Götterfunken. Sabine Claudia

Götterfunken - Sabine Claudia


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hast dich er­in­nert, nicht wahr«, frag­te sie ihn mit lei­ser Stim­me.

      Er nick­te, oh­ne sie an­zu­se­hen.

      »Ich kann die Lie­be und den Schmerz in dei­nen Augen se­hen. Ich neh­me an, du willst sie wie­der­ha­ben?«

      Do­ri­an wen­de­te ihr sein Ge­sicht zu und sah sie an. »Du hast ge­sagt, es gibt ei­nen Weg.«

      »Den gibt es. Doch ich sag­te auch, dass es ein bit­te­rer Weg ist, oh­ne Wie­der­kehr.«

      »Muss ich da­für ster­ben, um sie in ei­ner an­de­ren Welt wie­der­zu­se­hen?« Er sah sie fra­gend an.

      Die He­xe ge­noss die Über­le­gen­heit ih­res Wis­sens of­fen­sicht­lich. »In ge­wis­ser Wei­se wirst du ster­ben, doch du wirst sie in die­ser Welt wie­der­se­hen.«

      Do­ri­an wur­de nicht schlau aus ih­ren Wor­ten. »Das ver­ste­he ich nicht«, ant­wort­ete er ihr.

      »Ich wer­de es dir er­klä­ren, nach­dem ich mein Gold und das Pferd ha­be.«

      Do­ri­an waren Gold und Pfer­de gleich­gül­tig, er be­saß ge­nug von Bei­den.

      Er zü­gel­te sei­ne Un­ge­duld und sah wie­der aus dem Fens­ter. Den Rest der Fahrt ver­brach­ten sie schwei­gend.

      Als sie beim Guts­hof an­ka­men, lud Do­ri­an die Bur­schen und den Kut­scher ein, sich in der Ge­sin­de­kü­che ver­kös­ti­gen zu las­sen, und sie stimm­ten er­freut zu.

      Er stell­te mit Er­leich­te­rung fest, dass sein Vater auf die Jagd ge­gan­gen war. So konn­te er, oh­ne läs­ti­ge Fra­gen be­ant­wor­ten zu müs­sen, die He­xe in sei­ne Räum­lich­kei­ten brin­gen. Er schick­te ei­ne Magd um Es­sen und Ge­trän­ke.

      Die Frau setz­te sich, trank ei­nen Be­cher Wein auf ei­nen Zug und knab­ber­te an dem kal­ten Wild­bret. Do­ri­an hol­te aus ei­nem Se­kre­tär ei­nen Beu­tel mit Gold­mün­zen und gab ihn ihr.

      Sie wisch­te sich die fet­ti­gen Hän­de an ih­rem Rock ab, warf ei­nen Blick in den Beu­tel und sah ihn mit zu­frie­de­nem Lä­cheln an.

      Do­ri­an klin­gel­te nach ei­nem Die­ner und trug ihm auf, ein Pferd sat­teln zu las­sen. Dann lehn­te er sich be­quem in ei­nen ge­pol­ster­ten Stuhl.

      Die Frau hat­te ihn nicht aus den Augen ge­las­sen.

      »Du bist dran, ich ha­be mei­nen Teil er­füllt. Er­zäh­le mir nun, was ich wis­sen muss.«

      Die He­xe stand auf schritt zum Fens­ter, sah kurz hin­aus und wand­te sich dann zu ihm um. »Ei­ni­ges hast du schon her­aus­ge­fun­den. Ihr habt euch ge­liebt und du bist für sie ge­stor­ben. Die Wäch­ter des Schick­sals waren ge­gen eu­re Ver­bin­dung. Doch die Göt­ter woll­ten, dass ihr ei­ne zwei­te Chan­ce be­kommt, da­rum wur­dest du wie­der­ge­bo­ren.« Sie hielt kurz in­ne, schenk­te sich Wein ein und trank ei­nen Schluck.

      »Heißt das, dass auch sie wie­der­ge­bo­ren wur­de?« Do­ri­an sah sie ge­spannt an.

      Sie lä­chel­te und stell­te ih­ren Be­cher ab. »Nicht ganz. Sie ist noch nicht wie­der auf die­ser Welt. Die Wäch­ter woll­ten euch end­gül­tig ent­zwei­en, und ha­ben ei­ne Zeit­ver­zö­ge­rung ein­ge­fügt, um eu­re er­neu­te Zu­sam­men­kunft zu ver­hin­dern.«

      Ver­blüfft sah Do­ri­an sie an. »Wie soll ich sie dann wie­der­be­kom­men? Wie lan­ge wird es dau­ern, bis sie wie­der­ge­bo­ren wird?«

      Sie sah ihn ernst an. »Ein paar Jahr­zehn­te, ein paar Jahr­hun­der­te, wer weiß das schon.«

      Do­ri­an lehn­te sich zurück. Er schüt­tel­te un­gläu­big den Kopf. »Dann bin ich längst tot«, sag­te er hoff­nungs­los.

