Dein Running-Coach. Carsten Eich

Dein Running-Coach - Carsten Eich


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Startlinie stehen, wenn, nach Wochen des Trainings, endlich der langersehnte Startschuss fällt!

       AUS DEM LEBEN EINES PROFILÄUFERS:

       EIN OLYMPIASIEGER ALS VORBILD

      Als Neunjähriger begann ich bei Dynamo Leipzig mit der Leichtathletik. Unsere Trainingsstätte war die Südkampfbahn. Es war eine damals übliche Aschenbahn mit einer nicht ganz üblichen Rundenlänge von 486 Metern. Diese krumme Distanz hatte für mich einen Vorteil: Für 800 Meter musste man nur etwas mehr als eineinhalb Runden laufen, Zwischenzeiten haben mich damals noch nicht interessiert.

      In den Sommerferien 1980 fanden die Olympischen Spiele in Moskau statt. Ich war mittlerweile zehn Jahre alt und kann mich noch gut an die Übertragung des Marathons erinnern. Ich war begeistert, als Waldemar Cierpinski als Erster ins Olympiastadion einlief und die Goldmedaille gewann. Natürlich konnte ich damals noch nicht einschätzen, wie lang ein Marathon wirklich ist und was eine Zeit von knapp über 2:10 Stunden bedeutet. Aber ich habe mir fortan immer wieder vorgestellt, wie es sich anfühlen muss, als Erster in ein voll besetztes Stadion einzulaufen.

      Einige unserer Jugendwettkämpfe fanden in den Folgejahren im Leipziger Zentralstadion statt, damals ein weites Rund für 100.000 Zuschauer. Als ich dort meine ersten Runden drehte, waren vielleicht 100 Zuschauer auf den Rängen, nur ein paar Trainer und Eltern der Teilnehmer. Was musste das für ein Gefühl sein, wenn einem ein ganzes Stadion zujubelt? Obwohl unsere Wohn- und Trainingsorte Halle und Leipzig nicht einmal eine Marathondistanz auseinanderlagen, habe ich Waldemar erst nach der Wende kennengelernt. Auf zahlreichen Großveranstaltungen, wie zum Beispiel dem Frankfurt-Marathon, trafen wir uns durch unseren gemeinsamen Sponsor ASICS. Ein Laufidol ist Waldemar Cierpinski heute noch für mich, wahrscheinlich auch, weil er nach wie vor 27 Sekunden schneller war als ich auf der Marathondistanz und sich daran auch in Zukunft nichts mehr ändern wird!

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      Waldemar Cierpinski ist einer der erfolgreichsten Marathonläufer aller Zeiten.

       1976 in Montreal und 1980 in Moskau wurde er

       Olympiasieger. Als einer von nur drei

      Marathonläufern der Geschichte gelang es ihm,

       den Olympiasieg zu wiederholen. Das schaffte

       vor ihm sein Vorbild Abebe Bikila aus Äthiopien

       (1960 und 1964) sowie nach ihm der Kenianer

      Eliud Kipchoge (2016 und 2021).

       Zu einer Ikone der Laufbewegung wurde er

      1980 in Moskau. Heinz-Florian Oertel,

      bekannter Sportreporter des DDR-Fernsehens,

      trug mit seinem Livekommentar des Rennens,

       zur Bekanntheit von Waldemar Cierpinski

       bei. Er kommentierte: »Liebe junge Väter oder

       angehende, haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre

       Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig

       Waldemar! Waldemar ist da!«

       JUNGE MENSCHEN BRAUCHEN VORBILDER

       VON WALDEMAR CIERPINSKI

      Carsten Eich war zu seiner Zeit einer der besten Halbmarathonläufer der Welt – leider war diese Distanz nie olympisch. Heute ist sie zwar nicht so populär wie der Marathon, dennoch hat sie eine enorme Beliebtheit, da sich viele Freizeitläufer mit dieser Distanz identifizieren können. Ich denke, dass Carsten auch im Marathon das Potenzial hatte, Zeiten unter 2:10 Stunden zu laufen. Aber der Marathon hat eigene Gesetze, und es muss wirklich alles zusammenpassen – vielleicht hat ihm das perfekte Rennen gefehlt. Im Halbmarathon hatte er seinen größten Auftritt 1993 in Berlin. Erst 2021, also 28 Jahre später, wurde sein damaliger deutscher Rekord von 60:34 Minuten verbessert. Und Carsten hatte damals nicht das Top-Equipment der heutigen Läufer.

