Dein Running-Coach. Carsten Eich
Natürlich gibt es im Lauftraining auch Einheiten, in denen du aufs Tempo drücken darfst und sollst, um einen trainingswirksamen Reiz zu setzen. Am Anfang geht es aber erst einmal um die Entwicklung der Grundlagenausdauer. Gerade beim Laufeinstieg kommt es darauf an, die Strecke gut und gleichmäßig absolvieren zu können – um die Geschwindigkeit kümmern wir uns später.
»WENN DU ALSO REGELMÄSSIG LÄUFST, DICH DABEI NICHT ZU SEHR ANSTRENGST UND DICH ZWISCHENDURCH GUT ERHOLST, WIRST DU EINE ANPASSUNG DEINER LEISTUNGSFÄHIGKEIT SPÜREN.«
Wenn du also regelmäßig läufst, dich dabei nicht zu sehr anstrengst und dich zwischendurch gut erholst, wirst du eine Anpassung deiner Leistungsfähigkeit spüren. Du erarbeitest dir damit ein neues Plateau deiner Leistungsfähigkeit und erreichst ein erstes Zwischenziel als Läufer. Das Herz-Kreislauf-System und die Lunge passen sich an, die Zusammensetzung des Bluts wird positiv beeinflusst, und auch die Muskulatur wird gestärkt.
Sauerstoff spielt eine entscheidende Rolle beim Ausdauertraining, daher sind gerade die Anpassungen der Lunge, mit der wir den Sauerstoff aufnehmen, so wichtig. Aber auch das Blut, als Transportmittel des Sauerstoffs hin zur Muskelzelle, sollte nicht unterschätzt werden. Letztendlich benötigen wir den Sauerstoff in den Muskelzellen, da hier der Großteil unserer Energiegewinnung stattfindet. Durch regelmäßiges Ausdauertraining unterstützen wir all diese Prozesse und steigern damit unsere Leistungs- und ganz nebenbei auch unsere Regenerationsfähigkeit. Das macht das Ausdauertraining auch zum idealen Ausgleich von Belastungen im Alltag.
MACHT LANGSAM LAUFEN WIRKLICH SCHNELL?
Diese Frage scheint ein Widerspruch in sich zu sein. Warum sollte ich schneller werden, indem ich langsamer laufe? Wenn ich schneller laufen möchte, muss ich auch entsprechend schnell trainieren. Also heißt es, im Training Gas zu geben, oder? Ja und nein! Natürlich musst du Geschwindigkeiten, die du später einmal in einem Wettkampf laufen möchtest, auch trainieren. Viel wichtiger ist davor aber die Ausbildung eines guten Grundlagenausdauerniveaus. Diese Grundlagenausdauer stellt das breite Fundament deiner Leistungsfähigkeit dar.
Stelle dir deine Laufleistung in Form einer Pyramide vor. Je breiter und stabiler das Fundament ist, umso weiter kann deine Leistungsfähigkeit in die Höhe wachsen. Um genau dieses Fundament der Grundlagenausdauer aufbauen zu können, ist es notwendig, so oft wie möglich im sogenannten Wohlfühlbereich unterwegs zu sein. Laufen soll Spaß machen, und das macht es, wenn dein Puls noch relativ ruhig ist und du ausreichend Sauerstoff aufnehmen kannst und nicht außer Atem gerätst. Dann trainierst du weitgehend im Fettstoffwechsel, einer nahezu unbegrenzten Energieform in unserem Körper. Im Gegensatz dazu steigt bei hohen Anstrengungen der Anteil des Kohlenhydratstoffwechsels am Energiemix rasant an, diese Energieform steht aber leider nur sehr begrenzt zur Verfügung. Aus diesem Grund ist ein permanent zu hohes Lauftempo absolut kontraproduktiv für unsere Ausdauerleistung. Doch wenn man sich – vor allem im Frühjahr – auf den Laufstrecken umschaut, sieht man in viele überanstrengte Gesichter. Das ist die Zeit, in der alle wieder laufen gehen. Es sind dann besonders viele Einsteiger beziehungsweise Läufer unterwegs, bei denen das Grundlagentraining im Winter ausgefallen ist. Doch unser Körper lässt sich nicht überlisten – ohne Grundlagenausdauer halten wir höhere Geschwindigkeiten nicht lange durch. Oft erklären mir Läufer auch, dass man gar nicht noch langsamer laufen kann. Doch das geht, es ist alles nur eine Frage des Wollens.
Ich selbst bin früher knapp über 3:00 Minuten pro Kilometer im Marathon gelaufen, mein Wohlfühltempo lag je nach Saisonzeit zwischen 3:45 und 4:00 min/km. Ein echtes Problem hatte ich am Ende meiner Profikarriere im Rahmen eines unserer ersten Running Camps. In der Theorie habe ich den Teilnehmern alles über effektives Ausdauertraining im Wohlfühlbereich erzählt. Bei den anschließenden Läufen habe ich Laufgruppen mit einer 6:30er-Pace begleitet. Um ehrlich zu sein, wusste ich am Anfang nicht, wie ich meine Füße setzen sollte. Aber das hat sich schnell geändert, und heute begleite ich bei unseren Running Camps auch die Gruppe mit Vergnügen, die im 7:00er-Pace unterwegs ist.
