PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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ist, und doch eine und dieselbe Kunst für alles gilt was einander ähnlich ist. In dieser Beziehung, dünkt mich, könntest du sagen, daß, wer die Wörter versteht, auch die Dinge verstehn werde.

      Kratylos: Ganz vollkommen richtig.

      Sokrates: Halt aber, laß uns sehen, wie eigentlich diese Weise der Belehrung über das Seiende beschaffen ist, die du jetzt beschreibst, und ob es etwa zwar noch eine andere gibt, diese aber die bessere ist, oder ob es überall nicht einmal eine andere gibt als diese. Welches von beiden glaubst du?

      (436) Kratylos: Das glaube ich, daß es gar keine andere gibt, sondern nur diese eine und beste.

      Sokrates: Auch daß nur auf dieselbe Weise die Dinge auch gefunden werden, so daß wer die Wörter gefunden hat auch dasjenige gefunden habe, wovon sie die Benennungen sind? oder daß Suchen und Finden zwar auf eine andere Weise geschehen muß, das Lernen aber auf diese?

      Kratylos: Allerdings, auch suchen und finden muß man eben so ganz auf dieselbe Weise.

      Sokrates: Wohlan denn, laß uns bedenken, Kratylos, wenn einer in seiner Forschung nach den Dingen den Worten nachgeht, erwägend, was jedes wohl sagen will, merkst du nicht, daß der keine kleine Gefahr läuft irre geführt zu werden?

      Kratylos: Wie so?

      Sokrates: Offenbar hat doch, wer zuerst die Worte festsetzte, so wie er meinte daß die Dinge wären, so auch die Worte festgesetzt, wie wir behaupten; nicht wahr?

      Kratylos: Ja.

      Sokrates: Wenn nun jener nicht richtig meinte, und doch die Worte so setzte, wie er meinte was wird wohl uns, die wir ihm nachgehn, begegnen? Nicht daß wir irre geführt werden?

      Kratylos: Wenn das aber nur nicht gar nicht so sein kann, sondern vielmehr so sein muß, daß wer die Worte festgesetzt hat ein Wissender muß gewesen sein, wo nicht, wie ich schon lange gesagt habe, sie gar keine Worte sein werden! Und der beste Beweis, daß er das rechte nicht verfehlt hat, ist der, es würde ihm nicht alles so zusammenstimmen. Oder hast du nicht bemerkt in deinem eigenen Vortrage, wie alle Worte auf dieselbe Weise und in derselben Beziehung gebildet waren?

      Sokrates: Mit dieser Verteidigung, mein guter Kratylos, ist es nun wohl nichts. Denn wenn der Wortbildner nachdem er sich zuerst geirrt, hernach alles andere nach diesem ersten eingerichtet und genötiget hat damit übereinzustimmen: so ist es wohl kein Wunder, wie bei Figuren bisweilen, auch der erste nur ein kleiner und unmerklicher Fehler ist, wenn alles übrige gar viele, was aus dem ersten folgt unter sich übereinstimmt. Daher muß eben über den Anfang jeder Sache Jedermann die genaueste Überlegung anstellen und die genaueste Untersuchung, ob er richtig gelegt ist oder nicht; und dann, wenn dieser gehörig geprüft ist, das übrige so darstellen, wie es aus ihm folgt. Indes sollte es mich dennoch wundern, wenn die Wörter so unter sich zusammenstimmten. Darum laß uns noch einmal übersehen, was wir vorher durchgenommen haben. Als ob nämlich alles ströme und fließe und in Bewegung sei, dahin, sagten wir, deuten uns die Worte das Sein und Wesen der Dinge. Nicht wahr, so dünkt dich, stellen sie es uns dar.

      Kratylos: Allerdings, und deuten es also ganz richtig.

