Tausche Ehegatten gegen Mann im Kilt. Pia Guttenson

Tausche Ehegatten gegen Mann im Kilt - Pia Guttenson


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und Ihre Frau Mutter ist auch schon etwas besorgt.«

      »Danke, Frau Butt. Entschuldigen Sie uns bitte. Sagen Sie ihnen einfach, meine Frau ist unpässlich und ich würde mich um sie kümmern. Ach und sagen Sie meiner Mutter, ich melde mich nachher bei ihr. Die Gäste sollen doch bitte mit dem Essen beginnen«, erklärte er mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zuließ. Frau Butt nickte verständnisvoll und entfernte sich mit eilenden Schritten.

      Alexander atmete tief durch, strich über den Brief.

      O Gott, seine Mutter hatte ihm gerade noch gefehlt. Sie würde kein gutes Haar an Louise lassen, wenn sie von diesem Schlamassel erfuhr. Müde fuhr er sich durch die Haare. Atmete tief ein und aus. Schließlich öffnete er den Brief mit unruhig pochendem Herzen.

       Lieber Alexander,

       wenn du diesen Brief liest, bin ich bereits abgereist. Ich kann so nicht mehr weiter machen! Ich weiß nicht, wie oft ich in letzter Zeit versucht habe, dir zu erklären, wie ich mich fühle. Für dich bin ich normal, allgegenwärtig geworden. Du hast mich zu einer künstlichen Trophäe gemacht. Eine blonde Barbie, die man vorzeigen kann.

       Das bin nicht ich! Zweiundzwanzig Jahre Ehe und du verstehst mich immer noch nicht ein bisschen. Ich will dein Geld nicht! Ich will den Mann wieder, der mich zum Lachen gebracht hat. Den Mann, mit dem ich nächtelang geredet und die Nacht zum Tag gemacht habe. Ich will Liebe und Sex. Keinen Bürohengst, der sich hinter seiner Arbeit verschanzt und mich übersieht. Ich werde für zwei Monate in Schottland sein. Versuch nicht, mich anzurufen oder zu finden. Wenn ich mir im Klaren bin, wie es mit uns weiter gehen soll, melde ich mich von selbst bei dir.

       Lou

       P.S.: Ich bin weder verrückt geworden noch leide ich an einer Midlife-Crisis!

      Jähzorn breitete sich in Alexander aus. So fest er konnte, zerknüllte er Louises Brief in seiner Hand. Natürlich war er wieder einmal der Böse. Der Schwarze Peter. Er, der vom frühen Morgen bis zum späten Abend arbeitete wie ein Verrückter. Sich für das Wohl seiner Familie abrackerte.

      Wie von der Tarantel gestochen, schoss er in die Höhe, warf die Papierkugel in den Abfall. Das konnte sie nicht machen. Nicht mit ihm! Hektisch suchte er nach der Visitenkarte der Detektei, deren Dienste er ab und an für die Firma in Anspruch nahm, um säumige Kunden zu finden.

      Das Ersatz IPhone am Ohr eilte er schließlich im Stechschritt in das Penthouse nach oben. Er stürmte durch die Eingangstür auf direktem Weg in das Schlafzimmer seiner Frau.

      »Ist da die Detektei Osanowic? Alexander Schulzinger am Apparat. Ich benötige Ihre Hilfe. Ich möchte Sie beauftragen, meine Frau zu finden!«, bellte er lautstark in den Hörer.

      Eine halbe Stunde später war er um einige Tausend Euro leichter. Die Detektei hatte bereits alles in die Wege geleitet, um Louise zu finden. Seine Augen schweiften durch das großzügige Zimmer. Mit einem Blick stellte er fest, dass der Korb ihres Köters ebenso fehlte, wie Toilettenartikel, Jeans und die ganzen Utensilien, die Louise zum Malen benötigte. Erschöpft sank er auf ihr Bett, vergrub die Nase tief einatmend in ihrem Kopfkissen. Wie hatte es nur soweit kommen können mit ihnen beiden?

      Ja. Ja, es stimmte. Immer wieder hatte sie versucht, mit ihm zu reden. Und ja, er hatte mit der Firma sehr viel um die Ohren. Aber es ging ihr doch gut. Sie hatte Personal, Fitnesstrainer, Wellness- und Kosmetik-Termine, Freundinnen und Kleider von allen begehrten Designern. Allein Louises Schmuck war ein Vermögen wert. War denn das nicht das, was alle Frauen wollten?

      Herrgott, sie waren doch keine zerrüttete Familie. Wieso also hätte er ihrem Wunsch nach einer Eheberatung nachkommen sollen? Warf Louise allen Ernstes zweiundzwanzig Jahre Ehe einfach weg? Was um Himmelswillen sollte er seinen Söhnen sagen? Himmel und wie sollte er das seiner Mutter erklären? Er konnte bereits ihr »Was hab ich dir immer über diese Frau gesagt?« hören. Hatte Louise womöglich einen Liebhaber? Ihr Personal-Fitnesstrainer konnte es nicht sein, denn der war eine Frau. Ein ziemlich heißer Feger, wie er zugeben musste. Es sei denn … Beunruhigt dachte er an Tobias, verwarf den Gedanken jedoch als völlig abstrus. Tief verletzt starrte er auf das Tohuwabohu, das er angerichtet hatte.

