Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Группа авторов

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wir einige Erkenntnisse und Erfahrungen beisteuern, die u.E. besonders der Entwicklung einer sozial-kommunikativen Kompetenz dienen können. Als übergreifendes Konzept gilt dabei das der „Lern(prozess)begleitung“ (Bauer et al. 2006), das sich insbesondere durch seine individuelle Lernorientierung und die dialogisch-reflexive Struktur radikal vom Unterweisungslernen absetzt und daher auch in weitere Projekte eingeflossen ist. Eine Grundlage hierfür bildet auch die Beschäftigung mit dem Erfahrungsgeleiteten LernenLernenerfahrungsgeleitetes, dessen Sprache sehr direkt auf die für die Kompetenzentwicklung so bedeutsamen Kategorien eines objektivierenden und eines subjektivierenden Handelns und Lernens hinweist (s. Bauer 2007).

      2.2.1 Das Beispiel „Lernbegleitung“LernbegleitungMethode

      Geht man vom Ziel der Kompetenzentwicklung aus, erfolgreich komplexe physische wie geistige Handlungssituationen bewältigen zu können, die ohne Selbstorganisationsprozesse nicht zu bewältigen wären, sieht man sich mit einem pädagogischen Paradoxon konfrontiert: Lernende müssen in eine Situation gebracht werden, deren Bewältigung sie ja erst lernen sollen. Dies bedeutet für die Lernenden eine Belastung. Sie benötigen deshalb eine einfühlsame Begleitung. Diese Lernbegleitung ist eine gesprächsbasierte BegleitmethodeMethodegesprächsbasierte Begleit- des Lernens, die dem Lernenden Angebote macht und ihm hilft, diese auf- und anzunehmen, damit er sein Können und Lernen verbessern kann. Sie besteht aus den folgenden, logisch aufeinanderfolgenden Schritten bzw. Phasen:

1. Individuellen Lernbedarf feststellen:
In einem Lernbedarfsgespräch tauschen sich Lernender und Lernprozessbegleiter über Selbst-/Fremdbeobachtung, Anforderungen und eigene Ziele aus. Ergebnis ist ein gemeinsam vereinbarter Lernbedarf.
2. Lernweg entwickeln:
Er besteht in einer Arbeit/Aufgabe, die es dem Lernenden ermöglicht, seinen Lernbedarf zu decken. Sie soll jene Kompetenzen herausfordern, die der Lernende erwerben will. Dafür muss sie ausreichend komplex und problemhaltig sein.
3. Lernvereinbarung treffen:
Lernender und Lernprozessbegleiter treffen eine Vereinbarung darüber, wie der Lernweg beschritten werden soll. Ggf. gleich damit verknüpft:
4. Aufgabe zum Lernen aufbereiten und übergeben:
Ziel ist die möglichst selbständige Bearbeitung der komplexen Aufgabe. Dazu muss sie speziell für den Lernenden aufbereitet werden. Folgende Instrumente stehen dazu zur Verfügung: Erkundungsaufgaben: Sie leiten den Lernenden dazu an, die nötigen Informationen zu recherchieren und sich das nötige Wissen selbständig zu erarbeiten. Lernarrangement: Die komplexe Arbeitsaufgabe soll auf den individuellen Lernenden zugeschnitten werden (variiert werden dabei vor allem die Vorgaben für die Bearbeitung). Kontrollpunkte: vereinbarte Gespräche zur Abstimmung zwischen Lernendem und Begleiter, z.B. nach Abschluss der Planung, vor wichtigen Schritten, und jederzeit nach Bedarf. Ziel: kontinuierliche Reduzierung der Kontrollpunkte, der Lernende soll selbständig werden.
5. Begleitung des Lernprozesses:
Vor allem durch „aktive Passivität“ des Lernbegleiters. Aktiv ist er in seiner Passivität darin, den Lernenden zu beobachten, ihn mit den richtigen Fragen auf eine weiterführende Lösungsspur zu bringen. Ansonsten geht es um „Heraushalten“.
6. Auswertung des Lernprozesses:
Wenn Lernenden unklar bleibt, was sie durch die Bewältigung einer komplexen Aufgabe gelernt haben, bleibt das Lernen implizit. Lernender und Begleiter führen daher ein auf den Lernprozess rückblickendes Auswertungsgespräch. Das Erlebte wird zur Erfahrung, das Gelernte zur bewussten Kompetenz.

