Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
der Kranken- und Pflegekassen für diese Leistungen im Jahr 2020 ausnahmsweise nicht den gesetzlich vorgegebenen Beträgen entsprechen. Die Leistungsverpflichtung der Kranken- und Pflegekassen besteht aber weiter. Ärztinnen und Ärzte können mehr saisonalen Grippeimpfstoff vorab bestellen, ohne Regressforderungen der Krankenkassen wegen unwirtschaftlicher Verordnung befürchten zu müssen.
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Privat Krankenversicherte, die vorübergehend hilfebedürftig werden und in den Basistarif wechseln, können einfacher – das heißt ohne erneute Gesundheitsprüfung – in ihren Ursprungstarif zurückwechseln.
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Im Bereich digitaler Gesundheitsanwendungen werden Pilotprojekte zur Verwendung elektronischer Übermittlungsverfahren von Verordnungen sowie zur Durchführung der Abrechnung ermöglicht.
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Das Inkrafttreten des neuen Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes wird verschoben, so dass das Medizinproduktegesetz bis zum 26.5.2021 weiter gilt. So können sich die Hersteller auf die Produktion der für die Bewältigung der COVID-19-Pandemie dringend benötigten Medizinprodukte konzentrieren und die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter gewährleisten. Dies geschieht auf der Grundlage der europäischen Vorgaben.
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Als Zeichen der europäischen Solidarität übernimmt der Bund die Kosten für die intensivmedizinische Behandlung von Patientinnen und Patienten aus dem europäischen Ausland in deutschen Krankenhäusern, wenn die Patienten in ihrem Heimatland wegen fehlender Kapazitäten nicht behandelt werden konnten.
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Das Gesetz tritt im Wesentlichen am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Anmerkungen
BGBl. I 2000, 1045 ff.
VG Köln Beschl. v. 20.3.2020 – 7 L 510/20; Rixen NJW 2020, 1097, 1100 für Zulässigkeit; ebenso VG Bayreuth Beschl. v. 11.3.2020 – B 7 S 20.223; VG Schleswig Beschl. v. 22.3.2020 – 1 B 17/20; VG Freiburg Beschl. v. 25.3.2020 – 4 K 1246/20; VG Stuttgart Beschl. v. 14.3.2020 – 16 K 1466/20; Beschl. v. 21.3.2020 – 7 L 230/20; VGH Baden-Württemberg Beschl. v. 9.4.2020 – 1 S 925/20, präventive Schließung von Einrichtungen zulässig, auch wenn dort noch niemand erkrankt ist; BVerfG Beschl. v. 10.4.2020 – 1 BvQ 26/20, „causa Bahner“; BVerfG Beschl. v. 7.4.2020 – 1 BvR 755/20, Beschränkung der Bewegungsfreiheit in Bayern zulässig; so auch VGH München Beschl. v. 30.3.2020 – 20 NE 20.612, Ausgangsbeschränkungen aufgrund VO Bay. Staatsministerium für Gesundheit v. 24.3.2020 rechtmäßig; ebenso BayVerfGH Entsch. v. 26.3.2020 – Vf.6-VII-20; OVG Niedersachsen Beschl. v. 29.7.2020 – 13 MN 244/20, Schließung Discotheken zulässig; siehe aber auch BVerfG Beschl. v. 15.4.2020 – 1 BvR 828/20, kein Demonstrationsverbot, wenn Gefährdung durch Auflagen begegnet werden kann; OVG NRW Beschl. v. 6.7.2020 – 13 B 940/20 NE, Außervollzugssetzung der VO zum Schutz vor Neuinfizierungen NRW v. 20.6.2020 (Kreis Gütersloh) wegen Unverhältnismäßigkeit; OVG Niedersachsen Beschl. v. 27.7.2020 – 13 MN 272/20, Verbot Shisha-Bars unverhältnismäßig; OVG NRW Beschl. v. 6.7.2020 – 13 B 940/20 NE, räumliche Ausdehnung VO v. 30.6.2020 unverhältnismäßig; Bay. VGH Beschl. v. 28.7.2020 – 20 NE 20.1629 , Beherbergungsverbot für Gäste aus inländischen Risikogebieten unverhältnismäßig; a.A. OVG Mecklenburg Beschl. v. 27.5.2020 – 2 KM 439/20 OVG.
Gesetz v. 27.3.2020, BGBl. I 2020, 587.
Kingreen Süddeutsche Zeitung v. 26.3.2020, der diese Verordnungsermächtigung als „Hindenburg-Klausel“ bezeichnet.
Beschl. des Bundestags v. 25.3.2020. Der Bundesrat hat am 27.3.2020 zugestimmt; zustimmend Rixen NJW 2020, 1097, 1102.
Kluckert § 9 Rn. 28 ff.; Klafki Infektionsschutz: Verpflichtende Corona-Tests für Reiserückkehrer?, Legal Tribune Online v. 3.8.2020, https://www.lto-de/persistent/a_id/42391/, abgerufen am 3.8.2020.
Kluckert/Ritgen § 12 Rn. 16 ff.; Klafki Infektionsschutz: Verpflichtende Corona-Tests für Reiserückkehrer?, Legal Tribune Online v. 3.8.2020, https://www.lto-de/persistent/a_id/42391/, abgerufen am 3.8.2020, Fn. 6; das BVerfG hat einen Eilantrag gegen die Testpflicht abgelehnt, Beschl. v. 27.8.2020 – 1 BvR1981/20.
BAnz AT v. 7.8.2020.
BayIfSG v. 26.3.2020, Bay. Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 7, 174 ff.; andere Länder folgen mit zum Teil abweichenden Regelungen; Kluckert/Rixen S. 135 ff., 143 ff.
NRW hat nach Protesten der Ärzteschaft auf diese Regelung verzichtet.
Der Bundesrat hat am 15.5.2020 zugestimmt.
5. Kapitel Infektionsschutzrecht › II. Koordinierung und Früherkennung
II. Koordinierung und Früherkennung
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Gemäß § 4 IfSG hat das Robert-Koch-Institut (RKI) die Aufgabe, Konzeptionen zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen zu entwickeln. Dies schließt die Entwicklung und Durchführung epidemiologischer und laborgestützter Analysen sowie Forschung zu Ursache, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten ein. § 4 Abs. 2 IfSG enthält einen detaillierten Aufgabenkatalog. § 4 Abs. 3 IfSG regelt die Zusammenarbeit zwischen dem RKI und supranationalen sowie internationalen Stellen wie z.B. der WHO.[1] § 5 IfSG regelt das Bund-Länder-Informationsverfahren.
Anmerkungen
Kluckert/Gassner S. 23 ff. zum Internationalen und Europäischem Infektionsschutzrecht.
5. Kapitel Infektionsschutzrecht › III. Überwachung und Meldewesen
III. Überwachung und Meldewesen
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Ein zentraler Regelungskomplex des IfSG ist das Überwachungs- und Meldewesen. § 6 IfSG enthält den Katalog der meldepflichtigen Krankheiten. § 6 Abs. 1 sieht