Im goldenen Käfig. Aicha Laoula

Im goldenen Käfig - Aicha Laoula


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muss doch nicht dieses Zeug trinken, nur um euch nicht zu vergessen. Ich bitte dich, Mama Tamo, ich verspreche dir, alles dafür zu tun, dass Bilal euch immer besuchen kommt und regelmäßig Geld schickt, aber ich bitte dich, lass mich das nicht trinken.« Ich kam nicht gegen sie an. Sie drohte mir, sich an mir zu rächen, wenn ich nicht gehorchte. Ich schloss die Augen, hielt mir die Nase zu und trank diese Schweinerei in einem Zug aus. Ich glaubte sterben zu müssen, wenn ich nur daran dachte, den Dreck von dieser Person getrunken zu haben, die ich in diesem Moment so sehr hasste. Meine Schwägerin Soubida sah mich mit angeekeltem Gesichtsausdruck an. Ich drehte mich um und wollte mich übergeben, doch die Schwiegermutter packte mich am Arm und hielt mich zurück. »Wage es nicht, dich zu übergeben! Behalte es drinnen, damit es wirken kann!« »Verdammt! Es geht mir schlecht! Welche Wirkung willst du denn noch?« »Sprich nicht in diesem Ton mit mir! Oder hast du vergessen, wer ich bin?« Sie hielt sich für eine Heilige mit magischen Kräften, die sie von ihren Vorfahren geerbt hatte. Meiner Meinung nach war sie das Gegenteil, eine psychisch kranke Frau, doch niemand unterstützte mich in dieser Annahme. Ich konnte mit niemandem darüber sprechen. Mit wem denn? Mit ihren Kindern, die genauso verrückt waren wie sie? Mit ihren Nachbarn, die sie um jeden Preis mieden? Inzwischen war Bilal zurückgekehrt, und sie bot auch ihm ihren verzauberten Kaffee an. Ich konnte ihn nicht davon abhalten, ich musste schweigen, während ich mir den Bauch hielt vor Krämpfen und mit der Übelkeit kämpfte, es ging mir so schlecht, ich hätte tot umfallen können. Bilal setzte sich auf die Schwelle vor der Eingangstür in die Kühle des Abends, dort wo ich saß, während meine Schwiegermutter überwachte, dass ich mich nicht übergab. Er fragte mich: »Was hast du? Geht es dir nicht gut?« Ich sah weg und sagte: »Ich glaube, ich habe etwas gegessen, das ich nicht gut vertrage.« Seine Mutter presste ein falsches Lächeln heraus und ermutigte ihren Sohn, den Kaffee zu trinken. Nachdem er einen Schluck probiert hatte, spuckte er ihn auf den Boden. »Pfui Teufel! Weißt du nicht mehr, wie man Kaffee kocht, Mama?« Er ging in die Küche und sagte: »Ich mache mir einen neuen.« »Nein! Wir haben ihn alle getrunken und keiner hat sich beschwert. Trink! Ich mache dir später einen anderen.« Lügnerin. Ich war die Einzige, die ihn getrunken hatte und er sollte den Rest trinken. Er goss ihn ins Waschbecken und machte sich einen neuen. Ihr ging es schlecht, da ihr Plan nicht aufgegangen war, und das, wo sie doch dem Magier eine große Menge Geld gezahlt hatte. Die Leidtragende war jedoch ich, da ich ihre Schweinerei in meinem Magen ertragen musste. Seltsamerweise rief Kaffee bei mir ab diesem Tag des Öfteren Panikattacken hervor. Bis heute.

      Gott sei Dank waren die 30 Tage des Urlaubs in der Hölle endlich vorüber. Wir flogen vom Flughafen in Marrakesch ab. Jedes Mal, wenn ich in Marrakesch war, stiegen in mir die Erinnerungen an meine Zeit als Sklavin hoch, von denen ich noch niemandem etwas erzählt hatte. Selbst Bilal wusste nicht, was ich während meiner Versklavung in der größten Stadt Marokkos erlebt hatte. Meine Schwiegereltern begleiteten uns zum Flughafen, um das letzte Geld, das Bilal noch bei sich hatte, an sich zu nehmen. Bevor wir uns verabschiedeten, zog Bilal seine Brieftasche heraus und gab ihnen alles, bis auf den letzten Cent. Endlich wieder zu Hause in der Schweiz! Das kalte und neblige Land, in dem zu leben ich mir nicht im Geringsten hatte vorstellen können. »Ich? Niemals«, sagte ich zu Onkel Lahcen, als Bilal ihn vor zwei Jahren geschickte hatte, um um meine Hand anzuhalten. Jetzt war dieses Land zu meiner Insel der Zuflucht geworden, mein Rückzugsort von allen Erinnerungen an meine Vergangenheit und den großen Gefahren, die ich bei meiner Schwiegermutter zu bewältigen hatte. Ich liebe Marokko und es wird immer mein Heimatland bleiben, aber ich hatte verstanden, dass ich dort nicht leben konnte, aufgrund der schmerzhaften Erinnerungen an die Vergangenheit.

