Perfect Imperfections. Cardeno C.

Perfect Imperfections - Cardeno C.


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»Du weißt, wer meine Eltern sind. Wenn meine Mutter sich von Mann Nummer sieben scheiden lassen kann, was übrigens noch geheim ist, also behalte es für dich, und mein Vater die meiste Zeit seines Lebens damit verbringen konnte, sich so vollzudröhnen, dass er schließlich in einem Hotelzimmer in einem Bett voller Frauen starb, und wenn meine Stiefmutter trotzdem deprimiert und mit roten Augen auf seiner Beerdigung auftauchen konnte und Beileidsbekundungen bekam, dann kann ich auch schwul sein.«

      »Alles klar.« Reg stand auf und ging in die Küche. »Wenn du damit klarkommst, bin ich dabei, Mann. Sag mir, wann wir gehen, und ich packe meine Tasche und bin bereit.« Er nahm seinen Becher mit den wenigsten Macken, füllte ihn mit Kaffee und brachte ihn dann zu Jeremy.

      »Die erste Show ist morgen in einer Woche in Minneapolis, aber du solltest wahrscheinlich zuerst nach L.A. kommen, damit wir zusammen gehen können.« Er nahm noch einen Bissen von seinem Bagel und einen großen Schluck Kaffee. »Mmh, der ist gut.« Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und fragte: »Du bist also dabei?«

      Eine Woche war nicht viel Zeit, aber das Einzige, was Reg tun musste, war, seine Kleider in eine Tasche zu stopfen, seinem Boss zu sagen, er sollte jemanden finden, der seine Schichten übernahm, und seine Vermieterin, seine Mutter und seinen Bruder wissen lassen, dass er ging. Eine Woche war lange genug, um das zu erledigen. Er hob seine Faust, grinste und sagte: »Ich bin dabei, Mann.«

      Jeremy lächelte zurück und stieß mit seiner eigenen Faust dagegen. »Na dann mal los.«

      Kapitel 3

      »Jeremy, du bist ganz oben in Hollywood. Du kannst nicht schwul sein.«

      Da er mit Geschäftsagenten, Öffentlichkeitsarbeitsexperten und Managern aufgewachsen war, überraschte Jeremy nichts mehr. Trotzdem fand er, dieser Kommentar seines Managers war absurder als der Unsinn, den er sonst hörte. »Ergibt das in deinem Kopf Sinn, Bill? Denn laut ausgesprochen, klingt es dämlich.«

      »Du hast schon verstanden, was ich gesagt habe«, antwortete Bill und sah frustriert aus.

      »Nein, das habe ich nicht.« Jeremy verschränkte die Arme und lehnte seinen Stuhl zurück, sodass er auf zwei Beinen ruhte. Er hatte es bei Reg ein paarmal gesehen und dachte, es wäre einfach, aber es war schwieriger, als es aussah, das Gleichgewicht zu halten. »Erklär es mir.«

      Sein missbilligender Blick wanderte vom Stuhl zu Jeremys Gesicht und er seufzte schwer. »Dein Großvater hat drei oscarprämierte Filme gedreht. Deine Mutter hat die gleiche Anzahl goldener Statuen auf ihrem Kaminsims, und mit dreiundfünfzig dreht sie immer noch Filme. Bis heute sagen die Leute, dass dein Vater die größte Rocklegende aller Zeiten sei, und der Jahrestag seiner Überdosis ist praktisch eine landesweite Trauerzeit.« Er hielt inne und schaute Jeremy bedeutungsvoll an. »Du bist der meistgekaufte Musiker der Welt. Du kannst nicht mit Bademoden-Models ausgehen, oder welches Starlet auch immer die Zeitungen diese Woche heiß macht, und dann der Welt erzählen, dass du mit einem Kerl zusammen bist.«

      Jeremy kippte mit seinem Stuhl wieder zurück auf alle vier Beine und sagte: »Ich bin der meistgekaufte Musiker der Welt. Ich kann tun, was immer ich will.«

      Mit einem Augenrollen und einem weiteren Seufzer erwiderte Bill: »Alles klar. Gut. Jede Presse ist gute Presse, denke ich. Ich überleg mir was.«

      Jeremy kippte seinen Stuhl wieder zurück und rollte mit den Augen. Es gab nichts, was man sich ausdenken musste. Sein Privatleben sollte seine Angelegenheit sein und niemandes sonst. Auch wenn es sich aufgrund seiner Karriere nicht so abgespielt hatte: Zu wissen, wen er datete, und ein Mitspracherecht dabei zu haben, waren zwei völlig verschiedene Dinge. Außerdem, sobald sich die Presse Reggie Moore ansah, würde sie sich einnässen. Der Kerl hatte ein Gesicht und einen Körper wie gemacht für Zeitschriften, und das passende Lächeln.