»STELLE DIR DEINE LAUFLEISTUNG IN FORM EINER PYRAMIDE VOR. JE BREITER UND STABILER DAS FUNDAMENT IST, UMSO WEITER KANN DEINE LEISTUNGSFÄHIGKEIT IN DIE HÖHE WACHSEN.«
Wenn dein Puls trotz reduziertem Lauftempo weiter ansteigt und ein Grundlagentraining nicht möglich erscheint, hilft nur eine kurze Gehpause. Das fällt vielen schwer, schließlich wollen wir ja laufen und nicht gehen. Aber dauerhaft im zu hohen Pulsbereich zu laufen, ist einer der Kardinalfehler unter Freizeitläufern. Die Anzahl der Gehpausen wird zudem kleiner werden, und in absehbarer Zeit wirst du durchlaufen können. Meist ist es nur ein kleiner Schritt zurück, damit anschließend ein großer Schritt nach vorn gemacht werden kann. Wäre doch schade, wenn man sich dabei selbst im Weg steht.
Mit dieser Überzeugung ist es auch wichtig, seine Laufpartner richtig einzuschätzen. So hilfreich eine Laufgruppe auch für die Motivation ist, das jeweilige Leistungsvermögen muss gut zusammenpassen. Stimmt das nicht überein, haben beide keinen Spaß. Der eine wartet die ganze Zeit auf den anderen, und der andere hetzt außer Atem hinterher. So sieht garantiert kein effektives Lauftraining aus.
Aus diesem Grund bin ich auch noch nie mit meiner Frau gemeinsam laufen gewesen. Zur selben Zeit zwar schon, aber nicht gemeinsam, weil jeder sein eigenes Lauftempo finden sollte. Ich bin davon überzeugt, dass sich viele Laufeinsteiger durch zu viel Ehrgeiz selbst die Chance auf eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit nehmen. Denke in Zukunft lieber einmal zu viel an das Fundament deiner Leistungspyramide, genau diese stabile Basis entscheidet über die Höhe deines eigenen Wolkenkratzers. Es funktioniert auf jeden Fall, und mit der richtigen Grundlage kannst du in Zukunft auch hin und wieder richtig Gas geben, versprochen.
ALTERNATIVES AUSDAUERTRAINING SORGT FÜR ABWECHSLUNG
Laufen ist die effektivste Form des Ausdauertrainings! Du kannst mit geringem Zeitaufwand einen vergleichbar hohen Trainingseffekt erzielen. Außerdem spricht für das Lauftraining, dass du es immer und überall ohne großen Organisationsaufwand ausüben kannst. Egal, ob zu Hause, im Urlaub oder auf Dienstreise, wenn du deine Laufschuhe und dem Wetter angepasste Kleidung dabeihast, kann es schon losgehen. Neben dem Laufen gibt es aber noch jede Menge Alternativsportarten, um deine Ausdauerfähigkeit zu verbessern. Neben Abwechslung im Trainingsalltag bietet Alternativtraining den Vorteil, dass vor allem Sehnen und Gelenke geschont werden können. Beim Laufen müssen wir unser Körpergewicht bei jedem Schritt selbst von A nach B transportieren. Aufgrund der Flugphase in der Laufbewegung müssen unsere Sehnen und Gelenke bei jedem einzelnen Schritt das Körpergewicht abfangen. Bei höheren Laufgeschwindigkeiten sind das Belastungen, die dem drei- bis fünffachen des Körpergewichts entsprechen.
Keine Sorge, dein Körper kann die Belastung mit Hilfe eines entsprechenden Muskelaufbaus ganz gut wegstecken. Aber trotzdem kann es nicht schaden, die eine oder andere Ausdauertrainingseinheit alternativ zu gestalten. Das bringt zudem Abwechslung in den Trainingsalltag. Hier ein paar Trainingsalternativen im Überblick:
RAD/ERGOMETER
Das Radfahren ist eine sehr gute Trainingsmethode, um die Ausdauerfähigkeit zu verbessern. Ich selbst habe das Radtraining in der Grundlagenperiode auf dem Ergometer absolviert. Hier konnte ich bei einem überschaubaren Widerstand mit einer hohen Trittfrequenz arbeiten. Somit hatte ich ein gutes Herz-Kreislauf-Training bei moderater Belastung der Beinmuskulatur. Natürlich kann Radtraining auch im Freien stattfinden, hier müssen nur die äußeren Einflüsse wie Höhenmeter und Gegenwind berücksichtigt werden. Insgesamt hat das Radfahren den Vorteil, dass unser Körpergewicht vom Sattel getragen wird, sodass keine Belastungen für den Stützapparat entstehen. Aus diesem Grund ist auch die Herzfrequenz circa 20 Prozent niedriger als beim Laufen. Im Vergleich zum Laufen