      Sokrates: Laß uns einmal sehen, wenn wir nun wieder aufnehmen (437) zuerst etwa das Wort verstehen, wie zweideutig es ist, und weit eher anzudeuten scheint, daß unsere Seele bei den Gegenständen stehen bleibt, als daß sie sich mit ihnen herumbewegt, und wie es weit richtiger ist, die Buchstaben in der Mitte so zu lassen wie sie sind, und Anfangs nur den ganz offnen Hauch zu setzen. Dann das Beständige, wie es offenbar Nachbildung eines auf dem Grunde festen und stehenden ist, und nicht einer Bewegung. Dann auch die Geschichte deutet doch wohl an, daß sie dem Gehen Schicht macht, und es also zum Stehen bringt, und eben so Treue deutet doch in jedem Fall auf Ruhe. Ferner die Erinnerung zeigt doch offenbar, daß etwas innerlich ruht in der Seele, nicht aber in Bewegung ist. Und wenn du willst, wird das Versehen und der Nachteil, wenn man so die Worte auseinander legt, ganz als dasselbe erscheinen mit der Einsicht und dem Vorteil und allen übrigen Namen des Vortrefflichen. Dann auch die Trägheit und die Unbändigkeit zeigen sich fast eben so, denn die erste ist, was getragen von den Dingen geht, und die andere ist, was sich nicht binden und halten läßt. Auf diese Weise also zeigt sich, was wir als Benennungen des schlechtesten ansehn, ganz ähnlich dem Vortrefflichsten; und ich glaube, es könnte einer der sich Mühe geben wollte, noch vielerlei anderes finden, woraus man wieder glauben sollte der Wortbildner habe die Dinge nicht als fließend und bewegt, sondern als bleibend und feststehend angedeutet.

      Kratylos: Aber du siehst doch, Sokrates, daß er das meiste auf jene Art bezeichnet hat.

      Sokrates: Was soll nun das, Kratylos? Wollen wir die Wörter zählen, wie die Steinchen beim Stimmensammeln, und soll sich dadurch die Richtigkeit zeigen? welches von beiden die meisten Wörter anzudeuten scheinen, das soll das wahre sein?

      Kratylos: Nein, das wohl nicht.

      Sokrates: Ganz gewiß nicht, Lieber. Allein dies wollen wir nun hier gut sein lassen. Das aber laß uns in Erwägung ziehen, ob du auch darin mit uns einig bist, oder nicht. Sprich, die welche in den verschiedenen Gegenden sowohl hellenischen als barbarischen zu verschiedenen Zeiten die Benennungen festgesetzt haben, sind wir nicht vorher übereingekommen, daß diese Gesetzgeber wären, und die Kunst welche dies vermag der gesetzgebenden angehöre?

      Kratylos: Allerdings.

      Sokrates: Sage mir also, als die ersten Gesetzgeber die ersten Benennungen festsetzten, kannten sie die Gegenstände, für welche sie sie festsetzten, oder kannten sie sie nicht?

      Kratylos: Ich meines Teils denke, sie kannten sie.

      (438) Sokrates: Kaum, lieber Freund, könnten sie sie auch wohl ohne sie zu kennen getan haben.

      Kratylos: Nein freilich.

      Sokrates: Laß uns also noch einmal auf das zurückgehn, von wo aus wir hieher gekommen sind. Eben sagtest du doch, und auch im vorigen wenn du dich erinnerst, der die Benennungen bestimmt habe, habe dies notwendig getan mit Kenntnis dessen, wofür er sie bestimmte. Bist du noch dieser Meinung oder nicht?

      Kratylos: Noch.

      Sokrates: Auch der die Stammwörter gebildet, glaubst du, habe es mit dieser Kenntnis getan?

      Kratylos: Mit dieser Kenntnis.

      Sokrates: Vermittelst welcher Wörter nun hat er wohl die Kenntnis der Gegenstände erlernt oder gefunden, wenn doch die ersten Wörter noch nicht gegeben waren, wir aber sagen, es sei nicht möglich zur Erkenntnis der Dinge weder durch Lernen noch durch eignes Finden anders zu gelangen, als indem man die Wörter erlernt oder selbst findet, wie sie beschaffen sind?

      Kratylos: Das scheint mir etwas zu sein, Sokrates.

      Sokrates: Auf welche Weise also konnten wohl jene nach Erkenntnis Wörter festsetzen oder Wortbildende Gesetzgeber sein, ehe überhaupt noch irgend eine Benennung vorhanden und ihnen bekannt war, wenn es nicht möglich ist zur Erkenntnis der Dinge anders zu gelangen als durch die Wörter?

      Kratylos: Ich bin daher der Meinung, Sokrates, die richtigste Erklärung hierüber werde die sein, daß es eine größere als menschliche Kraft gewesen, welche den Dingen die ersten Namen beigelegt, und daß sie eben deshalb notwendig richtig sind.

      Sokrates: Und also sollte wer sie bestimmt, sie mit sich selbst im Widerspruch bestimmt haben, wenn er ein Dämon oder ein Gott gewesen? oder ist alles nichts gewesen, was wir vorher gesagt haben?

      Kratylos: Aber die einen von beiden mögen wohl keine Worte sein.

      Sokrates: Welche doch, Bester, die auf das Stehen oder die auf das Fließen führen? Denn


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