PLATON - Gesammelte Werke. Platon

PLATON - Gesammelte Werke - Platon


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Dieses hier also, Terpsion, ist das Buch. Ich habe aber das Gespräch solchergestalt abgefaßt, nicht daß Sokrates es mir erzählt, wie er es mir doch erzählt hat, sondern so, daß er wirklich mit denen redet, welche er als Unterredner nannte. Er nannte aber den Meßkünstler Theodoros und den Theaitetos. Damit nämlich in dem geschriebenen Aufsatz die Nachweisungen zwischen dem Gespräch nicht beschwerlich fielen, wie wenn er selbst Sokrates geredet das »Da sprach ich« oder »Darauf sagte ich«, und von dem Antwortenden »Das gab er zu«, und »Darin wollte er nicht beistimmen«, deshalb habe ich geschrieben, als ob er unmittelbar mit Jenen redete mit Hinweglassung aller dieser Dinge.

      Terpsion: Gar nicht übel, Eukleides.

      Eukleides: So nimm denn das Buch, Knabe, und lies.

       Sokrates • Theodoros • Theaitetos

      Sokrates: Wenn mich die Kyrenaier besonders angingen, o Theodoros, so würde ich dich über sie, und wie es dort steht, befragen, ob es einige gibt unter den jungen Leuten dort, welche in der Größenlehre oder in einer andern Wissenschaft Fleiß anwenden. Nun aber, denn ich liebe jene weniger als die hiesigen, und trage ein besonderes Verlangen zu wissen, welche von unsern Jünglingen wahrscheinlich einmal Ehre einlegen werden, also suche ich selbst dieses nach Möglichkeit zu erforschen, und befrage darum auch Andere, zu denen ich die Jünglinge gern sich gesellen sehe. Und dich umgeben nicht Wenige, wie du es auch verdienst auch sonst, besonders aber wegen der Meßkunst. Wenn dir also einer aufgestoßen ist, der Erwähnung verdient: so wünschte ich es wohl zu wissen.

      Theodoros: Allerdings, Sokrates, darf ich dir wohl gern sagen und du auch gern hören wollen, was für einen Jüngling ich unter euren Bürgersöhnen angetroffen. Denn wäre er etwa schön: so möchte ich wohl Furcht genug haben es zu sagen, damit nicht Jemand meinte, ich hege eine Leidenschaft für ihn. Nun aber, werde mir nur ja nicht böse, ist er eben nicht schön, sondern er gleicht dir mit der aufgeworfenen Nase und den heraustretenden Augen; nur hat er diese Züge nicht so stark als du. Dreist rede ich also, und so wisse denn, daß unter (144) allen, mit denen ich jemals bekannt geworden, und ich habe schon sehr Viele um mich gehabt, ich noch nie einen so bewundernswürdig wohl geartet angetroffen. Denn daß einer, welcher schnell auffaßt, wie schwerlich ein Anderer, zugleich so ausgezeichnet gleichmütig ist, und überdies beharrlich mehr als jeder Andere, solche habe ich nicht geglaubt daß es gebe, auch sehe ich nicht, daß es deren sonst gibt. Sondern die Scharfsinnigen wie dieser, und von schnellem Verstande und gutem Gedächtnis, pflegen auch zum Zorn sehr reizbar zu sein, und werden hin und her gerissen wie Schiffe, ohne Ballast, sind auch von Natur mehr heftig als beharrlich. Die Gesetzteren aber zeigen sich wiederum gewissermaßen träge zum Lernen und gar sehr vergeßlich. Dieser aber schreitet so leicht und sicher und mit Erfolg zu allen Kenntnissen und Untersuchungen, und mit solcher Ruhe, wie sich das Öl ganz geräuschlos ausgießt, daß zu bewundern ist, wie er in diesem Alter dergleichen Dinge auf solche Art behandeln kann.

      Sokrates: Du gibst treffliche Botschaft! Aber wem gehört er an unter unsern Bürgern?

      Theodoros: Gehört habe ich zwar den Namen, ich entsinne mich seiner aber nicht. Allein er ist unter denen, die hier heran kommen, der mittlere. Denn eben hat er mit diesen seinen Freunden sich draußen gesalbt, nun aber scheinen sie, nachdem sie sich gesalbt, hieher zu kommen. Also sieh zu, ob du ihn kennst.

      Sokrates: Ich kenne ihn, es ist der Sohn des Euphronios von Sunion, eines Mannes, Freund, grade so wie du diesen beschreibst, auch übrigens sehr wohl angesehen, und der ein großes Vermögen hinterlassen hat. Den Namen des Knaben aber weiß ich nicht.

