"Wenn Du absolut nach Amerika willst, so gehe in Gottesnamen!". Heinrich Lienhard
Kleinschreibung bei dafür geeigneten Buchstaben oft mit einer Zwischengrösse, zum Beispiel bei «alle». In solchen Fällen wird das betreffende Wort dem gleichen Wort in unmittelbarer Umgebung angepasst; fehlt ein solches oder ist es ebenfalls unklar, wird die heutige Schreibweise gewählt.
– Personen- und Ortsnamen schreibt Lienhard oft nach Gehör. Im gedruckten Text wird die richtige Form beim ersten Vorkommen angemerkt, Lienhards Schreibweise jedoch durchweg beibehalten. Ausnahmen werden angemerkt.
– Deutsch-englische Interferenzen sind zahlreich. Zum Beispiel schreibt Lienhard gelegentlich «weil» anstatt «während», beeinflusst vom englischen «while» (während). Wo die Vermischung eindeutig ist, wird «while» durch «während» in eckigen Klammern ersetzt.
– Eindeutige Flüchtigkeitsfehler werden stillschweigend korrigiert, so beispielsweise «Grobschied» zu «Grobschmied», «Glodgräber» zu «Goldgräber», «gegeglaubt» zu «geglaubt». Dazu gehören auch Versehen wie doppelte Schreibung eines Wortes, irrtümliche Streichung, Versehen infolge Zeilenwechsels und Ähnliches.
– Bei Korrekturen Lienhards durch Überschreibung wird die orthografisch korrekte Variante übernommen. Meistens ist es die ursprüngliche Form.
– Versehentlich unvollständige Korrekturen Lienhards werden stillschweigend angepasst. So wird zum Beispiel im Satz «Ich rieth ihm von dieser Idee Glauben ab» «dieser» zu «diesem» abgeändert. Wenn eine solche Berichtigung nicht nur einzelne Buchstaben, sondern ein ganzes Wort erfordert, steht dieses in eckigen Klammern.
– Syntaktische Versehen des Autors, die den Lesefluss unterbrechen (zum Beispiel ein falsch platziertes Verb), werden berichtigt und mit «Satz (leicht) korrigiert» angemerkt. Diese kleinen Änderungen dienen der Leserfreundlichkeit, und es werden dabei nur Wörter aus Lienhards Originalsatz verwendet. Eine erforderliche Hinzufügung wird immer in eckige Klammern gesetzt.
Frühere Editionen
Zwischen 1898 und 2000 sind fünf Teileditionen basierend auf Lienhards Manuskript erschienen, die erste in der Schweiz, die anderen vier in den Vereinigten Staaten. Es sind dies folgende Werke:
1. Californien unmittelbar vor und nach der Entdeckung des Goldes. Bilder aus dem Leben von Heinrich Lienhard von Bilten, Kanton Glarus, in Nauvoo, Nordamerika. Ein Beitrag zur Jubiläumsfeier der Goldentdeckung und zur Kulturgeschichte Californiens, herausgegeben von Caspar Leemann, 1898.
2. A Pioneer at Sutter’s Fort, 1846–1850. The Adventures of Heinrich Lienhard, übersetzt und herausgegeben von Marguerite Eyer Wilbur, 1941.
3. The Journal of Heinrich Lienhard, July 26–September 8, 1846, in: West from Fort Bridger. The Pioneering of Immigrant Trails Across Utah, 1846–1850, herausgegeben von J. Roderic Korns und Dale L. Morgan, 1951. Revised and Updated by Will Bagley & Harold Schindler, 1994, 113–184.
4. From St. Louis to Sutter’s Fort, 1846, übersetzt und herausgegeben von Erwin G. und Elisabeth K. Gudde, 1961.
5. New Worlds to Seek. Pioneer Heinrich Lienhard in Switzerland and America, herausgegeben von John C. Abbott, 2000.
Californien unmittelbar vor und nach der Entdeckung des Goldes
Caspar Leemann (1824–1899), Lehrer von Beruf, war ein Nachbar und Freund Lienhards, als dieser von 1851 bis 1854 in Kilchberg wohnte. «Californien …» erschien 1898 und erfuhr 1900 einen Neudruck. Das Buch beginnt mit dem California Trail und endet mit Lienhards Abreise aus Kalifornien 1850, ohne die Reise in die Schweiz 1849/50 (ab New York). Leemann war in seinem Bemühen, einen möglichst grossen Teil des Manuskripts zu veröffentlichen, gezwungen, massive Kürzungen vorzunehmen. Er reduzierte Lienhards Text auf rund einen Drittel seines Umfangs, wobei er oft mehrere Manuskriptseiten in wenigen Sätzen zusammenfasste. Aber auch den ausgewählten Text veränderte er in Vokabular, Stil und Inhalt fortlaufend nach seinem eigenen Geschmack, so dass sein Buch über weite Strecken eine Art verkürzte Nacherzählung von Lienhards Manuskript ist.
