „wäre“ als gering anzusehen, wenn sie denn überhaupt (bei Weiterführung des Verfahrens) nachgewiesen würde. Insbesondere sollte der/die Mandant/in darauf hingewiesen werden, dass ein mit hohem Eigeninteresse am Ausgang des Strafverfahrens beteiligter Unfallgegner bei einer Einstellung des Strafverfahrens nach §§ 153, 153a StPO – im Gegensatz zu einer solchen nach § 170 Abs. 2 StPO – keine Beschwerdemöglichkeit hat und, dass bei einer Einstellung mangels Tatverdacht nach § 170 Abs. 2 StPO jederzeit das Verfahren von der Staatsanwaltschaft wieder aufgenommen werden kann.[6] Allerdings verbleibt es oftmals nach einer Einstellung gemäß § 153 StPO – falls nicht zwischenzeitlich Verjährung eingetreten ist – bei der mit dem Vorwurf der Verkehrsunfallflucht regelmäßig verbundenen Verkehrsordnungswidrigkeit (z.B. Vorfahrtsverletzung, fehlerhafter Fahrsteifenwechsel), denn es gilt § 21 Abs. 2 OWiG (vgl. aber Rn. 94). Darauf ist der/die Mandant/in hinzuweisen.
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Die positive Argumentation der Verteidigung im Hinblick auf eine Einstellung nach § 153a StPO ist demgegenüber weitaus schwieriger, da diese Möglichkeit den/die Mandanten/in finanziell belastet, von ihm/ihr die Zahlung einer Geldauflage als Schuldeingeständnis gewertet wird und natürlich auch die Feststellung beinhaltet, dass der Tatbestand des § 142 StGB verwirklicht wurde, wenn auch „bei geringer Schuld“. Auch hier hilft oftmals der Hinweis auf den Gesetzestext, der vorsieht dass „die Schwere der Schuld nicht entgegensteht“. In der Beratung ist abzuwägen das Risiko einer eventuell ungünstigeren Entscheidung im Hauptverfahren (mit Gerichtstermin) gegen den finanziellen Nachteil einer Geldauflagenzahlung, verbunden mit der Feststellung eines – wenn auch geringen – Verschuldens. Eine kleine Entscheidungshilfe kann hier z.B. der Umstand sein, dass die mit dem Vorwurf der Verkehrsunfallflucht meist verbundene Verkehrsordnungswidrigkeit durch die nach § 153a StPO zu zahlende Geldauflage miterledigt (= eingestellt) ist, das ergibt sich aus § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO. Der zum Unfall führende eventuelle Fahrfehler des/der Mandanten/in, eine Ordnungswidrigkeit, wird dann nämlich nicht mit einem gesonderten Bußgeld geahndet. Es werden auch keine hierfür im Bußgeldkatalog aufgeführten Punkte im Fahreignungsregister beim Kraftfahrt-Bundesamt („Verkehrssünderkartei“) in Flensburg eingetragen (siehe aber auch Rn. 100).
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Viel schwieriger ist es oft, die Zustimmung des/der Mandanten/in zu erhalten, wenn einige Staatsanwaltschaften oder einige Gerichte verlangen, dass der/die Mandant/in zur Erreichung einer Verfahrenseinstellung das eigene falsche Handeln doch einräumen muss. Nicht außer Acht gelassen werden darf hier die bei vielen Staatsanwälten und Richtern herrschende Grundeinstellung, dass nur der/die Mandant/in „in den Genuss der Wohltat einer Verfahrenseinstellung“ kommen soll, wenn eine gewisse Einsicht und Reue gezeigt wird. Dabei ist dem/der Mandant/in aufzuzeigen, dass oftmals das Angebot einer Einstellung des Strafverfahrens nur einmal (z.B. im Ermittlungsverfahren) erfolgt und bei unterlassener Zustimmung die Staatsanwaltschaft und/oder das Gericht die Strafsache dann durchentscheiden; denn wenn der/die Mandant/in meint, unschuldig zu sein, habe diese/r auch Anspruch auf ein (allerdings im Ergebnis oftmals nicht freisprechendes) Urteil!
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Bei der Beratung sollte der Verteidiger hier aber auch bedenken, „Verteidigen“ bedeutet nicht, eine/n uneinsichtige/n Mandanten/in notfalls zu seinem/ihrem „Glück“ zu zwingen! Die Überzeugungsarbeit ist also darauf gerichtet, Risiken deutlich zu machen und eine erfolgreiche Strategie zu entwickeln. Es reicht nicht nur, dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht die von der Verteidigung aufgebotenen Beweismittel (z.B. Entlastungszeugen, Sachverständigen-Gutachten) berücksichtigen und gute juristische Argumentationen anhören oder lesen sollen; sie müssen hierdurch letztlich entweder überzeugt oder zumindest zu ernsthaften Zweifeln veranlasst werden.
Anmerkungen
Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 147 Rn. 10; Weihrauch/Bosbach Rn. 106.
Vgl. Weihrauch/Bosbach Rn. 107, 108.
Vgl. BGH – bei Becker – NStZ-RR 2004, 321.
Vgl. hierzu insbes.: Schlothauer Rn. 118 ff.; Hamm in: Beck'sches Formularbuch, IV. 4 und 5.
Vgl. Weihrauch/Bosbach Rn. 296, 297 (m. weit. Beisp.).
Vgl. zu den sonstigen Vorteilen der Einstellung nach §§ 153, 153a StPO Weihrauch/Bosbach Rn. 183-186, 189.
Teil 1 Verteidigungsstrategien zur Vermeidung von Anklage und Verurteilung › VI. Strategie bei möglichen führerscheinverwaltungsrechtliche Folgen der Fahrerlaubnis-Behörde nach Beendigung des Strafverfahrens
VI. Strategie bei möglichen führerscheinverwaltungsrechtliche Folgen der Fahrerlaubnis-Behörde nach Beendigung des Strafverfahrens
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Bei jeder Beendigung des Strafverfahrens, also auch einer Einstellung des Strafverfahrens, egal nach welcher Vorschrift, ist von der Verteidigung immer an eine mögliche führerscheinverwaltungsrechtliche Reaktion der Fahrerlaubnisbehörde zu denken, z.B. wenn sich aus dem Strafverfahren Tatsachen ergeben, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung des/der Mandantin, insbesondere beim älteren Kraftfahrer, zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, z.B. Krankheiten, Medikamentengebrauch, Konsum