      Theodoros: Dessen Namen ist Theaitetos. Das Vermögen indes haben seine Vormünder, glaube ich, ziemlich heruntergebracht. Dennoch aber ist auch in dem, was Geld betrifft, seine edle Gesinnung zu bewundern.

      Sokrates: Du preisest ihn ja herrlich! So heiße ihn dann sich hieher zu uns niedersetzen.

      Theodoros: Das soll geschehen. Theaitetos, hieher zum Sokrates!

      Sokrates: Ja auf alle Weise, Theaitetos, damit ich mich auch einmal beschaue, was für ein Gesicht ich wohl habe. Denn Theodoros sagt, es sei dem deinigen ähnlich. Jedoch wenn wir nun beide jeder eine Leier hätten, und er sagte, sie wären gleich gestimmt: würden wir ihm das sogleich glauben, oder würden wir erst untersuchen, ob er denn auch ein Tonkundiger wäre, und so etwas behaupten könne?

      Theaitetos: Das würden wir untersuchen.

      Sokrates: Also wenn wir ihn als einen solchen erfänden, würden wir ihm glauben; wenn aber von dieser Kunst verlassen, würden wir ungläubig bleiben?

      Theaitetos: Richtig.

      Sokrates: Nun aber, meine ich wenigstens, wenn wir über die Ähnlichkeit unserer Gesichtszüge gewiß sein wollen, werden wir wohl zusehn müssen, ob er auch ein Maler ist, und also hierüber etwas behaupten kann oder nicht.

      Theaitetos: So scheint es mir.

      Sokrates: Ist nun wohl Theodoros ein Maler?

      (145) Theaitetos: Nicht, daß ich wüßte.

      Sokrates: Auch kein Meßkünstler?

      Theaitetos: Das freilich auf alle Weise, o Sokrates.

      Sokrates: Etwa auch ein Sternkundiger, ein Rechner, ein Tonkundiger, und was sonst zu diesen Wissenschaften gehört?

      Theaitetos: Ich denke wohl.

      Sokrates: Wenn er also sagt, daß wir uns irgend körperlich ähnlich sind, er sage es nun lobend oder tadelnd, so ist wohl nicht viel darauf zu geben?

      Theaitetos: Vielleicht nicht.

      Sokrates: Wie aber, wenn er die Seele eines von uns der Tugend und Weisheit wegen lobte: sollte dann nicht einerseits, wer es hört, sich billig Mühe geben, den Gelobten betrachten zu können, dieser aber wiederum sich bereitwillig darstellen?

      Theaitetos: In alle Wege, o Sokrates.

      Sokrates: So ist demnach, lieber Theaitetos, an dir die Reihe dich darzustellen, an mir aber dich zu beschauen. Denn wisse nur, daß Theodoros schon Viele zwar gegen mich gelobt hat, Fremde sowohl als Bürger, noch keinen aber hat er jemals so gelobt, als dich jetzt eben.

      Theaitetos: Das wäre ja herrlich, Sokrates. Aber sieh zu, daß er es nicht etwa im Scherz gesagt hat.

      Sokrates: Das hat Theodoros nicht in der Art. Also nimm nur nicht das Eingestandene zurück unter dem Vorwande, er rede im Scherz, damit er nicht genötiget werde, ordentlich Zeugnis einzulegen; denn es wird ihn dann gewiß Niemand falschen Zeugnisses anklagen. Sondern bleibe lieber getrost bei deinem Eingeständnis.

      Theaitetos: Wohl werde ich es so halten müssen, wenn du meinst.

      Sokrates: So sage mir denn, lernst du wohl bei dem Theodoros etwas von der Meßkunst?

      Theaitetos: O ja.

      Sokrates: Auch von der Sternkunde und der Tonkunst und den Rechnungen?

      Theaitetos: Ich befleißige mich wenigstens.

      Sokrates: Auch ich, o Jüngling, bei diesem und Andern, denen ich zutraue, daß sie sich auf etwas hievon verstehen. Dennoch aber, wiewohl ich im übrigen ziemlich Bescheid weiß, habe ich Zweifel über eine Kleinigkeit, die ich wohl mit dir und diesen untersuchen möchte. Sage mir also, heißt nicht lernen dessen kundiger werden, was man lernt?

      Theaitetos: Wie anders!

      Sokrates: Und die Kundigen, glaube ich, sind doch durch


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