Internationales Strafrecht. Robert Esser
481 ff). Dies erfolgt jedoch nicht automatisch, sondern nur in den Fällen, in denen das nationale Recht eine vollständige Wiedergutmachung der eingetretenen Schäden nicht ermöglicht und sich der Ausspruch einer Entschädigungsleistung durch den Gerichtshof als notwendig erweist („if necessary“). Die näheren Einzelheiten ergeben sind aus Rule 60 und der Practice Direction – Just Satisfaction Claims (PD-JS).
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Für die Festsetzung einer solchen Entschädigung ist grundsätzlich ein spezieller Antrag des Bf. erforderlich (specific claim for just satisfaction, Rule 60 Abs. 1). Ausnahmsweise kann der Gerichtshof eine Entschädigung gemäß Art. 41 EMRK auch von sich aus festsetzen;[95] darauf darf es der Verteidiger jedoch nicht ankommen lassen.
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Häufig ist es sinnvoll, den Antrag erst später im Verfahren zu stellen, insbesondere nachdem die Beschwerde für zulässig erklärt wurde, weil einige Schadensposten – insbesondere die Auslagen im Verfahren vor dem EGMR – zu einem früheren Zeitpunkt im Verfahren noch nicht vorhersehbar geschweige denn entstanden oder bezifferbar sind. Der Antrag muss aber spätestens, wenn der Kammerpräsident nichts anderes anordnet, im Schriftsatz zur „Begründetheit der Beschwerde“ innerhalb der hierfür von der Kammer gesetzten Frist gestellt werden (Rule 60 Abs. 2).[96] Da aber die gemeinsame Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit heute den Regelfall darstellt (Art. 29 Abs. 1 Satz 2; Rule 54A), ist auch eine gesonderte Frist für die Stellungnahme zur Begründetheit nur noch die Ausnahme.
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Ohnehin können aber schon in der Beschwerdeschrift Anmerkungen zu eingetretenen Schäden gemacht werden. Dem Gerichtshof schon in der Beschwerdeschrift eine (vorläufige) Zusammenstellung der einzelnen Schadenspositionen zu präsentieren, ist ohnehin in einigen Fällen durchaus ratsam[97]; allerdings befreit diese frühere Mitteilung den Bf. nicht von einer späteren (s.o.) förmlichen Antragstellung (§ 5 PD-JS a.E.).
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Im förmlichen Antrag sind die einzelnen Schadensposten detailliert aufzuschlüsseln (itemised particulars of all claims), zu beziffern und nach Rubriken[98] zu ordnen. Als Nachweis für den Eintritt der Schäden und die Entstehung von Kosten sind entsprechende Belege (appropriate docmentary evidence) beizufügen (Rule 60 Abs. 2; §§ 5, 11, 21 PD-JS). Kommt der Bf. diesen Vorgaben nicht nach, kann die Kammer den Antrag ganz oder teilweise zurückweisen (Rule 60 Abs. 3).
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In der Antragsschrift sollte der Bf. auch ein Bankkonto angeben, auf das die vom Vertragsstaat zu leistende Entschädigung fließen soll. Für einzelne Entschädigungssummen können separate Konten angegeben werden. Der Bf. kann ferner bestimmen, dass die für Gebühren und sonstige Auslagen des Verteidigers festzusetzende Geldsumme (cost and expenses) direkt auf ein Konto des Verteidigers überwiesen werden soll (§ 22 PD-JS).
7. Information und Ladung der Verfahrensbeteiligten
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Mitteilungen und Zustellungen des Gerichtshofs erfolgen an die Prozessbevollmächtigten bzw. Rechtsbeistände der Parteien. Sie gelten damit als an die Parteien gerichtet (Rule 37 Abs. 1).
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Zeugen, Sachverständige und sonstige Personen, deren Vernehmung die für die Behandlung der Rechtssache gebildete Kammer oder ihr Präsident beschließt, werden durch den Kanzler geladen. In der Ladung sind die betreffende Rechtssache, der Gegenstand der Untersuchung, des Gutachtens oder der sonstigen von der Kammer oder ihrem Präsidenten angeordneten Maßnahmen sowie die der geladenen Person zustehende Entschädigungszahlung anzugeben (Rule A5 Abs. 2 u.U. i.V.m. Rule A1 Abs. 4).
