MUSIK-KONZEPTE Sonderband - Josquin des Prez. Группа авторов

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      Aus diesen wenigen Hinweisen werden wenigstens Indizien erkennbar, welche Parameter für eine vage Rekonstruktion der Wirklichkeit Josquins in Anschlag zu bringen sein könnten. Im Folgenden soll daher versucht werden, dies an drei, zweifellos kursorisch und schlagwortartig diskutierten, Beispielen zu tun. Es soll dabei bewusst versucht werden, denkbare historische Wahrnehmungsmuster in den Vordergrund zu rücken. Um wenigstens eine gewisse Systematik walten zu lassen, repräsentieren die folgenden Beispiele drei unterschiedliche Ebenen: die der Gattung, des einzelnen Werkes und der Überlieferung.

      IV

      Es geht in einer solchen Konstruktion des ›Verschwimmens‹ anscheinend nicht um ein analoges, sondern bewusst distantes Verhältnis zum Text, dessen formale Zäsuren (also v. a. die Verse) lediglich das Raster bilden für einen kompositorischen Verlauf, der gerade nicht auf Entsprechung zielt. Der Ernst des Textes gibt dabei zwar die Tonlage vor, der ›Inhalt‹ des Stückes definiert sich jedoch auf eine andere Weise. Im Text werden die allgemeinen Schmerzen in der Welt in ein komparatives Verhältnis gesetzt zur Einzigartigkeit der subjektiven Erfahrung, die, da eben unvergleichlich, zu einer finalen Orientierungslosigkeit führt. In der Musik Josquins findet dies eine Entsprechung, das satztechnische Schwanken steht in einem eigenwilligen Spannungsverhältnis zur vordergründig festen kanonischen Struktur.

      V

      Eine zentrale Frage für das 15. Jahrhundert war das Verhältnis zur Antike, die sich auf die verschiedenste Weise und in einer denkbar großen Vielfalt beantworten ließ – nur nicht in der Musik, da es keine Musik aus dem Altertum gab, auf die man sich dabei produktiv hätte beziehen können. Offenbar entstand aber der Gedanke, eine Klärung wenigstens auf indirektem Wege herbeiführen zu können, durch die Vertonung von antiken Texten. Während der Rückgriff auf solche Texte im 15. Jahrhundert praktisch keine Rolle spielte, mehren sich um 1500 die Anzeichen zu einer verstärkten musikalischen Auseinandersetzung – wenn auch in offenbar gezielt herbeigeführten Einzelfällen. So vertonte Heinrich Isaac 1492 im Andenken an seinen Gönner Lorenzo de’ Medici einen Seneca-Text (Quis dabit pacem populo timenti). Oder es gibt die Versuche, in der Odenkomposition, wesentlich ausgehend von der Sammlung des Petrus Tritonis (1507), den weitgehend homophonen Satz auf die antiken Versmaße zurückzuführen.


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