      Die Schulden

      Nach unserer Rückkehr aus Marokko brachte Bilal schweren Herzens das Geld auf die Bank zurück. Ich wollte die Höhe seiner Schulden wissen, die er auf der Bank hatte, aber er weigerte sich, es mir zu sagen. Als Pina einmal zu mir kam, zog ich eine Kiste voller Unterlagen von Bilal hervor. Mit größter Geduld studierte sie alle Unterlagen, bis wir fanden, wonach ich gesucht hatte. Ich war schockiert, als ich entdeckte, dass Bilal 55.000 Schweizer Franken an Schulden hatte. Mit den im Laufe der Jahre angesammelten Zinsen, mussten wir der Bank bereits mehr als 70.000 Franken zurückzahlen. Es waren die Beträge, für die Bilal das Grundstück gekauft und das Haus gebaut hatte, in dem nun seine Eltern, seine Brüder und Schwestern lebten. Außerdem hatte er seinem Vater Geld geschickt, um einige Hektar Land zu erwerben, das der Vater jedoch auf seinen Namen und nicht auf den Bilals hatte eintragen lassen, während Bilal in gutem Glauben davon ausging, dass sein Vater ihn hatte eintragen lassen.

      Bilal würde die Wahrheit erst später entdecken. Ich hatte diese Wahrheit bereits zwei Jahre zuvor im Hause meiner Schwiegereltern erfahren, doch meine Schwiegermutter drohte mir ernsthaft, falls ich es Bilal erzählen würde.

      Ich legte meinen Kopf verzweifelt in meine Hände, während mich Pina fassungslos anstarrte. Ich fragte mich, wie Bilal glauben konnte, diesen hohen Betrag und die Zinsen jemals zurückzahlen zu können, wenn er doch gerade einmal 2200 Franken im Monat verdiente? Wie würden wir unser Leben finanzieren können, wenn wir anfingen, neben dem monatlichen Unterhalt für Miriam auch noch an die Bank zu bezahlen? Wie könnte man diese Katastrophe seiner gierigen Familie klarmachen, die immer noch mehr Geld von uns wollte? Ich dachte, Bilal würde sich schämen zuzugeben, dass das Geld, das er mit nach Marokko brachte, nicht allein von ihm verdient, sondern hauptsächlich geliehen war.

      Mir wurde klar, dass ich mir eine andere Arbeit suchen musste, um ihm dabei zu helfen, die Schulden abzubezahlen. Eines Tages fragte ich Bilal: »Wie gedenkst du, diesen Schuldenberg, den du angesammelt hast, zurückzuzahlen?« »Woher weißt du, dass ich Berge von Schulden habe?« Ich musste gestehen, dass ich seine Unterlagen durchsucht hatte. »Du brauchst dich nicht in meine Angelegenheiten zu mischen, Aicha, ich habe schon alles geregelt.« »Was hast du geregelt? Oder denkst du, die Banken sind so dumm und geben dir endlose Kredite, die du nicht zurückzahlen musst?« Er antwortete: »Wenn die Banken mir nichts mehr geben oder ich nicht in der Lage bin, alles zu bezahlen, dann organisiere ich meine Zukunft in Marokko und bleibe für immer dort.« Ich sah ihn voller Enttäuschung an. »Was? Du hast vor zu flüchten, ohne deine Schulden zu bezahlen? Nehmen wir einmal an, es wäre so, was wird dann aus deiner Tochter?« »Wenn die erwachsen ist, kann sie zu mir nach Marokko kommen.« »Und wenn sie nichts mehr von dir wissen will, weil du sie im Stich gelassen hast?« »Naja, es ist ihre Entscheidung, ob sie zu mir kommen will oder nicht.« »Es tut mir leid, Bilal, aber ich verstehe dich nicht. Man kann doch nicht sein Kind in einem fremden Land zurücklassen, nur um sich dort unten zu bereichern. Und vor allem, für was, um Himmels willen! Um es Leuten recht zu machen, die nichts von Dankbarkeit verstehen? Damit Miriam dann die Konsequenzen tragen muss, indem sie ihren Vater verliert?« »Ich habe es dir schon einmal gesagt und ich wiederhole es gern, wir werden hier bald weggehen. Im Grunde habe ich mit diesem Geld armen Leuten und meiner Familie geholfen, die es dringend gebraucht haben. Oder siehst du das anders?« Ich war aufgebracht und stimmte ihm keineswegs zu, gleichzeitig tat es mir leid um Bilal, dem ich vor meiner Reise in die Schweiz das Versprechen abgenommen hatte, dass wir nach spätestens zwei Jahren für immer nach Marokko zurückziehen würden. Damals wollte ich überhaupt nicht in die Schweiz kommen, aus Angst vor der Kälte und dem Nebel und davor, mich nicht integrieren zu können. Doch jetzt hatte ich meine Meinung geändert. Nur in der Schweiz fühlte ich mir vor seiner Familie sicher.

      Die Lähmung

      Nach der Rückkehr aus Marokko änderte sich mein glückliches Leben in der Schweiz. Ich war nicht mehr so entspannt und unbeschwert wie zuvor. Die Schulden, die ich vor kurzem entdeckt hatte, belasteten mich und ich beschloss, sie gemeinsam mit Bilal so schnell wie möglich abzubezahlen. Ich hasste diese Schulden und konnte nicht mehr ruhig schlafen, solange sie nicht beglichen waren. Ich musste unbedingt schnell eine Arbeit finden, bei der ich mehr verdienen würde. Auch die Drohungen meiner Schwiegermutter verfolgten mich Tag und Nacht: »Wenn du auch nur ein Wort meinem Sohn gegenüber verlierst, über das, was du hier bei uns erlebt oder gehört hast, dann bringe ich dich um. Und denk nicht einmal dran, ihn zu überzeugen, uns kein Geld mehr zu schicken, versuche es nicht einmal. Der Tag an dem ich davon erfahre, wird dein Ende sein. Hast du das verstanden?« Die Angst und die Drohungen lähmten mich und machten es mir unmöglich,


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