Internationales Strafrecht. Robert Esser
der Kosten und Auslagen zu berücksichtigenden Anwaltsgebühren sind hier in einem weitaus höheren Maße verhandelbar als die Summen, die der Gerichtshof im streitigen Verfahren zuspricht. Kommt es zu einer solchen gütlichen Einigung, streicht der Gerichtshof die Beschwerde aus dem Register (Rule 75 Abs. 4), andernfalls ergeht ein zweites Urteil über die Frage der Entschädigung (siehe schon Rn. 380).
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In dem Urteil, in dem der EGMR die vom Vertragsstaat zu zahlende Entschädigung festsetzt, bestimmt er üblicherweise eine Frist (in der Regel drei Monate; § 25 PD-JS), innerhalb derer die Entschädigung zu zahlen ist. Die Frist beginnt mit dem Datum, an dem das Urteil endgültig (final) i.S.v. Art. 44 Abs. 2 EMRK wird.
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Der Gerichtshof ist grundsätzlich auf die Festsetzung einer kompensatorischen Entschädigung in Form von Geld beschränkt (monetary award); ausnahmsweise (s.o. Rn. 469) kann eine spezielle Form der Naturalrestitution (z.B. Rückgabe einer beschlagnahmten Sache) oder eine sonstige Form der Beendigung des Konventionsverstoßes angeordnet werden (consequential order, § 23 PD-JS). Sollen dem betroffenen Vertragsstaat die Mittel zur Umsetzung des Urteils mit auf den Weg gegeben werden, empfiehlt es sich, einen entsprechenden Antrag schon in der Beschwerdeschrift zu formulieren. Anspruch auf den Ausspruch einer solchen consequential order hat der Bf. allerdings nicht.
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Die Zahlung einer Entschädigungssumme (einschließlich der zu erstattenden Kosten) erfolgt an den Bf. Der Verteidiger kann seine Gebühren daher grundsätzlich nur gegenüber seinem Mandanten (d.h. weder gegenüber dem EGMR noch gegenüber dem Vertragsstaat) geltend machen. Abweichende Vereinbarungen sind möglich (vgl. § 22 PD-JS; Rn. 409). Der EGMR berücksichtigt dies regelmäßig und verpflichtet ggf. den belangten Staat zur Zahlung an den Rechtsvertreter.[44]
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Ein als Entschädigung an den Bf. zu zahlender Geldbetrag wird vom Gerichtshof in EURO festgesetzt, unabhängig davon, in welcher Währung der Bf. seine Schäden beziffert hat (§ 24 PD-JS). Gehört der betroffene Vertragsstaat nicht der Europäischen Währungsunion an, muss die Entschädigungssumme anschließend in die entsprechende Landeswährung umgerechnet werden. Maßgeblich ist der Umrechnungskurs am Tag der Zahlung (exchange rate applicable on the date of payment; § 24 PD-JS).
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Etwaige vom Bf. auf die Entschädigungssumme zu entrichtende Steuern sind auf den vom EGMR festgesetzten Betrag aufzuschlagen (plus any tax that may be chargeable).
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Werden einzelne vom Bf. geltend gemachte Schadenspositionen vom Gerichtshof nicht als erstattungsfähig anerkannt, so führt dies weder zu einem „Teilunterliegen“ noch löst dieser Umstand eine Kostenlast bzw. Erstattungspflicht auf Seiten des Bf. aus.
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Umgekehrt können geltend gemachte Schäden oder Kosten in vollem Umfang erstattungsfähig sein, obwohl der Gerichtshof nicht alle vom Bf. behaupteten Konventionsverstöße festgestellt hat. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Kosten speziell im Zusammenhang mit dem nicht erfolgreichen Teil der Beschwerde entstanden sind, denn dann fehlt regelmäßig der für die Erstattungsfähigkeit stets erforderliche causal link (s.u. Rn. 495).
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Bei der Schadensberechnung ist zu beachten, dass der vom Gerichtshof festgesetzten Entschädigungsleistung kein punitiver Effekt, d.h. keine den verurteilten Vertragsstaat bestrafende oder abschreckende („exemplarische“) Wirkung zugeschrieben werden darf (§ 9 PD-JS).