      »Ich rufe dich morgen an und lasse dich wissen, welche Interviews anstehen.«

      »Interviews?« Jeremy spuckte und der Stuhl knallte zu Boden, als er sein Gleichgewicht verlor.

      »Ja, Interviews.« Bill rollte mit den Augen. »Du machst diese ganze ‚Outing-Sache’, oder? Ich wette, ich kann dich bis morgen in die The Tonight Show und Today bringen.«

      »Ich gehe nicht ins Fernsehen! Wir haben eine Tour, die in einer Woche startet.«

      »Gut.« Bill drehte seinen Stuhl, um seinen Computer anzuschalten, und fing an zu tippen. »Dann ein abgedrucktes Interview. Ich bringe dich aufs Cover der Rolling Stone.«

      »Nein.«

      »Ich diskutiere nicht mit dir darüber.« Bill hob die Hand und winkte Jeremy weg, ohne seine Augen vom Bildschirm zu nehmen. »Geh Schach spielen, oder was auch immer du mit diesem neuen Freund machst, und lass mich meinen Job machen.«

      »Warum sagst du es so?«

      »Wie sage ich was?«

      »Freund«, ahmte er Bills Tonfall nach. »Du sagst es, als sei es absurd.«

      »Weil es absurd ist.«

      »Es ist absurd, schwul zu sein?« Jeremys Ton wurde höher, als sein Zorn aufkam.

      »Nein.« Bill wandte sich schließlich vom Bildschirm ab und begegnete seinem

      Blick. »Es ist absurd für dich, schwul zu sein.«

      »Warum? Weil ich Hollywoodkönigsklasse bin? Das ist läch…«

      »Weil du einunddreißig bist. Menschen werden nicht mit einunddreißig ganz plötzlich schwul.«

      Das war ein guter Punkt, aber Jeremy würde das nicht zugeben. »Vielleicht war ich die ganze Zeit über schwul und habe es verheimlicht?«

      »Du? Etwas verheimlichen?« Bill schnaubte und schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Und übrigens wird es auch niemand sonst glauben. Nicht nach der Reihe von Frauen, die in deinem Bett lagen, und nach deinen, nun, Ansichten, die du gern mit oder ohne Kamera mitgeteilt hast.«

      Gut, er mochte im Laufe seines Lebens einen Fotografen angeschrien haben, oder zweihundert, aber nur, weil sie ständig in seinem Gesicht waren. »Ich könnte bi sein. Leute sind bi.«

      »Du bist bisexuell?«

      »Ich könnte es sein.«

      »Schau mal, Jeremy.« Bill legte seine Unterarme auf seinem Schreibtisch und lehnte sich nach vorn. »Ich weiß nicht, ob dir langweilig ist oder du versuchst, eine Nummer abzuziehen oder sonst irgendwas, aber wenn du dich nicht zu Männern hingezogen fühlst, bist du nicht schwul und nicht bi.« Er setzte sich auf. »Nicht, dass es mir egal sei. Du machst weiterhin Musik und ich werde dafür sorgen, dass unser Team alles verkauft, was wir über dein Privatleben verkaufen müssen. Es ist in Ordnung.«

      »Ich finde, Männer sind attraktiv«, sagte Jeremy defensiv, aber ehrlich. Verdammt, er hielt Reg für wunderschön. Das war eines der Dinge, die er an diesem Mann bemerkt hatte, von dem er wusste, dass er ein guter Kandidat für den Job eines vorgetäuschten Freundes war. Die Kamera würde ihn lieben und die Menschen dahinter würden es auch. Gut aussehend und ein netter Kerl; die perfekte Kombination.

      »Du weißt, was ich meine.«

      Wie zuvor, wusste Jeremy nicht, was Bill meinte. »Nein, das tue ich nicht.«

      Sich wieder vom Computer abwendend, sagte Bill: »Wenn jemand gut aussehend ist, ist es nicht dasselbe, wie sich von ihm angezogen zu fühlen. Homosexuell zu sein, bedeutet, dass du eine emotionale Verbindung zu einem anderen Mann hast, dass du ihn körperlich und geistig willst.« Er hielt inne. »Verstehst du, was ich meine? So fühlst du dich bei Männern nicht, Jeremy. Du bist nicht der größte Frauenheld der Welt, aber du bist auch kein Mönch.«

      Jeremy musste ihm darin zustimmen, dass er für keinen Mann je diese emotionale Tiefe empfunden hatte, aber er hatte diese auch nie bei einer Frau gefühlt. Er wollte seine Seele nicht vor seinem Manager entblößen, also versuchte er, das Gespräch umzudrehen. »Du scheinst viel darüber zu wissen, Bill.«

      »In der Tat tue ich das.« Er sah


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