      »Es gibt ei­nen Weg, wie ich schon sag­te, doch du musst dir da­rüber klar sein, ob du ihn wirk­lich ge­hen willst.« Ernst sah sie ihn an.

       »Er­klä­re mir wie, dann kann ich ent­schei­den, ob es mir das wert ist«, flüs­ter­te er mit ei­nem schie­fen Lä­cheln.

      »Du wirst zu ei­nem We­sen der Nacht wer­den, zu ei­nem Vam­pir, der sich vom Blut sei­ner Mit­men­schen er­nährt.«

      Er sah sie fas­sungs­los an.

      »Du wirst so lan­ge le­ben, so­lan­ge du Men­schen­blut trinkst. Das ein­zi­ge das dich tö­ten kann, wird ein höl­zer­ner Pfahl sein, den man dir ins Herz stößt.«

      Do­ri­an starr­te sie mit of­fe­nem Mund an. Schließ­lich schluck­te er und frag­te: »Wie soll ich zu ei­nem sol­chen We­sen wer­den?«

      »Du wirst ein Eli­xier trin­ken. Dann wirst du ster­ben müs­sen. Denn dein mensch­li­cher Tod ist die Vor­aus­set­zung da­für, dass du zu ei­nem Vam­pir wirst.«

      Do­ri­an lehn­te sich zurück und blick­te in die Ferne. Er wuss­te nicht, was er ihr sa­gen soll­te, sei­ne Ge­dan­ken wir­bel­ten in sei­nem Kopf.

      Die He­xe be­ob­ach­te­te ihn. Schließ­lich kram­te sie aus dem klei­nen Beu­tel, der an ih­rem Gür­tel hing, ei­ne Phio­le her­vor. Sie trat vor ihn und lä­chel­te wis­send. »Hier, für dich, das Eli­xier. Wäh­le mit Be­dacht. Ich muss ge­hen, be­vor die Scher­gen des Kle­rus ei­nen Grund fin­den, mich doch noch in den Ker­ker zu wer­fen.«

      Er woll­te nicht, dass sie ging, denn in ihm brann­ten so viele Fra­gen.

      Do­ri­an er­griff ih­re Hand mit dem Eli­xier und hielt sie fest. »Wo kann ich dich fin­den, wenn ich Fra­gen ha­be?«

      Sie zuck­te die Ach­seln, ließ die Phio­le in sei­ne Hand glei­ten und be­frei­te sich aus sei­nem Griff. »Ant­wor­ten auf dei­ne Fra­gen, wer­den dir dei­ne Ent­schei­dung nicht ab­neh­men.«

      Sie nahm den Beu­tel mit dem Gold und be­fes­tig­te ihn am Gür­tel. Dann nick­te sie zum Ab­schied und ver­ließ ihn. Er saß lan­ge da und starr­te wie be­täubt auf die klei­ne Phio­le in sei­ner Hand.

      Sie hat­te recht be­hal­ten, nichts war mehr so wie am Tag zu­vor.

      2010, Der Fund

      Das Ge­län­de war groß­räu­mig ab­ge­sperrt wor­den, nach­dem hier am Harz­horn Fun­de ei­ner rö­misch-ger­ma­ni­schen Schlacht aus dem 3. Jahr­hun­dert nach Chris­tus auf­ge­taucht waren. Seit zwei Jah­ren wim­mel­te es von zahl­rei­chen Son­den­gän­gern und Ar­chäo­lo­gen, die sich ab­müh­ten, dem Boden die Ge­heim­nis­se längst ver­gan­ge­ner Zeiten zu ent­lo­cken.

      Se­ve­rin Berg­mann war als Pro­fes­sor für an­ti­ke Schlach­ten der Aus­gra­bungs­lei­ter der Uni Ber­lin auf die­sem Are­al. Er hat­te ein Dut­zend eif­ri­ge Hel­fer, die alle Fun­de kar­to­gra­fier­ten und er­fass­ten. Akri­bisch ver­such­ten sie, die an­ti­ke Schlacht zu re­kons­truie­ren, für die es kei­ne schrift­li­chen Be­le­ge gab.

      Es war ein son­ni­ger April­mor­gen und sie waren schon seit ein paar Stun­den an der Ar­beit. Ver­tieft in sei­ne Auf­zeich­nun­gen, saß Se­ve­rin an sei­nem klei­nen Klapp­tisch als aus dem Wäld­chen hin­ter dem Feld auf­ge­regt ru­fend, ei­ne Grup­pe sei­ner Leu­te her­bei­eil­te. Ro­bert Sachs, ein Kol­le­ge und gu­ter Freund lief auf ihn zu.

      »Se­ve­rin, das musst du dir an­se­hen! Wir sind auf ein Grab oder ei­ne Grot­te, oder was auch immer für Über­res­te ei­nes ver­schüt­te­ten Ge­bäu­des ge­stoßen.«

      Er zog ihn am


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