Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Группа авторов
privater Neuorientierung […]. Übergeordnetes Ziel ist die methodisch geförderte Verbesserung oder Wiederherstellung von professioneller Leistungsfähigkeit und privater Zufriedenheit des Coachingpartners […].
Dass eine solche Unterstützung häufig nachgefragt wird, führen die Autorinnen auf eine komplexe und sich verändernde, häufig interkulturelleinterkulturell Lebens- und Arbeitswelt zurück (ebd.).
Im Zuge der Globalisierung und gesellschaftspolitischer Entwicklungsprozesse gewinnt die Fähigkeit, in interkulturellen und mehrsprachigenmehrsprachig Begegnungssituationen adäquat kommunizieren zu können – und damit auch die Vermittlung dieser Fähigkeit im Rahmen verschiedener Aus- und Weiterbildungsformate – immer mehr an Bedeutung. Linguistische Analysen interkulturellerinterkulturell und mehrsprachiger KommunikationKommunikationinterkulturell, mehrsprachig (vgl. u.a. Kotthoff & Spencer-Oatey 2007), beispielsweise in Behörden (vgl. u.a. Porila & ten Thije 2007) oder im medizinischen Kontext (vgl. z.B. Roberts 2007), zeigen, dass Probleme in interkulturellen Kommunikationssituationen in InstitutionenInstitution und OrganisationenOrganisation aufgrund unzureichender sprachlicher sowie interkulturellerinterkulturell Kompetenz(en) für die Beteiligten erhebliche Folgen haben können. Die Angewandte SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte kann durch Analysen authentischen Sprachmaterials aus der Praxis theoretisch und empirisch fundiert kulturell divergierende Kommunikationspraktiken sowie möglicherweise darin begründete Ursachen von Missverständnissen aufdecken und beschreiben sowie – auch in Zusammenarbeit mit den Beteiligten – z.B. im Rahmen von interkulturelleminterkulturell Training oder CoachingCoaching (vgl. Nazarkiewicz & Krämer 2012) Lösungen erarbeiten und Strategien für den Umgang mit Kommunikationsproblemen entwickeln und vermitteln.
Sprache und Kommunikation spielen im CoachingCoaching eine zentrale Rolle und sind sowohl Gegenstand als auch Modus Operandi (vgl. Habscheid 2015:256f.). Einerseits benennen Klienten oftmals Kommunikationsprobleme als Grund für die gewünschte Unterstützung („Wie sage ich’s meiner Chefin?“; vgl. allgemein Nothdurft 1984 zu Problemschilderungen). Andererseits setzen Coachs – neben verschiedenen Arten des Zuhörens (vgl. Albrecht & Perrin 2013) – hauptsächlich sprachlich realisierte Interventionen ein, um Klienten anzuregen, Routinen zu durchbrechen und damit selbst Veränderungen herbeizuführen. Ein Beispiel sind verschiedene Arten von (offenen) Fragen als wichtiges Instrument im Coaching (vgl. z.B. Richter 2010), u.a. zirkuläre Fragen („Was würde Ihre Chefin antworten, wenn Sie sie fragen, warum ihrer Ansicht nach die Zusammenarbeit in der Abteilung nicht funktioniert?“), Wunderfragen („Wenn Ihr Problem wie durch ein Wunder plötzlich gelöst wäre, woran würden Sie das erkennen?“) oder Skalierungsfragen („Sie sagen, dass Sie auf einer Skala von 1 bis 10 schon bei 4 stehen, was die Erreichung Ihres Ziels angeht. Woran merken Sie, wenn Sie bei 5 sind?“). Zur Benennung und einer allgemeinen Beschreibung der verschiedenen Fragearten bedarf es keiner dezidiert sprachwissenschaftlichen Expertise. Wenn es aber darum geht zu illustrieren, welche vorab (nicht) diskutierten Aspekte ein Coach in einer Frage aufgreift oder auf welchen Aspekt einer Frage oder auf welche Formulierung eine Klientin reagiert (etwa, indem sie im Verlauf des Gesprächs mittels Wiederholung darauf Bezug nimmt und Lösungsansätze für ihr Problem entwickelt), oder wie sich (Macht- und Wissens-)Asymmetrien und Perspektivendivergenzen sprachlich manifestieren (vgl. Jautz 2017), bedarf es einer detaillierteren (Sprach-)Analyse längerer Gesprächssequenzen. Um Äußerungen in ihrem jeweiligen Kontext analysieren zu können und im Idealfall auch para- und nonverbales Verhalten miteinbeziehen zu können, benötigt man Transkripte von Coachingsitzungen. Diese lassen sich am besten mit einem interdisziplinären Ansatz untersuchen. Graf et al. (2010) empfehlen, verschiedene diskursanalytische Methoden zu kombinieren (Konversationsanalyse, Ethnomethodologische GesprächsforschungGesprächsforschung, Kritische Diskursanalyse, Diskursive Psychologie, Interaktionale Soziolinguistik und Pragmatik), um das Datenmaterial aus unterschiedlichen Perspektiven und mit Blick auf unterschiedliche Fragestellungen betrachten zu können – beispielsweise mit Blick darauf, wie Sprecherwechsel stattfinden oder ob ein Einfluss unterschiedlicher Sprecherrollen konstatiert werden kann. Bei einer (multimodalen) Betrachtung im Kontext kann deutlich werden, was Adressaten „anspricht“ und was nicht, was Rapport herstellt und aufrechterhält und was zu Veränderungen der Sicht auf ein Problem (und damit ggf. zu Veränderungen) führt. Hier zeigt sich der Nutzen der Sprachwissenschaft: Schaut man sich beispielsweise Nachfragen, Bitten um Beispiele oder Fortführungen von vom Gesprächspartner angefangenen Äußerungen durch einen Coach an, so kann man diese als Dominanz und Divergenz signalisierende Elemente interpretieren, die womöglich das Gespräch stören. Sie können – im jeweiligen Kontext – aber auch Symmetrie und Perspektivenkonvergenz herstellen und einem guten Rapport zwischen Coach und Klient dienen (vgl. Jautz 2017).
Eine solche Analyse funktionaler wie auch dysfunktionaler Kommunikation ist nicht nur aus theoretischer Perspektive interessant, sondern kann gerade in der Aus- und Weiterbildung gewinnbringend eingesetzt werden. Wenn Teilnehmerinnen und Teilnehmer mithilfe von Transkripten ihre eigenen Coachingübungen nachvollziehen können und ihre Eindrücke mit denen von Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern abgleichen, die bei ihrem Blick auf das Datenmaterial möglicherweise ganz andere Aspekte fokussieren als Coachs, kann dies zu einer Erweiterung des Verständnisses von Kommunikationsproblemen und berufsbezogenen kommunikativen Praktiken beitragen, die eine reine Auflistung von Interventionen nicht zu leisten vermag.
Literatur
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