Compliance. Markus Böttcher
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1. Kapitel Begriffsbestimmungen Compliance: Bedeutung und Notwendigkeit › II. Ausgangslage und Historie
II. Ausgangslage und Historie
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Selbstverständlich besteht kein Zweifel daran, dass sich jedes Unternehmen grundsätzlich rechtskonform zu verhalten hat. Es ist weder neu noch besonders, wenn es das Ziel eines Unternehmens sein muss, nicht gegen bestehende Gesetze und Regularien zu verstoßen. Daneben ist selbstverständlich, dass jeder Unternehmer in rechtlicher Hinsicht Risiken ausgesetzt ist, die er mittels seiner Organisation minimieren muss.
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Gleichwohl muss jedes Unternehmen im Lichte der Diskussion um Compliance seine bisherige Organisation unter Gesichtspunkten der Risikoüberwachung neu überdenken. Das heißt gerade nicht, dass alle Unternehmen in der Vergangenheit überhaupt keine Maßnahmen zur Kontrolle von Risiken getroffen haben. Ebenso wenig haben Unternehmen in der Vergangenheit unentwegt und ungestraft gegen Gesetze verstoßen.
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Dennoch kam es mittlerweile zu der Erkenntnis, dass die bestehenden Prozesse in Unternehmen weder ausreichend noch geeignet waren, um Risiken effektiv zu kontrollieren.
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Diese Erkenntnis wurde durch ein Zusammentreffen verschiedener Faktoren bzw. Entwicklungen ausgelöst.
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Eine entscheidende Rolle spielten zunächst die großen Wirtschaftsstrafverfahren, Sicherheitspannen und Zusammenbrüche von Unternehmen der jüngsten Vergangenheit. Nachdem sich derartige Fälle zunächst in den USA ereigneten,[1] zeigte sich bald auch in Deutschland anhand von prominenten Insolvenzfällen oder großen Haftungsfällen, wie dramatisch sich strafbares Verhalten Einzelner in Führungspositionen auf den Bestand und die Entwicklung eines Unternehmens auswirken kann.
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Im Zusammenhang mit den Vorfällen ist klar geworden, dass sich mangelhafte Kontrolle naturgemäß erst dann zeigt, wenn es zu spät ist. Diese unangenehme Erfahrung mussten auch in Deutschland einige Unternehmen machen.
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Die „Wirtschaftsskandale“ stellten die bestehenden Reglementierungen auf den Prüfstand und lösten die Frage aus, ob die bestehenden gesetzlichen Anforderungen an die Kontrolle in Unternehmen unzulänglich sind bzw. ob die Verfehlungen hätten vermieden werden können.
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Dabei zeigte sich die Notwendigkeit, die Normen zu verschärfen und die Toleranz gegenüber fehlender Kontrolle und Verantwortung der Unternehmensführung erheblich zu verringern. Ergebnis ist die sukzessive Entwicklung von verschärften Reglementierungen und Kodifizierungen, die zunächst in den USA begann und nunmehr nach und nach auch Einzug in das deutsche und europäische Rechtssystem gehalten hat.
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Nicht nur auf Seiten der Gesetzgebung und Rechtsprechung kam es zu Veränderungen. Die prominenten Negativereignisse in der Wirtschaftswelt haben auch bei Gläubigern bzw. Geschädigten zu einer neuen Sensibilität und einem veränderten Bewusstsein geführt. Bildeten früher große Haftungsprozesse eher die Ausnahme, so hat heute nicht nur die Bereitschaft, sondern auch die Möglichkeit der Anspruchsverfolgung gegenüber dem Management großer Unternehmen zugenommen. Dies zeigen die prominenten Fälle einiger der bekanntesten deutschen Manager, die sich in Haftungsprozessen in Millionenhöhe in Anspruch nehmen lassen mussten. Die Ursachen dafür sind vielseitig. Hauschka führt die verschärfte Situation bspw. auf eine verbesserte Informationsgewinnung vor allem durch das Internet, spezialisierte Anwaltskanzleien, anwaltliche Sammelklagevertreter, erfolgsbeteiligte Prozesskostenversicherer oder zunehmendes Shareholder-Value-Bewusstsein zurück.[2]
Anmerkungen
Bspw. ENRON (Energie), WorldCom (Telekommunikation), Tyco (Mischkonzern) haben durch ihre Skandale nicht nur in den USA eine Vertrauenskrise ausgelöst.
Hauschka NJW 2004, 257, 258.
1. Kapitel Begriffsbestimmungen Compliance: Bedeutung und Notwendigkeit › III. Haftungsrisiken von Unternehmen und Management
1. Kapitel Begriffsbestimmungen Compliance: Bedeutung und Notwendigkeit › III. Haftungsrisiken von Unternehmen und Management › 1. BGH-Rechtsprechung zur Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern
1. BGH-Rechtsprechung zur Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern
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Eine wegweisende Veränderung der Rechtsprechungspraxis in Fällen von Managementhaftung brachte die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des Bundesgerichtshofes,[1] der sich grundsätzlich für die Pflicht des Aufsichtsrates dazu ausspricht, Ansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder ordnungsgemäß zu prüfen, geltend zu machen und durchzusetzen. Die Pflicht zur Prüfung solcher Ansprüche soll schon bei geringsten Anhaltspunkten, wie etwa dem Hinweis eines Aktionärs, bestehen. Verletzt der Aufsichtsrat diese Pflichten, so ist er selbst der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet. Diese Entscheidung führte dazu, dass das vielfach übliche Untätig bleiben des Aufsichtsrates aus Gefälligkeit oder Wohlwollen gegenüber den Vorstandsmitgliedern nicht länger folgenlos bleibt.
Anmerkungen
BGHZ 135, 244.
1. Kapitel Begriffsbestimmungen Compliance: Bedeutung und Notwendigkeit › III. Haftungsrisiken von Unternehmen und Management › 2. Gesteigerte Verantwortung des Managements für seine Mitarbeiter
2. Gesteigerte Verantwortung des Managements für seine Mitarbeiter
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Mitglieder des Managements haben nicht nur eigene Pflichtverletzungen zu vermeiden, sondern auch für das pflichtgemäße Verhalten der Mitarbeiter Sorge zu tragen.