Das Arrangement. Justin C. Skylark

Das Arrangement - Justin C. Skylark


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Nötige vorbeizubringen. Vielleicht kannst du mir nachher helfen …“

      „Vergiss es!“, fauchte ich. „Es ist Freitag, und wie der Name schon sagt: mein freier Tag.“

      Samt Tüte vom Chinesen lief ich an ihm vorbei, ohne ihm einen Abschiedskuss zu geben, danach verschanzte ich mich in meinen heiligen Räumen unter dem Dach.

      *

      Ich hatte die Wahl: Let’s Dance oder Medical Detectives – ungeklärte Mordfälle und entschied mich für das Letztere. Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt angelangt. Mir war nicht nach einer Show mit lachenden tanzenden Promis, sondern eher nach der bedrückenden Atmosphäre einer Straftat, zu der Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke sein Bestes gab.

      Wieder ertappte ich mich dabei, dass ich mir eine essentielle Frage stellte: Wie konnte man es fertig bringen, einen unbequemen Menschen aus seinem Leben zu verbannen?

      Zugegeben. In meiner Situation gab es da keine legalen Möglichkeiten. Im Grunde genommen war es ja auch meine Schuld, dass es so war, wie es derzeit lief. Immer wieder sagte ich mir, dass ich dennoch ein wirklich kleines Opfer gebracht hatte. Meine Güte, was war schon ein Tag in der Woche?

      Wir wohnten in einem Wendehammer, das hieß, in unserer Straße war Endstation.

      Gegenüber dem Haus gab es eine Handvoll Nachbarn und hinter dem Garten begann der Wald. Es war ruhig, vor allem nachts.

      Obwohl Robert nicht seinen BMW fuhr, hörte ich, dass ein Wagen, mit größter Wahrscheinlichkeit ein Taxi, vor dem Haus hielt. Sofort sah ich auf den beleuchteten Wecker. Es war gerade mal 1 Uhr.

      Das ein oder andere Mal war ich bereits eingenickt gewesen und die Müdigkeit zerrte an mir, trotzdem raffte ich mich auf, öffnete die Tür und lauschte.

      Wenn Robert jetzt schon nach Hause kam, hatte das nur eins zu bedeuten: Er hatte mit François in dessen Geburtstag reingefeiert, mit den Leuten im Club angestoßen und dann entschieden, heimzufahren, um mit dem Geburtstagskind ungestört zu sein.

      Ich hörte seinen humpelnden Gang, schneller als sonst. Er nahm die Stufen ins Untergeschoss. Vermutlich wollte er dort sein, bevor François ebenfalls seine Wohnung betrat.

      Das Geschenk, der Hund, würde wohl in den nächsten Minuten ihre vollständige Aufmerksamkeit erlangen … Und danach?

      Daran wollte ich nicht denken.

      Ich knallte die Tür zu und legte mich wieder ins Bett.

      *

      Robert kam am nächsten Morgen eine geschlagene Stunde später die Treppe hinaufgehumpelt. So begann der Tag, an dem sich einiges ändern sollte. Aber das wusste ich zu der frühen Tageszeit noch nicht.

      Es war 10 Uhr. Seit 60 Minuten saß ich am Frühstückstisch und wartete.

      Kaum trafen sich unsere Blicke, lächelte er verschmitzt. „Es tut mir leid, Nielo, aber der Hund …“ Amüsiert schüttelte er den Kopf. „Der ist so ein Wirbelwind.“

      „Guten Morgen!“, antwortete ich provokativ, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.

      Er verstand den Wink. Das eine Bein nachziehend kam er auf mich zu und küsste meine Stirn. „Bin gleich bei dir.“

      Ohne weitere Worte verschwand er in der ersten Etage im Badezimmer.

      Ich konnte mir vorstellen, dass er liebend gern vom vergangenen Abend reden würde. Von der Überraschung, dem Hund und François, der ein viertel Jahrhundert alt geworden war. Aber ich wollte das nicht hören. Es interessierte mich nicht.

      Wann begriff er es endlich?

      Er riss sich zusammen. Mir zuliebe. Während des Frühstücks erwähnte er den vergangenen Tag nicht mehr. Stattdessen tätschelte er meine Hand und zwinkerte mir zu, wann immer sich eine Möglichkeit ergab.

      Später gingen wir spazieren, vielmehr versuchten wird das, denn Robert kam nur langsam voran. Aber der Arzt hatte ihm inzwischen geraten, nicht ständig auf dem Sofa zu liegen, sondern sich etwas zu bewegen, damit die Muskeln und Sehnen nicht verkümmerten, er sich keine Thrombose einfing oder Schlimmeres.