      Übersicht 1: Lernbegleitung als dialogischer Lehr-/Lernprozess (vgl. Bauer et al. 2006; Bauer & Dufter-Weis 2012)Methodeder Lernbegleitung

      Der Lernende ist an der Gestaltung aller Phasen seines Lernprozesses maßgeblich beteiligt. Von höchster struktureller Bedeutung sind die Echtheit des „Lernarrangements“ (reale Arbeitsaufgaben) und methodisch-didaktisch die dialogischen (inkl. feedback- und reflexionsorientierten) Elemente, die als Lernbedarfsgespräch, Vereinbarungsgespräch, als Zwischengespräche an Kontrollpunkten, als Feedback zwischendurch und als Auswertungsgespräch am Ende alle Phasen des Lernprozesses durchziehen.

      Sozial-kommunikatives Handeln ist somit nicht Curriculum, sondern integrativer Strukturbestandteil des LernprozessesLernensozial-kommunikatives – der durchaus auch dem Erwerb fachlicher Sprachkompetenzen dienen kann.

      2.2.2 Das Beispiel „Graswurzel“ MethodeGraswurzel-

      Im Modellversuch „Entwicklung, Erprobung und Verbreitung einer ausbildungsprozessintegrierten Qualitätsentwicklung und -sicherung in der betrieblichen Berufsausbildung (Graswurzel QES)“ wurde ein bottom-up-orientiertes Verfahren entwickelt (vgl. Brater 2013, Maurus et al. 2016), das es ermöglicht, die Qualität von Lehr-Lernprozessen zu sichern und zu entwickeln. Die Gestaltung der Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist das Kernelement, das über die Qualität von Lehr-Lernprozessen entscheidet. Entsprechend wurde an der Basis, bei den Lehrenden und Lernenden ansetzend, eine „wiederkehrende Abfolge von Schritten der allmählichen Annäherung eines Istzustandes an ein Soll über eine Kette von Handlungen“ (Brater 2013:17) entwickelt, inkl. der zugehörigen Überprüfungen, Modifikation etc. Es handelt sich hier um eine dialogische, auf „gleicher Augenhöhe“ angelegte Kommunikationsstruktur zwischen Lehrenden und Lernenden, die ganz besonders beim Element der „gemeinsamen Gestaltung der Lehr-/Lernprozesse“ zum Ausdruck kommt. Denn „für hohe Ausbildungsqualität sind […] bestimmte anspruchsvolle Kommunikationsformen wichtig, die das Lernen stützen und einen tragenden klimatischen Rahmen schaffen (Beziehungsgestaltung, gegenseitige Anerkennung und Achtung usf.)“ (ebd.:19).

      Diese im Sinne der erwähnten Ermöglichungsdidaktik angelegte Struktur der Kommunikation berücksichtigt auch, dass die Möglichkeiten des Miteinander-Sprechens nicht in erster Linie von der Sprachfähigkeit der Lernenden abhängt, sondern sehr deutlich auch davon, ob sich ein Lernender sozial eingebunden fühlt, wie mit ihm persönlich gesprochen wird (bspw. wertschätzend oder abwertend). Seine Möglichkeiten, Machbarkeit, Beherrschung und Erfolg beim Lernen zu erleben, sind wiederum eng damit verbunden, wie mit ihm über seine Arbeit kommuniziert wird. Werden in erster Linie Fehler sprachlich (negativ) thematisiert, Fortschritte jedoch kaum, wirkt das völlig anders als wenn Fortschritte in den Mittelpunkt sprachlicher Rückmeldung gerückt und Fehler als Chance kommuniziert werden.

      Was bedeutet das konkret für die Sprache und Kommunikation von Ausbildenden bzw. Lernbegleitern? Im Graswurzel-Kontext wurde hierzu auf den personenzentrierten Ansatzpersonzentrierter Ansatz von Rogers (2014) zurückgegriffen, der besagt, dass Menschen sich nur verändern können, wenn sie das Empfinden einer „sicheren Beziehung“ haben. Förderlich für eine dergestaltige Sprache und Kommunikation sind demnach vor allem Akzeptanz, Empathie und Kongruenz. Dies hat entscheidende Konsequenzen für die Haltung sowie die sprachliche wie auch nonverbale Kommunikation seitens der ausbildenden/lehrenden Personen:

„Sprache der Achtung und positiven Zuwendung (Akzeptanz)“
Die Sprachäußerungen, Aktivitäten, Gestik und Mimik zeigen, dass jeder Lehrende die Lernenden als Personen grundsätzlich gleichen menschlichen Wertes ansieht und respektiert. Die Äußerungen sind sozial-reversibel, d.h. Lernende können sie dem Lehrenden gegenüber in gleicher Weise verwenden, ohne dass ein Mangel an Achtung/Respekt
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