Love to Hate you. Jennifer Sucevic
hatte das Glück, dass Noahs Eltern mich bei sich aufnahmen, nachdem sich meine Eltern, als ich vierzehn war, scheiden ließen. Es geschah im Sommer kurz vor meinem ersten Jahr an der High School. Es war kein großer Schock, als meine Eltern beschlossen, Schluss zu machen. Jeder, der sie kannte, hatte es kommen sehen. Es war, als sähe man den Zusammenstoß zweier Züge in Zeitlupe. Ich denke, der einzige Grund, warum Mom und Dad so lange durchhielten, war ich. Scheidung ist scheiße, aber in gewisser Hinsicht war es eine Erleichterung für uns alle. Kein Schreien und keine Wutausbrüche mehr, die von unangenehmen Schweigephasen begleitet wurden, die tagelang andauerten.
Sobald sie die Entscheidung getroffen hatten, fiel ihre Ehe wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Innerhalb weniger Monate wurde der Papierkram unterzeichnet, und mein Vater verließ sein altes Leben und verschwand nach Texas. Sieben Jahre später ist er immer noch dort. Erst kürzlich hat er wieder geheiratet und hat zwei Kinder, die meine Halbgeschwister sind. Ich habe sie nur ein paar Mal getroffen, also ist es schwer, sie als Familie zu betrachten. Die wenigen Male, die ich sie besuchen flog, fühlten sich unangenehm an, als ob ich bei Fremden wohnen würde. Das letzte Mal habe ich mein Ticket umgebucht und kam eine Woche früher zurück. Seitdem bin ich nicht mehr dort gewesen. Alle paar Monate reden Dad und ich am Telefon. Manchmal schicken wir Texte hin und her, aber die Nähe, die wir einst hatten, ist längst vorbei.
Und meine Mutter ... Ich bin mir nicht sicher, wie ich sie beschreiben soll, außer zu sagen, dass sie mittlerweile zum vierten Mal verheiratet ist und in Europa umherzieht. Frederique, ihr Mann, besitzt Ländereien auf der ganzen Welt, sodass ich von einer Woche auf die andere nie weiß, wo sie sind.
Ich liebe meine Mutter, aber sie ist ein bisschen verrückt. Als sie das letzte Mal herkam, hörte ich Onkel Craig vor sich hin murmeln, dass sie eine Spinnerin sei. Und das drückt es eigentlich noch nett aus. In Lydia Bellamys Welt sind Ehemänner entbehrlich, und eine Ehe dauert nicht ewig.
Jeden Sommer packe ich für zwei Monate meine Sachen und fliege dorthin, wo sie sich gerade befindet. Letztes Jahr war es Monte Carlo. Im Sommer davor war es London. Und im Jahr zuvor die Toskana.
Ich weiß ... boo hoo, ich Arme.
Nicht, dass ich mich beschweren würde, die Szenerie ist immer magisch, und Mom geht mit mir shoppen und kauft mir, was immer ich will. Wir essen zu Mittag und füllen unsere Tage mit Spa-Dates. Wenn es dann wieder in die Schule geht, fühle ich mich ausgeruht und verwöhnt.
Auch wenn unsere Beziehung eher oberflächlich als intim ist, versuche ich mich nicht davon stören zu lassen. Wenn sie mich aber wie eine Freundin behandelt, wie damals als sie den Segelsport in Südfrankreich für sich entdeckte und mir Details anvertraute, die ich lieber nicht über die Männer in ihrem Leben wissen wollte, schalte ich meine Ohren auf Durchzug, bevor sie dauerhafte psychologische Schäden anrichten kann.
Sie ist seit zwei Jahren mit Frederique zusammen. Ich vermute, dass ihre Beziehung in Kürze ihr Verfallsdatum erreichen wird. Obwohl ich Ehemänner Nummer zwei und drei wirklich mochte, mache ich mir keine Mühe, ihn näher kennenzulernen. Immer, wenn ich mich endlich an einen ihrer neuen Männer gewöhnt hatte, machten sie sich aus dem Staub, und meine Mutter zog weiter zu grüneren Weiden.
Oder zu Männern mit größeren Bankkonten.
Es ist verrückt, dass Tante Marnie und Mama verwandt sind und noch dazu Schwestern. Sie könnten nicht unterschiedlicher sein. Im Gegensatz zu meiner Mutter ist Noahs Mutter bodenständig und vernünftig. Sie hat einen Bachelor of Science in Krankenpflege und arbeitet in der Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses. Meine Mutter hat einen Abschluss in einem Modeinstitut gemacht und war einige Jahre bei einem bekannten Designer beschäftigt, bevor sie beschloss, dass das Berufsleben nicht das Richtige für sie sei.