      Robert war mit seinen 45 Jahren weit entfernt von der Tatsache, alt zu sein, aber er hatte auch einschneidende Lebensabschnitte hinter sich gebracht. Er rauchte und trank regelmäßig. Zudem zählte er zu den nachtaktiven Menschen. Die waren ohnehin anfälliger.

      Auf der erstbesten Bank nahmen wir Platz. Er verschnaufte und steckte sich eine Zigarette an.

      Sein Handy gab wiederholt ein Geräusch von sich. Ich ging davon aus, dass es Leute aus dem Club waren, die irgendetwas von ihm wollten. Vermutlich drehte es sich um die Party am Abend, aber er ignorierte das. Zumindest für ein paar Stunden.

      „Was hältst du davon, wenn wir mal wieder nach Dubai fliegen?“ Er hielt kurz inne und zeigte auf seinen Fuß. „Also, wenn alles wieder okay ist.“

      „Nur wir beide?“, hakte ich nach. Er nickte.

      Seine Frage machte mich platt, denn in Dubai hatten wir unsere Flitterwochen verbracht. Dass er mit diesem Vorschlag kam, bedeutet, dass er mir klarmachen wollte, dass ich noch immer der Mann seines Lebens war. Er sprach es in diesem Moment nicht aus, aber ich las es in seinen Augen. Er liebte mich. Er wollte mich glücklich wissen und nicht verlieren.

      Jedoch steckte er in einer Zwickmühle und konnte sich daraus nicht befreien.

      Trotzdem vergaß er nicht, dass er mir geschworen hatte, bei mir zu sein, mich zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod uns scheidet. Und ich liebte ihn, andernfalls hätte ich nicht mit ihm hier gesessen. Ansonsten hätte ich den „Klotz an seinem Bein“ nicht akzeptiert.

      „Urlaub wäre toll“, sagte ich und zwinkerte ihm zu. Er schmunzelte und drückte die Zigarette aus. Nachfolgend fasste er mit einer Hand an meinen Hinterkopf und zog mich zu sich heran. Wir küssten uns mit Hingabe.

      Nein, die Leidenschaft zwischen uns war nicht erloschen. Obwohl ich in der Vergangenheit manchmal daran gezweifelt hatte, wusste jeder von uns, dass wir füreinander bestimmt waren.

      Es war wichtig, dass er es mir an jenem Tag verdeutlichte, denn ohne diese Tatsache hätte ich die folgenden Stunden wohl nicht überstanden.

      Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir das jedoch noch nicht …

      *

      „Ja, dann gehe ich jetzt.“ Robert lächelte charmant, aber er zögerte auch. Er wusste, dass ich weder von der Party noch von der Tatsache, dass er daran teilnehmen würde, begeistert war. Ich hatte ihm ein paar Stunden für die Feier mit seinem Flittchen gewährt. Das war großzügig, wie ich fand. Es war also nicht verkehrt, dass er auch Demut zeigte.

      Er umfasste meinen Kopf und drückte einen Kuss auf meinen Haaransatz. „Vielen Dank nochmal und bis nachher.“

      „Ja, bis später!“

      Robert humpelte davon. Es war früher Nachmittag und ein Taxi stand vor dem Haus. Bevor das Geburtstagskind in den Club kam, sollte alles perfekt vorbereitet sein. Er ließ es sich also nicht nehmen, rechtzeitig loszufahren.

      Ich schloss die Tür und atmete tief durch. Diesen Tag würde ich schon irgendwie überstehen. Nur ein paar Stunden, bis Robert wieder bei mir war. Es stellte sich sogar ein wenig Schadenfreude ein, denn er würde die Nacht in meinem Bett liegen und nicht bei ihm.

      Zudem war Wochenende. Zeit, um sich etwas zu gönnen, um es sich gutgehen zu lassen. Kurzentschlossen zückte ich mein Handy. Nichts sprach dagegen, sich mal mit Freunden zu treffen, um die Zeit rumzubekommen. Ich kannte mich. Würde ich allein im Haus zurückbleiben, würde ich mich wohl pausenlos fragen, wie es auf der Party herging.

      Jürgen, ja, den hatte ich lange nicht mehr gesehen. Spontan rief ich ihn an.

      „Lust auf einen Kaffee in der Innenstadt?“, fragte ich ihn, während ich durch das Wohnzimmer schlich.

      „Ja, heute passt es. Wo wollen


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