Tausche Ehegatten gegen Mann im Kilt. Pia Guttenson

Tausche Ehegatten gegen Mann im Kilt - Pia Guttenson


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Da dies jedoch nun nicht mehr möglich war, ohne sich lächerlich zu machen, steuerte sie mit Doc im Schlepptau die Tische im Café an. Sie entschied sich für einen Platz direkt am Fenster.

      Unter anderem, um das Mädchen am hinteren Tisch nicht mit Doc zu ängstigen oder zu stören. Außerdem war sie so notfalls rechtzeitig gewarnt, sollte der Griesgram Munro auftauchen. Schließlich wusste der Kerl ja, wo sie abgeblieben war. Dummerweise im Café seiner Mutter.

      Das Mädchen nahm immer noch keinerlei Notiz von ihr. Schon wieder eine Munro. Allem Anschein nach bestand das komplette Dorf nur aus Mitgliedern des Munro Clans. Ihr Blick schweifte die Straße entlang. Schräg gegenüber blickte sie auf das Schild des Pubs, der den Namen The Green Hunter trug. Lou nahm sich vor, ihr Abendessen dort einzunehmen. Der Duft von frischem Kaffee schmeichelte ihrer Nase im selben Moment, in dem Marge Munro bereits die bestellten Köstlichkeiten auf einem Tablett servierte. Plötzlich drang ein seltsames Gebrüll oder viel mehr die Anreihung seltsamer unartikulierter Laute an ihre Ohren.

      Marge schien dies nicht zu erschrecken.

      Ganz im Gegenteil zu ihr. Um ein Haar wäre ihr vor Schreck die Tasse aus den Händen gefallen. Völlig perplex sah Lou der Frau nach, die gestikulierend auf das Mädchen zueilte, welches zornig weinend Papier samt Stifte durch die Luft warf. Die Kleine antwortete ebenfalls wild gestikulierend, wedelte mit den Händen in der Luft. Entschuldigend mit der Schulter zuckend, wandte sich Marge zu Lou um:

      »Es tut mir leid, Lass. Sie ist sonst nicht so. Aber die Kleine, sie ist meine Enkelin, hat eine kniffelige Hausaufgabe zu bewältigen. Kriegt dieses dumme Tier einfach nicht gemalt«, versuchte sie zu erklären, während Lou beide nur verständnislos anstarrte. Marge Munro deutete Lous Blick richtig.

      »Ach, ich vergesse es immer wieder. Grace ist gehörlos. Deshalb klingt ihre Sprache so seltsam.«

      »Vielleicht …«, hob Lou an. Verstummte dann aber. Auf einmal wusste sie nicht mehr, was sie sagen sollte. Grace. Das war eine seltsame Fügung. Lous zweiter Name war ebenfalls Grace. Ein seltsames Gefühl machte sich in ihr breit. Berührte ihr Herz. Grace.

      »Sie können nicht etwa einen Elefanten malen oder, Lass? Ich kann es nämlich, Gott bewahre, leider nicht«, hakte Marge hoffnungsvoll nach.

      Lou erhob sich und ging ohne zu zögern, auf den Tisch der beiden zu. Doc folgte ihr wie immer auf den Fersen. Der große Hund legte dann, als wäre es das Natürlichste der Welt, seinen Riesenschädel mitten auf den Schoß des weinenden Mädchens. Dieses verstummte vor Überraschung augenblicklich. Zögerlich strichen die zarten Finger über Docs Kopf.

      Aufmunternd leckte der Hund dem Mädchen die Hand.

      »Einen tollen Kerl haben Sie da, Lass. So schnell bekommt sie höchstens ihr Vater ruhig. Nicht wahr Gracy«, sagte Marge und wuschelte der Kleinen liebevoll durchs Haar.

      Lou erwiderte Graces Lächeln, ging vor ihr in die Hocke, um ihr auf gleicher Augenhöhe zu begegnen.

      »Darf ich?«, formte Lou besonders deutlich mit den Lippen. Marge klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. Das Mädchen schob ihr ein Blatt Papier sowie einen angebissenen Holzstift entgegen. Lou lächelte. Das tat sie selbst heute noch. Holzstifte am Ende annagen, wenn sie sich konzentrieren musste oder überlegte.

      An Marge gewandt erklärte sie ihr Tun. »Ich kann leider keine Gebärdensprache. Aber es genügt, wenn mir Grace einfach nur zusieht. Es gibt für Kinder einen ganz einfachen Trick, Tiere aller Arten zu zeichnen. Die Tiere bestehen aus Kreisen, Ovalen, Quadern oder Dreiecken, die man einfach geschickt miteinander verbinden muss. Dann radiert man die Behelfslinien einfach weg«, erläuterte Lou ihr Tun.

      Geübt begann sie mit einem großen Kreis. Ermutigend gab sie Grace zu verstehen, dass sie es ihr nachmachen sollte. Bald schon erarbeiteten sie sich so in einträchtigem Schweigen einen stattlichen Elefanten. Marge brachte ihr ihren Kaffee und das Essen an den Tisch des Mädchens. So konnte Lou nebenher essen, wenn Grace ihren Schritt zeichnete. Nachdem der Elefant fertig war, machten sie bei diversen anderen Tieren weiter, da es ihnen beiden Spaß bereitete. Lou konnte sich nicht erinnern, wann sie sich zuletzt so glücklich gefühlt hatte wie just in diesem Moment mit Grace.