Letzte Sommerpause habe ich Noah dazu überredet, zwei Wochen mit mir in Monte Carlo zu verbringen. Nachdem er drei Tage lang mit meiner Mutter konfrontiert war, die auf andere wie ein Wirbelsturm wirken kann, sagte er mir, dass Lydia – ich zitiere – "total verrückt" sei.
Es ist schwierig, dieser Aussage zu widersprechen, weil er Recht hat.
Sie ist eine Exzentrikerin.
"Hey, Tante Marn." Carters tiefe Stimme hallt in der geräumigen Küche.
Sie schenkt ihm ein liebevolles Lächeln.
Marn.
Sein Kosename für sie geht mir auf die Nerven. Es ärgert mich, dass Noahs Mutter eine Schwäche für Carter hat.
Andererseits ärgert mich alles an Carter Prescott, verdammt nochmal.
"Sie ist nicht deine Tante", schnauze ich ihn an, noch immer nicht in der Lage, seine irritierende Präsenz, nachdem was er mir angetan hat, zu ignorieren. "Du bist nicht mit ihr verwandt." Wenn meine Tante nicht hier wäre, würde ich ihm den Finger geben.
Siehst du?
Das ist es, was Carter mit mir macht. Er verwandelt mich in eine tobende Zicke. Ich bin nicht nur sauer auf ihn, jetzt bin ich auch noch wütend auf mich selbst, weil ich ihm erlaubt habe, mir unter die Haut zu gehen.
Überrascht von meinem Ausbruch, wirft mir meine Tante einen scharfen, missbilligenden Blick zu. "Daisy, das ist nicht sehr nett. Carter gehört praktisch zur Familie."
Ich zucke bei ihrem Tonfall zusammen. Die Tatsache, dass sie mich rügt, ist schon peinlich genug. Aber es vor Carter zu tun, macht es noch schlimmer und bringt mich zum Kochen, während ich stillschweigend seinen Tod plane. Tante Marnie empfindet seltsamerweise eine Zuneigung zu diesem Blödmann. Ich persönlich kann mir keinen Reim darauf machen.
"Er ist Noahs Bruder von einer anderen Mutter", witzelt sie und zwinkert Carter zu.
"Igitt." Noah rümpft die Nase. "Das ist ekelhaft, Mom. Sag das nie wieder."
Ich murre vor mich hin und vermeide es, Carters auch nur anzusehen. Er grinst wahrscheinlich vor Freude, weil er durch mich bei meiner Tante an Ansehen gewonnen hat.
Dieser verdammte Idiot.
Tante Marnie weiß, dass Carter und ich nicht miteinander auskommen. Ich habe oft genug über ihn geschimpft. Und das mehr als einmal.
Noah und Carter trafen sich während eines Footballcamps vor dem Beginn des Studiums und sind seitdem eng befreundet. Auch wenn Noah ziemlich talentiert ist, was Football anbelangt, ist er nicht gut genug, um Profi zu werden. Er liebt den Sport, aber nicht so, wie es einige der anderen Jungs im Team tun. Noah hat bereits den Eignungstest für das Jurastudium abgelegt und bereitet gerade seinen Aufnahmeantrag für die juristische Fakultät vor.
Carter hingegen lebt und atmet Football. Es ist seine Leidenschaft. Sein Fokus. Er und ich reden nicht über seine Zukunft, aber ich höre den Klatsch, der auf dem Campus kursiert. Die meisten Jungs machen nichts lieber, als damit anzugeben, dass sie zur NFL gehen. Aber Carter gehört nicht dazu. Er ist zurückhaltend und redet nicht über private Dinge. Er redet weder über seine Familie, noch prahlt er mit seinen Plänen nach dem Studium. Ich lebe vielleicht mit dem Kerl zusammen, aber ich weiß fast nichts über ihn. Was für mich in Ordnung ist.
Glücklicherweise sagt Tante Marnie nichts mehr zu diesem Thema. Das Letzte, was ich brauche, ist, dass sie mir vor Carter in den Arsch tritt. Er würde wahrscheinlich einen Stuhl ranziehen, eine Tüte Popcorn futtern und die Show genießen.
Die lauten, fröhlichen Stimmen, die aus dem Hinterhof kommen, lassen uns alle vier zu den Fenstertüren gehen. Es ist noch früh, aber es befinden sich bereits etwa vierzig Gäste auf der Terrasse und genießen den Pool. Ich lächle, als ich Onkel Craig zusehe, wie er Burger und Hot Dogs auf dem Grill wendet. Er hat seine blaue Superman-Schürze hervorgeholt und scherzt mit einem der Nachbarn, während er einen Schluck aus seiner Bierflasche nimmt. Wenn sich die gesamte Footballmannschaft wie im letzten Jahr verhält, kann er den ganzen Nachmittag lang den Grill bedienen.
Noah und Carter erspähen ein paar Teamkollegen und gehen hinaus.
"Tragt ordentlich Sonnencreme auf!", ruft Tante Marnie ihnen