Leemann schreibt in seinem Vorwort zur Textauswahl, er habe dem Manuskript all das entnommen, «was allgemeines und besonders kulturelles Interesse hat». Auslassungen einzelner Episoden überbrückt er in der Regel im Haupttext mit Bemerkungen folgender Art: «Meine übrigen Erlebnisse in meiner Hütte und dem Garten waren nicht derart, dass die Mitteilung derselben mit allen Details grosses Interesse hätte», oder: «In den folgenden Tagen ereignete sich auf unserer Weiterreise nichts, was allgemeines Interresse für die Leser hätte.» Einen Teil von Lienhards Schilderungen über Sutter lässt er mit folgender Begründung weg: «Leider kamen auch noch andere Unrühmlichkeiten aller Art zum Vorschein, über die ich aus Pietät für sein Andenken und aus Rücksicht auf das sittliche Gefühl des Lesers stillschweigend hinweggehen will.» Er zögert auch nicht, Lienhards Absicht in ihr Gegenteil zu verkehren, beispielsweise dort, wo dieser ausdrücklich darauf hinweist, dass er an dieser Stelle den Ereignissen vorgreift, um die Geschichte seines Freundes und dessen zukünftiger Frau zu Ende zu führen, Leemann aber den Rest der Geschichte übergeht mit der Bemerkung: «Ich verlasse hier die beiden hoffnungsvoll sich Liebenden für einige Zeit, um nicht in der Zeitrechnung beim freundlichen Leser eine Verwirrung in der Reihenfolge der Ereignisse herbeizuführen.»
Leemann streute immer wieder auch eigene Passagen mit Gedanken zum berichteten Geschehen ein, oft belehrende, prahlerische oder religiös gefärbte Zusätze, die weder Lienhards Art noch Überzeugung entsprachen. Alle Ergänzungen sind in der Ichform verfasst, wobei Leemanns oft betont moralisierende Ausdrucksweise Lienhard später viel Kritik einbrachte. Lienhard erzählt wohl viel über die Missstände zur Zeit des beginnenden Goldrausches und äussert auch seine Empörung darüber, allerdings nie in den teils kruden, teils scharf verurteilenden Worten Leemanns. Über die Männer in den Minen schreibt Lienhard: «Die Gesichter eines grossen Theiles der Goldgräber hatten damals so gierige Ausdrücke, und viele ihrer Physiognomien schienen so verdächtig und zweideutig, dass man wohl daran that, immer gut auf seiner Hut zu sein.» Bei Leemann lautet die Stelle: «Einen eigenthümlichen Eindruck machten die Physiognomien der meisten Goldgräber auf mich. In der That hätten ja mit Recht viele dieser Menschen an den Galgen gehört.» Wo Lienhard bei seiner Abreise aus Kalifornien – die ihm nicht leichtfiel – bedauernd feststellt: «Wären nur die Gesetze des Landes und dessen Zustände geregelter, ja, ich könnte mir sagen, dann bliebe ich hier», schreibt Leemann: «[…] wenn nicht durch die Entdeckung des Goldes der Abgott Mammon aus dem paradiesischen Californien für Jahrzehnte eine teuflische Lasterhöhle gemacht hätte.» Es ist zugleich der Schlusssatz seines Buches.
Unerklärlich sind die zahlreichen Transkriptionsfehler von deutlich lesbaren Wörtern, da Leemann als ehemaliger Lehrer Ende 19. Jahrhundert zweifellos sowohl die lateinische als auch die deutsche Schrift beherrschte. Er transkribiert «Coyote» als «Cagota», «Florida Indianer» als «Florian Indianer», «Missions Reben» als «Missoury-Reben» etc., und aus «schreckte der Esel gewaltig» wird «schnarchte der Esel gewaltig». Nicht um Lesefehler kann es sich handeln, wenn beispielsweise aus «French Brandy» «French oder Brandy» wird oder aus einer einstelligen eine zweistellige Zahl. So steht im Buch kurz nacheinander zweimal «60» statt «6», womit gesagt wird, Lienhard beziffere seine Unterhaltskosten im Fort auf 60 (statt 6) Dollar pro Tag.
Neben den sprachlichen Veränderungen ging durch das viele Kürzen und Weglassen von Text auch oft der inhaltliche Zusammenhang verloren, und es kam zu sinnstörenden Verwechslungen. Ein bekanntes Beispiel, das gelegentlich noch heute zitiert wird, ist die Stelle im Buch, wo (gemäss Leemann) Heinrich Lienhard von sich behauptet, er habe August Sutter für dessen neu gegründete Stadt den Namen «Sacramento City» (die heutige Hauptstadt Kaliforniens) empfohlen. Der Vergleich mit dem Manuskript zeigt, dass die Stelle dort gekürzt und abgeändert ist, wobei Ortsnamen verwechselt wurden. Leemann lässt der irrtümlichen Stelle auch noch eine dieser Bemerkungen folgen, wie sie bei Lienhard nirgends zu finden sind: «Dafür kann ich mir allerdings […] sagen, dass Sakramento City ihren Namen meiner Wenigkeit verdankt.»
Heinrich Lienhard war sechsundsiebzig Jahre alt, als Leemanns Buch erschien. Es war zweifellos eine schwierige Zeit für ihn, seinen mit grosser Sorgfalt verfassten Text in dieser Weise entstellt vor sich zu sehen und durchzulesen.