Das Arrangement. Justin C. Skylark

Das Arrangement - Justin C. Skylark


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fragte er schließlich, während sich Simon um die Stange rankte wie eine Schlange.

      Ja, der Tänzer war nicht übel, aber deswegen musste ich mich noch längst nicht zu einem Dialog bequemen. Ich zückte mein Handy und filmte die Darbietung.

      „Robert wird es sich zu Hause ansehen und eine Entscheidung treffen.“

      „Okay.“ François sagte nichts weiter. Nach fünf Minuten gab ich dem Mann hinter der Musikanlage ein Zeichen und die Musik verstummte. Simon kam mit flinken Schritten auf uns zu. Ich nickte.

      „Kannst dich anziehen. Der Boss meldet sich bei dir.“

      „Vielen Dank“, gab Simon zurück, langte nach seiner Kleidung und streifte sie über.

      Für mich war die Sache gelaufen.

      „Ja, dann schönen Tag noch!“, gab ich von mir, ohne die Männer anzusehen. Ich drehte mich um und ging.

      „Warte, Nielo!“, ertönte François’ Stimme hinter mir. Unweigerlich blieb ich stehen. Was wollte er noch? Konnte er mich nicht in Ruhe lassen? Ich drehte mich nur ansatzweise zu ihm um. „Was?“

      „Du bist natürlich eingeladen zu meiner Party am Samstag“, sagte er. „Du kommst doch, oder?“

      „Warum sollte ich?“, erwiderte ich. Einen abwertenden Blick konnte ich mir nicht verkneifen.

      „Ja, also, ich dachte …“

      „Ich muss los“, zischte ich und drehte mich wieder um.

      Auf dem Nachhauseweg wurde mir nicht zum ersten Mal bewusst, was für ein Arsch ich war.

      Normalerweise hatte ich keine Probleme mit meinen Mitmenschen, aber François ließ ich spüren, wie sehr mir seine Person gegen den Strich ging.

      Vermutlich war es höflich von ihm, mich zu seiner Party einzuladen. Was war dagegen einzuwenden? Eigentlich war es ein netter Schachzug, mich dorthin zu bitten. Er hätte es auch sein lassen können, um mehr Zeit mit Robert zu haben.

      Doch ich konnte meinen inneren Schweinehund einfach nicht überwinden. Wir hatten Regeln aufgestellt, oder nicht? Unbedingt wollte ich mich daran halten. Und ja, ich hatte Angst, dass alles aus den Rudern laufen und ich die Kontrolle verlieren würde. Das durfte auf keinen Fall geschehen.

      Ich hatte nicht vor, zur Party zu gehen.

      Wir hatten die Abmachung und ich hielt mich daran.

      Zu Hause präsentierte ich Robert die Mappe sowie das Tanzvideo. Er sah sich beides hoch interessiert an. „Super, Nielo“, lobte er mich. „Das hast du super gemacht.“ Er war absolut in seinem Metier. „Und einen farbigen Tänzer wollte ich schon immer haben. Ich werde ihm eine Zusage erteilen.“ Schon langte er nach dem Laptop, um dem Bewerber eine E-Mail zu schreiben.

      Mich zog es derweilen in die Küche, wo ich mir einen Kaffee holte und darüber grübelte, was es zum Abendessen geben sollte.

      „Und sonst?“, hakte Robert nach, ohne den Blick vom Laptop abzuwenden. „Was hat François gesagt?“

      „Er fand ihn wohl auch passend“, erwiderte ich knapp.

      „Sonst nichts?“

      Kurz wartete ich ab, bis der Vollautomat zu rauschen aufhörte. „Er hat mich zur Party eingeladen, aber ich habe abgelehnt.“

      „Nielo …“ Nun sah Robert auf und blickte mich über die Lesebrille hinweg an, als hätte ich etwas ausgefressen.

      „Was?“, tönte ich daraufhin. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich euch dort beim Händchenhalten zusehe.“

      „Du weißt genau, dass wir das nicht öffentlich machen.“

      Nein, nicht öffentlich … Lieber im Büro hinter geschlossener Tür, während sich die anderen ohnehin denken können, was abgeht, dachte ich bei mir. Eine kurze Stille entstand.

