PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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der Gerechtigkeit eine solche werde, und durch des Gegenteils eine entgegengesetzte?

      Theaitetos: Ja auch das geben sie zu.

      Fremder: Aber daß, was bei einem anwesend sein kann und abwesend, doch auf alle Weise etwas sei, werden sie wohl auch sagen?

      Theaitetos: Sie sagen es also.

      Fremder: Wenn also Gerechtigkeit und Vernünftigkeit und die übrige Tugend und so auch die Seele, in welcher dies alles einwohnt, wirklich ist: behaupten sie denn etwa, daß irgend von dem Allen etwas sichtbar sei und greiflich oder alles unsichtbar?

      Theaitetos: Nichts ist wohl von dem allen sichtbar.

      Fremder: Und wie? sagen sie daß etwas hievon einen Leib habe?

      Theaitetos: Das werden sie wohl nicht mehr ganz auf einerlei Weise beantworten, sondern die Seele selbst schiene ihnen einen Leib zu besitzen, von der Gerechtigkeit aber und wonach du sonst fragtest werden sie sich wohl der Kühnheit schämen sowohl zu behaupten daß alles dieses gar nicht sei, als auch darauf zu bestehen, daß es ganz leiblich sei.

      Fremder: Offenbar, Theaitetos, sind uns ja die Männer besser geworden. Denn auch nicht eins von allem diesen würden die ächten Ausgesäeten und Erdgebornen unter ihnen scheuen, sondern darauf beharren, daß, was sie nicht im Stande sind in den Händen zu zerdrücken auch ganz und gar nichts ist.

      Theaitetos: Recht so denken sie wie du sagst.

      Fremder: Laß sie uns also nochmals fragen; denn wenn sie auch nur ein weniges von dem Seienden als unkörperlich zugeben wollen, das reicht schon hin. Denn was nun diesem zugleich und auch jenem was Körper hat eignet, worauf sie ja eben sehen indem sie sagen beides sei, das müssen sie dann angeben. Vielleicht nun würden sie dabei verlegen sein; und wenn ihnen dergleichen begegnete, so sieh zu, ob sie wohl, wenn wir es ihnen vorhielten, annehmen und eingestehn würden das Seiende sei solcherlei etwa.

      Theaitetos: Was denn? Sprich und wir wollen gleich sehn.

      Fremder: Ich sage also was nur irgend ein Vermögen besitzt, es sei nun ein anderes zu irgend etwas zu machen oder wenn auch nur das mindeste von dem allergeringsten zu leiden, und wäre es auch nur einmal, das Alles sei wirklich. Ich setze nämlich als Erklärung fest um das Seiende zu bestimmen, daß es nichts anderes ist als Vermögen, Kraft.

      Theaitetos: Wohl, da sie selbst vor der Hand nichts besseres als dieses zu sagen haben, so nehmen sie dieses an.

      Fremder: Schön. Denn in der Folge wird es sich vielleicht uns eben so gut als ihnen anders zeigen. Mit ihnen bleibe uns also nun dieses gemeinschaftlich festgestellt.

      Theaitetos: Es bleibt.

      (248) Fremder: Und nun laß uns zu den Andern gehen, den Freunden der Ideen. Du aber dolmetsche uns auch das ihrige.

      Theaitetos: Das soll geschehen.

      Fremder: Also das Werden und das Sein nehmt ihr getrennt von einander an. Nicht wahr?

      Theaitetos: Ja.

      Fremder: Und mit dem Leibe hätten wir durch die Wahrnehmung Gemeinschaft an dem Werden; durch den Gedanken aber mit der Seele an dem wahrhaften Sein, welches wie ihr sagt sich immer auf gleiche Weise verhält; das Werden aber immer anders.

      Theaitetos: Das sagen wir allerdings.

      Fremder: Aber dieses Gemeinschaft haben, ihr Allerbesten, was sollen wir doch sagen, daß ihr damit an beiden eigentlich meint? Nicht das eben von uns gesagte?