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Hält der Gerichtshof für eine Mitteilung, Zustellung oder Ladung, die an eine andere Person als die Verfahrensbevollmächtigten oder Rechtsbeistände der Parteien gerichtet ist, die Hilfe des Staates für erforderlich, in dessen Hoheitsgebiet die Mitteilung, Zustellung oder Ladung Wirkung entfalten soll, so wendet sich der Präsident des Gerichtshofs unmittelbar an die Regierung dieses Staates, um die notwendige Unterstützung zu erhalten (Rule 37 Abs. 2).
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Wenn der Gerichtshof im Hoheitsgebiet eines Staates an Ort und Stelle Feststellungen treffen (lassen) oder Beweise erheben will oder wenn er das Erscheinen von Personen anordnet, die im Hoheitsgebiet eines Staates ihren Wohnsitz haben oder es überqueren müssen, so wendet sich der Präsident des Gerichtshofs ebenfalls unmittelbar an die Regierung dieses Staates, um die notwendige Unterstützung zu erhalten (Rule 37 Abs. 3).
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › C. Behandlung der Beschwerde durch den EGMR › IV. Ablauf der mündlichen Verhandlung
1. Grundsätze
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Eine mündliche Verhandlung über die Begründetheit der Beschwerde findet von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei statt (Rule 59 Abs. 3).[99] Aufgrund der Arbeitsbelastung des Gerichtshofs verzichten die Kammern zunehmend auf die Durchführung einer solchen Verhandlung unter Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten. Ob ein schriftliches oder mündliches Verfahren stattfindet, entscheidet der Präsident der Kammer (Rule 59 Abs. 4). An den Antrag eines Verfahrensbeteiligten ist er dabei nicht gebunden.
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Grundsätzlich findet eine mündliche Verhandlung – so denn eine solche anberaumt wird – vor der Kammer am Sitz des Gerichtshofs im Human Rights Building in Straßburg statt. Allerdings kann die Kammer, wenn sie es für zweckmäßig hält, ihre Tätigkeit auch in einem anderen Vertragsstaat des Europarats ausüben (Rule 19; Rule A2 Abs. 2). Außerhalb seines ständigen Sitzes stattfindende Ortsbesichtigungen werden meist von einer Delegation, also nicht durch den gesamten Spruchkörper durchgeführt (Rule A1).
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Der Kammerpräsident bzw. der Leiter der Delegation leitet die mündliche Verhandlung und bestimmt ihren konkreten Ablauf[100], d.h. die Reihenfolge, in der den Parteien, ihren Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsbeiständen und Beratern sowie den sonstigen erschienen Personen (Zeugen, Sachverständige, Drittbeteiligte) das Wort erteilt wird (Rules 64 Abs. 1, A4). Meist dauern die Verhandlungen einen Vor- oder Nachmittag.
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Die jeweiligen Redezeiten werden meist im Vorhinein mit den Verfahrensbeteiligten abgestimmt. Die übliche Redezeit beträgt zwischen 45 Minuten und einer Stunde. Im begründeten Einzelfall ist auch ein längeres Plädoyer möglich.
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Auch nach der Festsetzung eines Termins für die mündliche Verhandlung kann der Gerichtshof eine Beschwerde jederzeit zurückweisen, die er für unzulässig hält (Art. 35 Abs. 4 EMRK). Ebenso ist er befugt, noch im Stadium der Begründetheitsprüfung die ohnehin nur noch ausnahmsweise bereits vorab getroffene Entscheidung über die Zulässigkeit einer Beschwerde zu ändern, wenn diese aus einem der in Art. 35 Abs. 1–3 EMRK genannten Gründe für unzulässig hätte erklärt werden müssen.[101] Andererseits hat der Gerichtshof geäußert, dass ein Abweichen von der ursprünglichen Zulässigkeitsentscheidung