MUSIK-KONZEPTE Sonderband - Josquin des Prez. Группа авторов

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Zeit«.6 Die Verknüpfung seines Namens mit dem Kontrapunkt war jedoch keineswegs eine Erfindung des historistischen Zeitalters. Gute 100 Jahre früher zeigt sich dieselbe Verbindung auch bei Johann Mattheson, für den Josquin aber nicht der Erfinder des Kontrapunkts war, sondern derjenige, der ihn auf schreckliche Abwege gebracht habe. In seiner Critica Musica von 1722 hielt er fest, dass Obrecht, Ockeghem und insbesondere »Josquinus die harmonis.[che] Künsteley per Fugas ad Canones (i. e. extrema) getrieben/ und die sonst/ lange Zeit zuvor/ in den Moteten frey einhergegangene Fugen mit Ketten und Banden/ in seinen Missen/ beleget hat«.7 Immerhin teilte Mattheson dabei mit, dass er zum Beweis seiner Behauptung reichlich Material gesammelt habe, dies aber jetzt nicht weiter ausführen könne. Ob und welcher Art diese Belege waren, lässt sich daher höchstens vermuten.

      II

      Da die von Meyer beschriebenen Prozesse allenfalls in Josquins letzten Lebensjahren, massiv aber erst nach seinem Tod einsetzten, stellt sich die Frage, ob sich unter diesem Geflecht unterschiedlichster Wirklichkeiten auch eine historische Schicht verbirgt, die man, in notdürftiger Terminologie, als die Wirklichkeit Josquins bezeichnen könnte. Es geht, banal nur auf der Oberfläche, um die Frage, ob und wie man eigentlich zur Wahrnehmung des Komponisten ›davor‹ zurückgelangen könnte. Es scheint schon auf den ersten Blick so, dass die Wirklichkeit Josquins vergleichsweise weit entfernt von den nachträglichen Inanspruchnahmen war, auch von den zahlreichen philologischen Problemen, die sich damit verbinden und welche die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Komponisten bis in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts prägen. So sehr also die Frage nach dem ›authentischen‹ Josquin in den Vordergrund rückte, so unnahbar wurde die Figur selbst.

      III


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