      Theaitetos: Welches denn?

      Fremder: Ein Leiden oder eine Einwirkung aus irgend einer Kraft in dem was mit einander zusammentrifft entstehend. Vielleicht aber, o Theaitetos, kannst du ihre Antwort hierauf nicht recht vernehmen, ich aber etwan aus alter Bekanntschaft.

      Theaitetos: Wie erklären sie sich also?

      Fremder: Sie räumen uns das nicht ein, was wir eben vorher zu den Erdgebornen über das Sein gesagt haben.

      Theaitetos: Welches?

      Fremder: Wir setzten das als eine hinreichende Erklärung des Seienden, wenn einem auch nur im geringsten ein Vermögen beiwohnte zu leiden oder zu tun?

      Theaitetos: Ja.

      Fremder: Hierauf nun erwidern sie dieses, daß dem Werden allerdings das Vermögen zu leiden und zu tun eigne, dem Sein aber behaupten sie sei keines von diesen beiden Vermögen angemessen.

      Theaitetos: Da sagen sie wohl etwas.

      Fremder: Worauf wir jedoch entgegnen müssen, daß wir noch bestimmter von ihnen zu erfahren wünschen, ob sie darüber mit uns einig sind, daß die Seele erkenne und das Sein erkannt werde.

      Theaitetos: Das bejahen sie doch gewiß.

      Fremder: Und wie das Erkennen oder erkannt werden, nennt ihr das ein Tun oder ein Leiden oder beides? oder das eine ein Tun und das andere ein Leiden? oder meint ihr keines habe mit keinem von beiden irgend etwas zu schaffen? Gewiß doch keines mit keinem; denn sonst widersprächen sie dem vorigen.

      Theaitetos: Ich verstehe.

      Fremder: Dieses nämlich, daß wenn das Erkennen ein Tun ist, so folgt notwendig daß das Erkannte leidet, daß also nach dieser Erklärung das Sein, welches von der Erkenntnis erkannt wird, wiefern erkannt in sofern auch bewegt wird, vermöge des Leidens, welches doch, wie wir sagen, dem ruhenden nicht begegnen kann.

      Theaitetos: Richtig.

      Fremder: Aber wie, beim Zeus! sollen wir uns leichtlich überreden lassen, daß in der Tat Bewegung und Leben und Seele und Vernunft dem wahrhaft seienden gar nicht eigne? Daß (249) es weder lebe noch denke, sondern der hehren und heiligen Vernunft entbehrend unbeweglich stehe?

      Theaitetos: Eine arge Behauptung, o Fremdling, würden wir da einräumen!

      Fremder: Oder sollen wir, daß es Vernunft habe, bejahen, daß aber Leben, läugnen?

      Theaitetos: Wie nun?

      Fremder: Oder sollen wir sagen dies beides wohne ihm zwar ein, nur wollen wir behaupten in einer Seele habe es dieses nicht.

      Theaitetos: Aber auf welche andere Weise sollte es dies wohl haben können?

      Fremder: Also wollen wir sagen, es habe Vernunft und Seele und Leben, nur daß es obwohl belebt ganz unbewegt dastehe?

      Theaitetos: Dies alles scheint mir ganz unvernünftig zu sein.

      Fremder: Daß also bewegtes und Bewegung müßte eingeräumt werden als seiend?

      Theaitetos: Unbedenklich.

      Fremder: Denn es folgt ja, o Theaitetos, daß wenn alles unbewegt ist niemand nirgend von nichts könne Verstand haben.

      Theaitetos: Offenbar ja.

      Fremder: Allein wenn wir wiederum einräumten, daß alles bewegt und verändert werde: so würden wir durch diese Behauptung gleichfalls eben dasselbe aus dem Seienden ausschließen.

      Theaitetos: Wie so?

      Fremder: Das auf gleiche Weise, und eben so und in derselben Beziehung, dünkt dich denn das ohne Ruhe statt finden zu können?

      Theaitetos:


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