Abitur Deutsch für Dummies. Norbert Berger
Analyse, Ihres argumentierenden oder informierenden Textes methodisch am besten vorgehen, erfahren Sie in Kapitel 19 dieses Buches.
Lesen Sie den Text oder die Materialien zu Ihrer Aufgabe aufmerksam und unbedingt mehrfach durch und markieren Sie ab dem zweiten Lesen mit unterschiedlichen Farbstiften, Textmarkern oder durch Randnotizen wichtige Textstellen!
Die Absicht des Autors, Nuancen der Texte oder zunächst übersehene ironische Wendungen werden Sie vielleicht erst nach mehrmaligem Lesen verstehen.
Von Prüflingen, die bereits schreiben, während Sie noch mit dem Lesen beschäftigt sind, dürfen Sie sich nicht verunsichern lassen, denn durch das sorgfältige und wiederholte Lesen werden Sie später beim Verfassen Ihres Aufsatzes die Zeit (zum Beispiel für nochmaliges Suchen und Nachlesen von Textstellen) sparen.
Arbeitsanweisungen (Operatoren) sollten Sie unterstreichen, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, was genau von Ihnen verlangt wird. Eventuell können Sie für sich die Anweisung mit der einleitenden Formel »Ich soll …« umformulieren!
Eine Stoffsammlung und Gliederung Ihres späteren Aufsatzes schreiben Sie auf Ihr Konzeptpapier, das Sie nach der Prüfung mit abgeben müssen, aber nicht bewertet wird. Die Gliederung wird manchmal sogar durch eine mehrteilige Aufgabenstellung vorgegeben sein. Auf jeden Fall wird sie Ihnen beim folgenden Ausformulieren der Reinschrift als Stütze dienen und bei Ihrem Zeitmanagement Sicherheit geben.
Zu wichtigen Passagen Ihres eigenen Aufsatzes fertigen Sie am besten einen Entwurf an, der zwar mit abgegeben, aber nur dann mitbewertet wird, wenn die Reinschrift aus Zeitgründen nicht fertiggestellt werden kann. Kennzeichnen Sie in diesem Fall die Teile Ihres Konzepts, die bei der Korrektur noch einbezogen werden sollen! Ein zeitaufwendiges Schreiben eines kompletten Entwurfs Ihres Aufsatzes bringt in der Regel wenig.
Nur in Zweifelsfällen oder bei unbekannten Wörtern benutzen Sie das Wörterbuch, denn ein ständiges Nachschlagen kostet viel Zeit.
Ergänzende Aspekte können Sie noch während der schriftlichen Ausformulierung entdecken und einfügen.
Eine schöpferische Pause sollten Sie sich beim Abfassen Ihres Aufsatzes mindestens einmal gönnen, damit Sie etwas Abstand zu dem Geschriebenen gewinnen und sich nicht »verrennen«! Während dieser Pause können Sie etwas trinken oder essen und dadurch für Energienachschub sorgen. Die Pause empfiehlt sich insbesondere dann, wenn Sie beim Schreiben einen »Blackout« haben und Ihnen momentan nichts mehr einfällt. Denken Sie dann am besten an etwas Anderes wie an den nächsten Urlaub!
Klare und abwechslungsreiche, in der Regel sachliche (Ausnahme ist der Essay) Formulierungen gestalten Ihren Text für den Korrektor verständlich und gefällig.
Formalsprachliche Korrektheit in Satzbau, Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung werden im Fach Deutsch bei der Bewertung Ihres Aufsatzes berücksichtigt.
Zitate aus dem Text müssen Sie mit der Zeilen- oder Versangabe belegen!
Eine leserliche Schrift und Absätze an inhaltlich passenden Stellen erleichtern den Korrektoren die Arbeit. Eine schwer lesbare Schrift und ein optisch nicht strukturierter Aufsatz können sich negativ auf die Stimmung Ihres korrigierenden Lehrers auswirken und zu einer schlechteren Beurteilung Ihrer Arbeit führen.
Sauberes Durchstreichen mit Lineal von Wörtern, Sätzen oder ganzen Abschnitten, die Sie im Nachhinein weglassen möchten, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
Mit hochgestellten Ziffern in Ihrem Text, die am Ende Ihres Aufsatzes wieder auftauchen, können Sie auf saubere Art und Weise notwendige Ergänzungen anfügen.