      »Sie haben ein gutes Händchen mit Kindern, Lass.«

      »Dankeschön, Mrs. Munro. Nennen Sie mich ruhig Lou«, antwortete sie verlegen. Marge Munro lachte fröhlich.

      »Lass, ist ein Kosename für Mädchen. Aber Lou ist auch ein schöner Name. Ist es die Abkürzung von Louisa?«

      Lou lächelte zurück, schüttelte verneinend den Kopf.

      »Leider nein. Es kommt von Louise.«

      Marge winkte ab. »Aye. Ich verstehe. Aber so schlimm ist der Name gar nicht. Nenn mich doch bitte einfach nur Marge. Sei mir nicht böse, Lou. Aber was deine Haare angeht …«, sie schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Ist das die neuste Mode? Es sieht nicht wirklich ansprechend aus, fürchte ich, meine Liebe«, sagte sie.

      Lou schossen die Tränen in die Augen. Ratlos zuckte sie mit der Schulter. »Ich hatte gehofft, es gäbe einen Friseur …«, presste sie bedrückt hervor.

      Marge winkte ab.

      »Leider nicht, Lou. Aber ein Grund zum Weinen ist es nun auch nicht. Keine Bange, wir finden eine Lösung. Ich bin überzeugt!« Marge war ihr sympathisch. Zu sehr erinnerte die mollige kleine Frau Lou an das, was ihr fehlte.

       O Mama. Jetzt könnte ich dich wirklich brauchen!

      Die Kleine hingegen war einfach nur süß. Wie konnte so ein Griesgram wie Alasdair Munro so eine liebenswürdige Mutter sein Eigen nennen. Wie um alles in der Welt war er außerdem zu so einer entzückenden Tochter gekommen? Und wo um Himmels willen war die Mutter?

      Warum musste ausgerechnet ihm so etwas passieren. Eine Frau anstelle eines Mannes. Daingead cac! Eine Frau, die ihren ganzen Hausstand samt Ziegeln mit dabei hatte. Dieses elendige Frauenzimmer. Er hätte es besser wissen müssen. Schließlich fuhr er seit etlichen Jahren Touristen aus aller Herren Länder, meist waren es Frauen zu den Sehenswürdigkeiten seiner Heimat. In Scharen kamen die Frauen auf der Suche nach den berühmten Romanhelden, und seit die Highland-Saga Outlander verfilmt worden war, kamen noch mehr. Was einerseits gut war, denn es brachte mehr Ein-nahmen. Andererseits hatten diese Touristen aberwitzige Vorstellungen vom Schotten an sich. Diese reichten von muskulös und ständig Kilt tragend, bis zum mit nacktem Oberkörper Touristinnen rettenden Helden. Diverse Whiskymarken hatten sich dies für ihre Werbung längst zunutze gemacht.

      Alasdair persönlich konnte den Namen Jamie nicht mehr hören. Zum wiederholten Mal fragte er sich, wieso seine Mieterin nicht einfach auch eine dieser Serienkulissen-Rundreisen mitgemacht hatte, anstatt ihm auf die Nerven zu gehen. Augenscheinlich war sie ja keinen deut besser, suchte ebenfalls nach dem angeblichen Aushängeschild der Schotten. Zumindest wenn er ihre Blicke ihm gegenüber richtig deutete. Eine lebendig gewordene Barbiepuppe. Der größte Teil von Louise Schulzinger erinnerte ihn jedenfalls genau daran. Ärgerlich hielt er das alte Fahrrad umklammert. Verflucht, sein Schienbein würde höchstwahrscheinlich am nächsten Tag in wunderbaren Blautönen erstrahlen.

      Eigentlich war es ihm nicht um den rostigen Drahtesel gegangen. Wenn Alasdair ehrlich zu sich selbst war, hatte ihn ihr Anblick eiskalt erwischt, sogar regelrecht schockiert. Die platinblonden Haare vom Vortag waren einem hellbraunen Haarschopf mit einer katastrophalen Frisur gewichen. Einer schrecklichen Mischung aus Tina Turner für Arme, gepaart mit einem Hochlandrind. Louise Schulzinger hatte nicht ein bisschen Ähnlichkeit mit seiner Exfrau, dennoch hatte er im ersten Moment gedacht, Felicitas auf seinem alten klapprigen Fahrrad zu sehen. Ja, verdammt. Es hatte den Überresten seines Herzens einen fiesen kleinen Stich versetzt, die fremde Frau so zu sehen. Jetzt war diese zu allem Übel auch noch in seinem eigenen Café verschwunden.

      Marge würde ihn umbringen, wenn sie erfuhr, wie er mit der Deutschen umgesprungen war. Was um alles in der Welt brachte ihn an dieser Frau so derart dazu, die Fassung zu verlieren. Sie war noch nicht einmal ansatzweise der Frauentyp, aus dem er sich etwas machte. Missmutig schob Alasdair das Fahrrad über die Straße und lehnte es gegen die Hausmauer des


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