"Und ihr wollt das Land besitzen?" (Ez 33,25). Alban Rüttenauer


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Jes 1,1; Am 1,1; Mi 1,1). Dagegen bezieht sich r’h auf den Vorgang der Schauung, der in der Regel auch das Hören einschließt.“

      100 Ähnlich zur unterschiedlichen Bedeutung von „Sehen“ und „Schauen“ urteilt auch R.A. Dus, Las parabolas, 234: „El verbo image en Ezequiel tiene una densidad semántica particular pues califica las visiones que el profeta recibe de Yahwe; sólo al image habla y ‘hace ver’ (cf. Ez 8,6.12-13.15.17). Con el verbo image se indica en cambio otra cualidad de visión, es una manera de ‘ver’, generalmente calificada como vana y enganosa.“

      101 M. Greenberg, Ezechiel D1, 250: „Die Kommentatoren des Mittelalters gleichen an das Vorhergehende an und interpretieren die Aussage als die Scham, die die Exilierten aufgrund ihrer Schande empfinden (Raschi; Kimchi verweist auf Jer 9,18: ‘Wir sind völlig zuschanden, weil wir unser Land verlassen und unsere Wohnungen aufgeben müssen.’)“ In Greenbergs englischer Übersetzung der Jeremiastelle wird der Bezug zur Scham noch deutlicher: M. Greenberg, Ezekiel E, 210: „We are covered with shame because we have had to leave our land, to give up our dwellings.“ Ähnlich auch W. Zimmerli, Ezechiel, 262: „Schande (vgl. die Gebärde der Dirne Gn 38 15; ist noch an einen zusätzlichen Schimpf des Wegzugs, wie er Jes 47 2f. Na 3 5f. durchscheint, zu denken?) und Leid (vgl. die Gebärde der Trauer 2 S 15 30 Jer 14 4 Est 6 12 7 8) der Verschleppung sollen in dieser Gebärde, die auch die verlorene Heimat mitleidsvoll dem Blick der Weggeführten entzieht, verhüllt werden.“

      102 M. Greenberg, Ezekiel E, 211: „J. Light suggests, privately, that a symbol is superadded to a predictive act: the furtive fugitive who covers his face so as not to be recognized thereby impedes his sight of the ground - a symbol and omen of his never again seeing his native land; cf. Jer 22:12, the exiled King Jehoahaz […] ‘shall never again see this land’.“

      103 D.L. Smith-Christopher, „Ezekiel in Abu Ghraib“, besonders 150: „There is significant evidence to suggest that the metaphor of ‘stripping’ in Hos 2, but especially in Ezek 16, is drawn from the practice of stripping POWs [Prisoners of War, A.R.] in Neo-Assyrian and Neo-Babylonian military practice.“ Und 153: “The ‘humiliation’ of ‘Jerusalem’ as female must be direktly connected to the ideology of, and practice of, Assyrian and Babylonian warfare. I would thus argue that it was the cirumstances and practices of warfare by the Mesopotamian imperial states of the first millennium B.C.E. that suggested the imagery of stripping and not a generally practised punishment of adulterous women in Israelite society.“

      104 D.L. Smith-Christopher, „Ezekiel in Abu Ghraib“, 154, macht dabei auf eine etymologische Verwandtschaft aufmerksam: „Consider, finally, the intriguing fact that the common term for exile - ‘Golah’ - derives from the same root as the term often used for ‘stripping’ or ‘uncovering’, the clear meaning of the root in Ezek 16:37.“ Er macht deutlich, wie gerade das, was er „self-blaming ideology“ nennt (etwa Selbst-Bezichtigungs-Ideologie) zur Bewältigung der Krise beitragen kann, 155: „It is arguable […] that such a ‘self-blaming ideology’ does have a creative, even an ironically positive function for defeated peoples.“

      105 Vgl. W. Zimmerli, Ezechiel, 57*.

      106 A. Ruwe, „Die Veränderung,“ 16, bemerkt dazu: „In der Tempelvision von Ez 10 sieht der Prophet diese Wesen ein weiteres Mal. Nun aber, in der vertrauten Umgebung des Tempels, erkennt er sie als Keruben. Hier ist ihr natürlicher, angestammter Ort, deshalb erkennt er sie hier. […] Die Keruben gehören danach nicht mehr (wie vordem) primär zum Tempel, sondern bilden unabhängig vom Tempel einen Teil der Sphäre Gottes.“