      Robert räusperte sich plötzlich und nahm die Brille ab. „Höre ich aus deinen Worten heraus, dass du es mir doch erlaubst, hinzugehen?“

      Ich antwortete nicht sofort, trank stattdessen einen Schluck Kaffee und sortierte das Chaos in meinem Kopf.

      Um nichts in der Welt wollte ich einbrechen. Ich wollte nicht schwach werden, aber auf der anderen Seite …

      „Was hat der Arzt denn heute gesagt?“, lieferte ich zuerst eine Gegenfrage. Das war taktisch klug. So konnte ich mir etwas Raum für die passende Antwort lassen.

      Robert nickte. „Er war zufrieden. Aber ich soll mich weiter schonen und darf kein Auto fahren.“

      „Na schön …“ Ich stieß mich von der Küchenzeile ab und trat vor ihn ins Wohnzimmer. Das Arschloch in mir verabschiedete sich für den akuten Entschluss. Ich wollte nicht schwach wirken, sondern Stärke zeigen.

      „Wenn du dir ein Taxi nimmst, kannst du von mir aus für ein paar Stunden auf die Party gehen, aber mehr nicht. Geschlafen wird zu Hause.“

      Die Anspannung fiel sichtbar von ihm ab. „Danke, Nielo.“

      III.

      Der besagte Freitag kam schneller, als mir lieb war. Schon am Morgen wirkte Robert aufgeregt. Er telefonierte mehrfach mit Piet und besprach Details für die Party am nächsten Tag. Ich versuchte, wegzuhören, und brach am Vormittag in die Praxis auf, um mich abzulenken.

      Am späten Nachmittag kam ich nach Hause, nachdem ich mir eine fette Portion beim Chinesen hatte einpacken lassen. Es war ja Freitag. Ich konnte essen, was ich wollte. Zudem wusste ich, dass François auf Kohlenhydrate weitgehend verzichtete; vermutlich der Figur wegen. Also würde es für mich ein Fest werden, einen großen Teller Reis zu essen und genau das zu tun, was ihn angewidert hätte.

      Aber kaum hatte ich die Jacke abgelegt, dachte ich nicht mehr an meinen „freien Abend“ und die Frage, welche Flasche Wein ich köpfen würde.

      Im Eingangsbereich war ein rundes Laufgitter aufgestellt, in dem sich ein brauner Welpe befand.

      Für einen Moment blieb mir der Atem weg. Es stand ganz außer Frage, wer das Tier angeschafft hatte. Von dem Übeltäter fehlte jedoch jede Spur.

      „Robert?“, brüllte ich durchs Haus, ohne das Freilaufgehege mit integriertem Hund aus den Augen zu lassen. Ein neues Haustier. Hätte er mich nicht um Erlaubnis fragen können? Nach dem Tod der Katze hatten wir uns eigentlich dazu durchgerungen, kein weiteres Tier anzuschaffen. Tagsüber waren wir ja meist nicht zu Hause. „Rooobert!“, schrie ich nochmals wie Carmen Geiss. Das tat ich immer, wenn ich zu lange auf eine Reaktion von ihm warten musste.

      „Ja-a?“, erklang es schließlich aus der oberen Etage. Mein Angetrauter erschien auf der Bildfläche, gestützt auf seinen edlen Stock. Er kam nach wie vor langsam in die Gänge, aber immerhin schaffte er es ohne Unterstützung die Treppe hinunter.

      „Sag mal, geht’s noch?“, knurrte ich ihn an und zeigte hinter mich. Mehr sagte ich nicht, denn er wusste sofort, was ich meinte.

      Zu meinem Erstaunen kamen keine endlosen Erklärungen. Während er die Treppe mit Bedacht nach unten nahm, zwinkerte er mir beruhigend zu.

      „Keine Angst“, meinte er. „Der ist nicht für dich, sondern für François.“

      Na großartig! Zugegeben: Ich wusste nicht, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein sollte.

      „Und was soll der hier?“

      Robert nahm die letzten Stufen, stützte sich ab und verschnaufte. Er war bereits in Schale geschmissen, trug einen dunklen Anzug mit roséfarbener Fliege.

      „Wenn François nachher in den Club fährt, bringe ich den Hund nach unten in seine Wohnung. Wenn wir dann nach Mitternacht nach Hause kommen, wird es eine Überraschung werden. Es ist sein Geburtstagsgeschenk.“

      „Ein Hund?“, fragte ich voller Skepsis.

      „Ein


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