Wunder. Kurt Erlemann
aufgegriffen und weitergeführt (→ 1.7.5; 3.3.2).
3.2.4 Albert Schweitzers Fazit
Die rationalistische Wunderforschung wird von Albert Schweitzer in der epochalen Monographie Geschichte der Leben-Jesu-Forschung (1. Auflage 1906) dargestellt und kritisch bewertet. Schweitzer konstatiert:
„Diejenigen, welche gern von negativer Theologie reden, haben es im Hinblick auf den Ertrag der Leben-Jesu-Forschung nicht schwer. Er ist negativ.“1
Sämtliche Jesusbilder, welche die Theologie bis dato entworfen hat, seien mangels historischen Faktenwissens obsolet; Jesus Christus bleibe fremd und rätselhaft, trotz aller Versuche, ihn zu erklären und in die Gegenwart zu holen. Letztlich, so Schweitzer, sind alle Jesusbilder Projektionen moderner Vorstellungen und Wünsche. Entscheidend sei aber nicht das historische Wissen um Jesus, sondern dessen zeitloser Wille und seine Wirkungsgeschichte, „eine gewaltige geistige Strömung von ihm […, die] auch unsere Zeit durchflutet.“2 Insbesondere kritisiert Schweitzer den Versuch, zwischen vergänglichen Vorstellungen und bleibenden Ideen Jesu zu unterscheiden, und fordert stattdessen, den ‚Urgedanken‘ der antiken Weltanschauung (den ethisch-eschatologischen Willen Jesu) in moderne Begriffe zu übertragen und dadurch wirkkräftig zu machen, anstatt ihn ständig mit dem naturwissenschaftlichen Weltbild auszugleichen und dadurch zu verwässern.3
Auf die Wunderfrage bezogen heißt das: Jesu Wundertaten können historisch nicht erfasst werden, ihre Fremdheit und ihre Rätselhaftigkeit sind zu akzeptieren. Die Wunder sind in den Kontext der ethisch-eschatologischen basileía-Botschaft Jesu einzuzeichnen. Die Unterscheidung zwischen einer mythischen, zeitbedingten Form und einer Kernbotschaft, so ist zu folgern, ist nicht möglich und führt in die Irre. Die Wirkkraft Jesu und seiner Botschaft ist ohne ihren weltanschaulichen, jüdisch-eschatologischen Kontext nicht zu verstehen. Mit dieser Einschätzung war Albert Schweitzer seiner Zeit weit voraus (→ 3.5.5).
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