2. Ersatz des materiellen Schadens (pecuniary damage)
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Grundsätzlich soll der Bf. finanziell in die Lage versetzt werden, in der er sich ohne den Eintritt des Konventionsverstoßes befände (restitutio in integrum; § 10 PD-JS). Zum ersatzfähigen materiellen Schaden zählen daher prinzipiell alle durch den Konventionsverstoß erlittenen Vermögenseinbußen (damnum ermergens; z.B. Lohn- bzw. Verdienstausfall, entgangener Gewinn; Arzt- und Pflegekosten; Zinsverluste; mit einer Geldleistung verbundene Strafen oder Sanktionen)[45] oder zu erwartende finanzielle Einbußen in der Zukunft (lucrum cessans; z.B. Wegfall einer Unterhaltsleistung).
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Einer Entschädigung zugänglich sind allerdings nur solche aktuellen oder zukünftigen finanziellen Einbußen, die unmittelbar auf den konkreten Konventionsverstoß zurückzuführen sind (damage is the result of a violation found; § 8 PD-JS). Diesen eindeutigen Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und dem festgestellten Konventionsverstoß (clear causal link; § 7 PD-JS) muss der Bf. in seinem Antrag auf Gewährung einer Entschädigung substantiiert darlegen und nachweisen (supported by appropriate documentary evidence; § 5 PD-JS). Ebenso muss die Schadenshöhe nachgewiesen werden; grobe Schätzungen genügen nicht. Die Darlegungs- und Beweislast (sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach) liegt einzig und allein beim Bf. (§ 11 PD-JS).
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Die Anforderungen des EGMR an den geforderten Kausalzusammenhang zwischen Konventionsverletzung und Schaden – sowohl in inhaltlicher als auch rein finanzieller Hinsicht – sind im Allgemeinen beträchtlich. Bei Verletzungen von Verfahrensgarantien kann ein Schaden oft nicht nachgewiesen werden.[46] Der Gerichtshof lehnt es jedenfalls ab, über den Ausgang des Verfahrens zu spekulieren.[47] So spricht der Gerichtshof keine Haftentschädigung bei Verstößen gegen die Verfahrensfairness aus, es sei denn, dass die Inhaftierung selbst mit Art. 5 EMRK unvereinbar war.[48]
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Insbesondere bei der Geltendmachung eines Einkommensausfalls ist zu beachten, dass der Gerichtshof nicht darüber spekuliert, wie das Verfahren ohne den festgestellten Konventionsverstoß ausgegangen wäre (§ 7 PD-JS).[49] Erforderlich sind konkrete, glaubhafte Angaben zum Eintritt, zur Art und zum Umfang der Schädigung (§ 11 PD-JS). Zur Festlegung einer konkreten Summe als Schadensersatz kann die Kammer ein Sachverständigengutachten einholen (z.B. zum Wert einer beschädigten, beschlagnahmten Sache).[50] Weil sich materielle Schäden häufig nur schwer beziffern lassen und sich zudem von immateriellen Schäden nicht immer exakt abgrenzen lassen, entscheidet der Gerichtshof in vielen Fällen nach Billigkeit (assessment on an equitable basis; vgl. §§ 2, 14 PD-JS), was die Vorausberechnung einer zu erwartenden Entschädigungssumme erheblich erschwert.
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Billigkeitserwägungen (reasons in equity) können auch dazu führen, dass die vom Gerichtshof festgesetzte Entschädigungssumme unterhalb der tatsächlich nachweisbaren Vermögenseinbuße liegt (§ 12 PD-JS).
3. Ersatz des immateriellen Schadens (non-pecuniary damage)
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Über die Festsetzung einer Geldsumme als Schmerzensgeld oder allgemein als finanziellen Ausgleich für einen infolge des Konventionsverstoßes eingetretenen immateriellen, psychischen Schaden, Angstzustände, Ungewissheiten oder Unbequemlichkeiten entscheidet der Gerichtshof stets nach billigem Ermessen