      107 Merkwürdigerweise werden gerade die Verse Ez 20,27-29 für sekundär gehalten und einer deuteronomistischen Ergänzung zugeschrieben. Vgl. F.L. Hossfeld, „Ez und die deuteronomisch-deuteronomistische Bewegung“, 288: „Der Hauptgrund für den sekundären Charakter der VV. 27-29 liegt in ihrer vom Konzept des Grundtextes abweichenden Ausrichtung. […] Gemäß dieser Konzeption hat Israel das Gelobte Land nie betreten. Und genau das wird in den VV. 27-29 korrigiert. Die spezifisch ezechielische Pointe wird umgebogen. Israel, d.h. hier die Vorfahren der anwesenden Exulantengeneration, muß ins verheißene Land hineinkommen.“ Zum Charakter der Verse sagt Hossfeld, 290: „Der Abschnitt 20,27-29 folgt einem dem Buch Dtn und dem dtr Geschichtswerk geläufigen Anliegen, der Betonung der Hereinführung ins verheißene Land mit anschließender Verurteilung des Höhendienstes. Die Beziehungen der sprachlichen Bezüge laufen in Richtung priesterlicher-priesterschriftlicher Tradition und deuteronomistischen Sprachbereichs.“ Wie dieser Umstand zu erklären ist, etwa dadurch, daß man alle Stellen mit dem besonderen Verständnis vom „Sehen“ einer solchen dtr Ergänzungsschicht zuweist, kann in dieser Arbeit nicht Thema sein. Es genügt der Hinweis auf den für das Ezechielbuch in seiner Endgestalt typischen Charakter und Stil.

      108 J.S. Bergsma / S.W. Hahn, „What Laws“, 207-208: „This word occurs repeatedly in Deut 12, in order to emphasize that it is there, that is, at the central sanctuary, that the Israelites should bring their gifts. But Ezekiel uses four times in 20:28, pointing out that it was not to the central sanctuary, but there, to the high places and sacred groves, that the Israelites brought their sacrifices. The contrast and reference to Deut 12 are unmistakable. In short, Israel failed to keep even the laws of the Deuteronomic code, which as we shall argue below, Ezekiel viewed as a lower law than the Priestly Legislation.

      109 In den Praktiken am Tempel vermutet M. Greenberg, Ezekiel E, 202: „The public pagan rites of ch. 8 belong historically to the age of Manasseh […]“ Doch gerade die Verse um die Redensart in 8,12 sondert er von diesem Urteil aus; denn: „the secret cults of vss. 10-12 are another story and may have been practised in Ezekiel’s time […].“ Dagegen entdeckt Johannes Schnocks, „Eine intertextuelle Verbindung“, zumindest was das Bild der Eifersucht in Ez 8,5-6 betrifft, mit guten Gründen auch Beziehungen zu dem nachexilischen Text Sach 5,5-11, wobei aber Sacharja von Ezechiel abhängig ist. W. Zimmerli setzt sich ausdrücklich von der Manasse-Theorie ab, die auf Smith und Torrey zurückgehen soll, und erklärt, Ezechiel, 224, den Unterschied Ezechiels zu Jeremia aus seiner besonderen Perspektive: „In Ez dagegen redet der Priester mit dem Empfinden für die gottesdienstliche Reinheit des Dienstes vor dem, der im Heiligtum wohnt.“ Er schlußfolgert darum: „Ohne Zweifel verdichten sich in der Schau Ez’s Erinnerungselemente aus der Zeit Jojakims, die er selber noch in Jerusalem erlebt hat, und Nachrichten, die mündlich oder brieflich (Jer 29) an die Verbannten gekommen sind, zu dem geballten, eindrucksvollen Gesamtbild des von ihm in einem Akt als Gesamtsünde (Vierzahl) Jerusalems Geschauten.“

      110 Ähnliche Beobachtungen äußert auch M. Greenberg, Ezekiel E, 201-202: „The data of ch. 8 are generally thought to give a true picture of the state of Judahite religion contemporary with Ezekiel, but their contrast with the data of Jeremiah and Lamentations, whose authors were actually in Jerusalem at the time of the fall, points to an opposite conclusion. Only a visionary and an audience at a remove from the reality of Jerusalem, and suffering the exile threatened for breach of covenant might have accepted and understood at once the point of such a fantasy: to collect and display vividly the notorious instances of cultic pollution of the sanctuary, so as to bring home the awful realization that its sanctity had been hopelessly injured, and its doom irrevocably sealed.“

      111 In bezug auf die Bildrede Ez 17 bemerkt O. Keel, „Zeichensysteme“, 40: „Abfall und Rebellion sind dynamische Vorgänge. Das Ezechielbuch aber schildert sie als stark räumlich konnotiert. Zidkija wendet sich von einer Seite (Nebukadnezzar), auf die hin er eingepflanzt wurde, ab und wendet sich der anderen Seite zu. Dieser Vorgang wird so weniger als zeitlicher denn als räumlicher wahrgenommen. Das hängt eng mit der bei Ezechiel sehr starken visuellen Komponente zusammen.“

      112 M. Greenberg, Ezekiel E, 196, vergleicht mit verwandten altorientalischen Vorstellungen: „The image in the pagan temple is literally


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