Ein gefährliches Alter. Eva Ashinze

Ein gefährliches Alter - Eva Ashinze


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Moment dachte ich, sie würde sich auf mich stürzen. Dann wurde ihr Gesicht ausdruckslos.

      «Versuchen Sie es», sagte sie höhnisch. «Die werden Ihnen nichts sagen.»

      24 «Geil.» Nina betrachtet bewundernd ihre Fingernägel.

      «Halt still», herrscht Alisar sie an. «Ich bin noch nicht fertig.»

      Es ist November, und draussen ist es seit Tagen grau, kalt und neblig. Nina, Alisar und Mathilda haben Frau König überredet, die Pause im Klassenzimmer verbringen zu dürfen. Keine hat Lust, eine halbe Stunde draussen zu schlottern.

      «Wir müssen doch noch für den Vortrag üben», hat Nina gesagt und die Augen unschuldig aufgerissen.

      «Ist das so?», hat Frau König gefragt und dabei Mathilda angeschaut. Die hat wortlos genickt, dabei aber heisse Ohren bekommen.

      «Na gut», hat Frau König gesagt. «Ausnahmsweise.»

      Jetzt sitzen die drei auf der breiten Fensterbank. Nina lehnt lässig an der Wand, Alisar beugt sich konzentriert über ihre Hand. Mathilda greift nach dem Nagellackfläschchen.

      «Desirable Blue», liest sie laut und kichert.

      «Willst du auch?», fragt Alisar. Sie pustet auf Ninas Nägel, damit sie schneller trocknen.

      «Lieber nicht.» Mathilda ist vorsichtig mit solchen Dingen. Einmal hat sie sich rosa Lippenstift von Alisar geborgt – rosa, nicht rot – und ihre Mutter hat ein richtiges Drama daraus gemacht und sogar ihren Pastor informiert. Am Sonntag ist Mathilda vor der versammelten Gemeinde wegen ihrer Eitelkeit abgekanzelt worden. Das ist vielleicht beschämend gewesen! Jetzt noch verknotet sich etwas in ihrem Magen, wenn sie daran denkt. Sie riskiert genug damit, dass sie sich jeden Morgen im Keller ihres Mehrfamilienhauses heimlich umzieht. Jeden Tag hofft sie, dass nicht plötzlich ein Nachbar vor ihr steht, wenn sie gerade den Pulli über den Kopf zieht. Aber was soll sie machen? Die weiten, formlosen Klamotten, die ihre Mutter kauft, das geht einfach gar nicht.

      «Du brauchst kein Desirable Blue.» Nina unterbricht ihren Gedankengang. «Du bist offensichtlich begehrenswert genug.»

      «Was meinst du?» Mathilda schaut verwirrt.

      «Na, Luca scheint ja einen ganz schönen Narren an dir gefressen zu haben.»

      «Ist mir auch schon aufgefallen», wirft Alisar ein. Sie lackiert sich nun selbst die Nägel. Der Geruch des Lacks steigt Mathilda in die Nase. «Irgendeinen Vorwand findet er immer, um in der Pause mit dir zu quatschen. Was läuft denn da zwischen euch?»

      «Nichts. Gar nichts.» Mathilda errötet und lässt verlegen die Haare vors Gesicht fallen.

      «Das Versteckspiel zieht nicht bei uns, Matti.» Nina schiebt ihr das Haar zurück, steckt es hinter ihren Ohren fest. «Na los, sag schon. Stehst du auf ihn oder was?» Nina versucht es mit einem humorvollen Ton, aber es gelingt ihr nicht. Ihre Stimme hat etwas Forderndes, beinahe Zorniges.

      Alisar schaut Nina überrascht an.

      Mathilda schüttelt stumm den Kopf. «Ich finde ihn einfach nett», sagt sie und schaut auf ihre Hände in ihrem Schoss.

      «Da bist du nicht die einzige», sagt Alisar und schaut aus dem Fenster.

      Mathilda folgt ihrem Blick.

      Unten auf dem Pausenhof stehen Julia und Luca nahe beieinander, in eine Unterhaltung vertieft. Julia wirft mit einer lässigen Geste ihre Haare zurück, berührt mit der Hand Luca am Oberarm.

      Mathilda zuckt mit den Schultern, aber sie ist eine schlechte Schauspielerin.

      «Mach dir nichts draus», sagt Nina gönnerhaft. «Es gibt ja noch andere. Kevin zum Beispiel kann seine Augen auch kaum von dir lassen.»

      «So ein Quark», murmelt Mathilda.

      «Nein, echt», sagt Alisar, «der guckt in der Stunde die ganze Zeit zu dir rüber.»

      Mathilda hört nicht hin. Sie beobachtet noch immer Luca und Julia.

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