Das Durchlesen Ihres fertigen Aufsatzes ermöglicht Ihnen, kleinere Veränderungen vorzunehmen und eventuelle Fehler in der Grammatik, im Satzbau, in der Rechtschreibung und Zeichensetzung zu beheben.
Die ersten Abiturienten im Fach Deutsch
Wussten Sie, dass es ein Wegbereiter der Weimarer Klassik sowie Freund Johann Wolfgang von Goethes und Friedrich Schillers war, der 1812 die Inhalte und Prüfungsfächer des Abiturs festlegte? Wilhelm von Humboldt, der damals preußischer Beamter war, sorgte dafür, dass die Abiturienten Aufsätze in lateinischer und deutscher Sprache, Übersetzungen ins Lateinische und Französische und eine Übersetzung aus dem Griechischen ins Deutsche schreiben sowie Aufgaben aus der Mathematik und der Naturlehre lösen mussten. Aber nur etwa ein Prozent der Jugendlichen in Preußen legten damals das Abitur ab. Es waren Söhne des aufstrebenden Bürgertums, die mit einem Abitur studieren und damit dem Militärdienst entgehen konnten. Beim Militär hatten sie keine große Zukunft, da nur Adelige die Offizierslaufbahn einschlagen durften. Zwar gab es in einigen Schulen Preußens ein Abitur bereits seit 1788, aber erst 1834 wurde es als alleinige Voraussetzung für ein Studium eingeführt. Vorher genügte auch ein Empfehlungsschreiben eines Lehrers – man nannte es »Zeugnis der Untüchtigkeit« (denn die »Tüchtigkeit« wurde ja durch das Abitur bestätigt) – und eine mündliche Befragung durch den Dekan der Universität, um dort studieren zu dürfen. Einer der ersten Schüler, der dieses Pflichtabitur bestand, war übrigens Karl Marx mit einem Notenschnitt von 2,40. Die ersten weiblichen Abiturientinnen gab es 1896 am Luisengymnasium in Berlin.
Was Sie nicht mehr können müssen
Vieles, was Sie im Deutschunterricht in den vergangenen Schuljahren gelernt haben und wissen mussten, wird im Deutschabitur nicht mehr verlangt. Tröstlich, oder? Wenn Sie die entsprechenden Kenntnisse aber trotzdem noch besitzen, schadet es natürlich nicht.
Wortarten (Nomen, Adjektiv, Pronomen, Adverb, Präposition, Konjunktion et cetera) und Satzglieder (Subjekt, Präpositionalobjekt, Adverbialien et cetera) müssen Sie nicht mehr bestimmen können.
Arten von Nebensatz (Relativ-, Objekt-, Konsekutiv-, Konzessiv- Finalsatz etc.) müssen Sie nicht mehr bestimmen können.
Merkmale vieler epischer Kurzformen wie Märchen, Fabel, Anekdote und Sage müssen Sie nicht mehr kennen.
Mittelhochdeutsche Texte kommen im Deutschabitur nicht vor. Sie müssen diese nicht mehr lesen und ins Neuhochdeutsche übersetzen.
Die Werbung ist kein Abiturstoff mehr.
Auswendiglernen und betontes Vortragen von Gedichten gehört der schulischen Vergangenheit an.
Schreibformen (früher: Aufsatzarten) wie zum Beispiel Erlebnis- und Phantasieerzählung, Reizwortgeschichte, Bildergeschichte, Brief, Bericht, Vorgangs- und Bildbeschreibung oder Protokoll werden Sie im Abitur nicht mehr verfassen müssen.
Eine Erörterung ohne Materialbasis wird nicht mehr verlangt.
Der sogenannte »Besinnungsaufsatz«, den Abiturienten früher schreiben mussten, ist glücklicherweise seit Langem aus den Lehrplänen verbannt.
Der Besinnungsaufsatz war noch bis in die 1970er Jahre die übliche Prüfungsaufgabe im Deutschabitur. Hier ein paar Themen, mit denen sich Abiturientinnen und Abiturienten früher schriftlich auseinandersetzen mussten:
Die Natur, eine Demütigung und Erhebung für den Menschen (1875)
Ein harter Boden erzieht sein Volk (1887)
Was verstanden die Alten unter einem Helden, was verstehen wir darunter? (1890)
Inwiefern ist Herders Wahlspruch »Licht, Liebe, Leben« der eines jeden tüchtigen Menschen? (1911)
Die Bedeutung des Bauerntums im Dritten Reich (1935)
Welches sind die Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaftsordnung? (1968)
(Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr. 93 vom 23.04.2010)