      Diese Leistung hat mir sehr imponiert. Vor allem aber schätze ich seine bescheidene und ehrliche Art. Er wollte immer mit Leistung überzeugen – nicht mit kessen Sprüchen. Als ich erfahren habe, dass ich für ihn ein Vorbild war, hat mich das mit Freude erfüllt. Einen so talentierten und großartigen Sportsmann zum Laufen motiviert zu haben, ist ein gutes Gefühl. Ich denke, dass junge Menschen generell Vorbilder brauchen. Sportler, die mit hohem Einsatz und großem Willen besondere Leistungen erbringen und somit gleichzeitig Werte vermitteln. Wir brauchen mehr davon.

      Carsten und mich haben viele Jahre lang nur wenige Kilometer getrennt. Er wuchs in Leipzig auf, ich lebte in Halle. Beide Städte waren vor der Wende starke Leichtathletikzentren mit großartigen Läufern, die internationale Erfolge feierten. Ich selbst habe enorm von einer leistungsstarken Trainingsgruppe in Halle profitiert. Mit der Wende ergaben sich plötzlich neue Möglichkeiten. Mit dem Laufen ließ sich auf einmal auch Geld verdienen, ich kann jeden verstehen, der diese Chance ergriffen hat. Vielleicht hat Carsten in dieser Zeit eine so starke Trainingsgruppe wie früher in Halle oder Leipzig gefehlt.

      Mich hat immer beeindruckt, dass Carsten während seiner Zeit als Topläufer so gut wie nie verletzt war. Und das, obwohl er Trainingsumfänge bestritten hat, wie kaum ein anderer Läufer zu dieser Zeit. Bei mir war das anders: Ich war in meiner Jugendzeit oft verletzt. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, und mir wurde klar, dass ich nicht ausgewogen genug trainiert hatte. Ich habe dann weniger Laufkilometer absolviert als die meisten anderen Marathonläufer. Aber ich habe dafür umso mehr an meiner allgemeinen Athletik gearbeitet. Beim Laufen entstehen große reaktive Kräfte, jeder Schritt ist ein Aufprall, das muss man als Läufer ertragen können – deshalb ist es so wichtig, die Muskeln, Sehnen und Bänder gezielt zu trainieren.

      Wenn ich an dieser Stelle allen Lesern dieses Buches noch einen persönlichen Tipp mit auf den Weg geben darf, dann ist das dieser: Allgemeines Athletiktraining ist für Läufer die beste Verletzungsprophylaxe. Und nebenbei werdet ihr auch zu besseren Läufern. Bei mir hat es bis heute sehr gut funktioniert. Ich spiele auch mit über 70 Jahren noch mehrmals in der Woche Fußball, fahre Rad und laufe natürlich – wenn auch längst nicht mehr so viel wie früher.

      Alles hat seine Zeit. Carstens Karriere war eine mit vielen Höhen und einigen Tiefen – so ist es meistens im Sport. An seine besten Rennen werden wir uns hoffentlich noch lange erinnern. Und mich persönlich würde es freuen, wenn auch er den einen oder anderen Knirps für den Laufsport begeistert hat.

       KAPITEL 2

       EINSTIEG

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       LAUFEN LERNEN IST GANZ EINFACH

      Als Kinder sind wir einfach losgelaufen, meistens zu schnell. Das liegt in unserer Natur. Kinder wollen rennen – nicht joggen. Intuitiv machen Kinder eigentlich alles richtig. Okay, sie kommen in der Regel nicht allzu weit, weil sie schnell außer Atem sind und die Kraft nachlässt, aber nach einer kurzen Pause geht es weiter.

      Das Prinzip des Lauftrainings haben wir als Kinder schon gut verstanden. Wer beim Laufen länger durchhalten will, muss die Belastung, also die Laufgeschwindigkeit,


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