Spacer

      Ein Cottage im Nirgendwo

       Schottland

      Wärmendes, helles Licht in ihrem Gesicht sorgte dafür, dass Lou langsam aus einem traumlosen Schlaf erwachte. Verschlafen rieb sie sich die Augen, nur um im nächsten Moment Docs nasse Zunge abwehren zu müssen, die mehrere Versuche wagte, sie abzulecken.

      »Pfui, Doc. Aus. Nein, lass dass, böser Junge!«, schimpfte sie entrüstet, während der Hund sie aus treuen Augen schwanzwedelnd betrachtete. »Schon lange nicht mehr gesehen was«, raunte sie besänftigt, denn wer konnte bei so einem Hundeblick schon lange böse sein. Im nächsten Moment fand sie sich unter ihrem Hundemonster wieder, das voller Freude mitten auf ihren Bauch gesprungen war.

      »Aua. O verflixt … geh runter. Ab Doc. Ich kriege keine Luft mehr, du verrücktes Vieh!«, stieß sie unter Lachen aus. Mühsam setzte sie sich auf.

      Durch die große Fensterfront strahlte die Sonne sie an. Entzückt beobachtete sie zwei Eichhörnchen, die direkt vor der Scheibe spielten, ohne sich von ihr stören zu lassen. Gebannt verfolgte sie die Idylle, die Hände kraulend in Docs drahtigem Fell versenkt. Vom gestrigen Regen waren lediglich kleine Pfützen übrig geblieben, die Sonne hatte den Rest bereits getrocknet.

      Wenn sie den Kopf ein bisschen nach vorne reckte, konnte sie einen Blick auf blauen Himmel erhaschen, an dem weiße Schäfchenwolken prangten. Ein winziges Glücksgefühl machte sich in ihr breit. Sie hatte es tatsächlich getan. Hatte das, was sie sich seit Jahren vorgenommen hatte, umgesetzt. Ihr ganzes Leben lang hatte sie immer auf alles und jeden Rücksicht genommen. Sie selbst war dabei etliche Male fast untergegangen, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Barfuß tapste sie an das Fenster, zog mit einem Ruck das letzte Stück der Vorhänge auf. Geblendet vom Licht und der Schönheit, die sich ihr bot, verharrte sie an Ort und Stelle.

      »Zauberhaft«, seufzte sie begeistert. Sie war tatsächlich in der romantischen Heimat ihres Romanhelden gelandet.

      »Danke, Frau Gabaldon!«, murmelte Lou glückselig.

      Der gestrige Sturm hatte sich gelegt. Die hohen Kiefern und Tannen in ihrem Garten wiegten ihre Wipfel zum imaginären Takt eines lauen Lüftchens. Staubpartikel tanzten in den Sonnenstrahlen, Vögel zwitscherten. Genauso hatte sie es sich erhofft, jedoch nach dem gestrigen Abend einen Schlammpfuhl im Garten erwartet. Erleichtert stellte sie fest, dass der Rasen mit den vielen bunten Blüten nicht unter dem sintflutartigen Regen gelitten hatte. Obwohl der Herbst bereits weit fortgeschritten war, erinnerte die Pracht ihres Gartens fast an den Frühling. Sie bildete sich gar ein, den Duft dieses Blütenmeeres zu riechen.

      »Na dann sehen wir uns mal an, wo wir gelandet sind, Miss Robinson«, sagte sie zu sich selbst und zwinkerte Doc zu, der ihr mit Begeisterung folgte. Der Boden unter ihren nackten Füßen war kalt, knarrte und ächzte bei jedem ihrer Schritte. Bei Tageslicht versprühten die Möbel des kleinen Wohnzimmers gemütliches Landhausflair. Die Couch war mit einem abgewetzten Cordstoff überzogen, Gleiches traf auf den altertümlich wirkenden Ohrensessel zu. Verblichene Blümchenkissen, deren Muster sich in der Patchworkdecke wiederholten, unter der sie geschlafen hatte, sorgten für ein bisschen Farbe. Alles war sauber, verströmte einen leichten Weichspülergeruch. Das Mobiliar bestand aus wenigen alten Holzmöbeln, die teilweise sicherlich von Generation zu Generation weitervererbt worden waren. Zumindest sahen sie alt aus, mit ihren gedrechselten Holzelementen sogar fast antik. Bunte, wie es aussah, handgewebte Läufer bedeckten das Holzparkett, welches sein Alter nicht verleugnen konnte. Das Wohnzimmer ging nahtlos in den Essbereich über, in dem ein massiver Tisch mit einer Eckbank sowie zwei Stühlen zum Essen einlud. Wehmütig strich Lou über das Holz, das sich unter ihrer Hand weich und warm anfühlte. Kratzer und etliche Macken erzählten vom regelmäßigen Gebrauch. Sie würde hier vermutlich wenig Zeit verbringen, da ihre Kochkünste so


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