Götterfunken. Sabine Claudia
Ahrens schon an Ausgrabungen im Irak, dem ehemaligen Sumer teilnehmen durfte, war Mona bisher an keiner Ausgrabungsstätte gewesen.
Sofort fing sie an, Tobias zu überreden, ihn zum Harzhorn begleiten zu dürfen.
Ihre Beziehung war noch ziemlich frisch und er war sehr verliebt in sie, sodass er ihr kaum etwas abschlagen konnte.
Er konnte sein Glück noch gar nicht recht fassen, dass gerade die begehrte Mona mit ihren dunklen Mandelaugen und dem schwarzen Pagenkopf, ihn unter all den Männern, die sie anhimmelten, zum Freund gewählt hatte.
Er war zwar nicht hässlich, doch eher ein Durchschnittstyp, mittelgroß schlaksig, mit einer zu langen Nase unter den braunen Augen, mit der Brille davor, die ihm ein so biederes Aussehen gab, trotz der wilden rotbraunen Locken auf seinem Kopf.
Natürlich überredete sie ihn, sie mitzunehmen.
Ein kleiner Koffer war schnell gepackt und sie zwängten sich in Monas Ford Fiesta, da sie Tobias klapprigem Jeep nicht zutraute, die dreieinhalbstündige Fahrt zum Harzhorn, problemlos zurückzulegen.
Ein wenig steif kamen sie bei der Ausgrabungsstätte an.
Severin begrüßte Tobias mit einer Umarmung, sie hatten sich lange nicht gesehen. Wenn er darüber verwundert war, dass Tobias in Begleitung erschienen war, so ließ er sich das nicht anmerken.
Nachdem sie eine Cola getrunken und ein wenig Small Talk gemacht hatten, brachte Severin Tobias zu der Gruft. Dass Mona sich ihnen ungefragt anschloss, gefiel Severin nicht, doch er sagte nichts.
Die Leute der Gruppe, die das Steingrab entdeckt hatten, begrüßten ihn und Mona nur verhalten. Sie schlossen sich ihnen ebenfalls ungefragt an, und so marschierten sie alle gemeinsam zu dem Fundort.
Tobias betrachtete die Steinquader des Gemäuers und der Stufen. Dann ging er zu dem steinernen Tor und berührte es mit den Fingern. Mona war fasziniert und verschlang jedes Detail mit ihren Augen.
Tobias bat um einen Pinsel mit dem er über die Zeichen strich. Einige der Symbole waren verwittert und kaum noch sichtbar. Das Tor musste uralt sein.
»Es sind eindeutig Symbole aus der altsumerischen Zeit, ca. 2000 vor Christus«, murmelte Tobias, während er konzentriert das Tor untersuchte.
»Genauer gesagt, handelt es sich um Schriftzeichen und Symbole aus der vor-babylonischen Zeit«, ließ sich eine schrille Stimme hinter ihnen vernehmen. Sie fuhren herum und da stand er. Das Genie der antiken Kulturen, der verrückte Professor, Frederik Ahrens.
»Was machen sie denn hier«, entfuhr es Severin.
Der kleine dünne Professor mit dem spärlichen Haupthaar und dem Frettchengesicht, lächelte pikiert und nestelte an seiner Brille.
»Ich dachte, ich hole den besten Experten, als irgendeinen Experten«, meinte Klaus sarkastisch aus dem Hintergrund.
Severin warf ihm einen mörderischen Blick zu und beschloss, dass Klaus nie wieder an einer seiner Ausgrabungen teilnehmen würde.
»Darf ich mal sehen«, drängte Frederik mit affektierter Stimme und schob Tobias ein Stück zur Seite.
Der war an die Art des genialen Professors gewöhnt und machte bereitwillig Platz.
Die Leute aus der Gruppe fingen an, unwillig zu murmeln, doch der Professor brachte sie mit erhobener Hand zum Schweigen.
Er wandte sich mit hochmütigem Gesicht in seinem näselnden Tonfall an Severin. »Würden sie so freundlich sein und all die Menschen hier entfernen. Ich brauche absolute Ruhe bei meiner Arbeit. Danke.«
Severin lag eine saftige Erwiderung auf der Zunge, doch ein Blick auf seinen Freund Tobias der den Kopf schüttelte, ließ ihn stumm bleiben. »Ihr habt es gehört Leute, das Genie braucht Ruhe«, tönte Severin und klatschte in die Hände, während er die Stufen hochstieg.
Murrend schloss sich ihm die Gruppe an und sie kehrten zurück ins Zeltlager. Severin stapfte zu seinem Zelt und kramte eine Flasche Wodka aus seiner Tasche. Er schüttete einen tüchtigen Schluck in einen Pappbecher und kippte ihn in einem Zug runter.
Robert und Susanne waren ihm gefolgt und starrten ihn nun vorwurfsvoll an. »Was? Ich habe nicht Professor Neunmalklug hierherbestellt«, fuhr Severin die beiden an.
Er sah Klaus mit selbstgefälligem Grinsen näher kommen und packte ihn am Arm.
»Du mein Freund machst dich besser unsichtbar, bevor mir dein Gesicht in meine Faust rennt«, zischte er wütend. Klaus befreite sich ängstlich aus Severins Griff und sah zu, dass er aus seinem Blickfeld kam. Das Grinsen war ihm vergangen.
Susanne schenkte sich und Robert etwas von dem Wodka ein. »Und jetzt? Was machen wir jetzt?«, fragte sie zu Severin gewandt.
»Gar nichts machen wir. Der geniale Professor Ahrens ist hier, der bestimmt, wie es weiter geht«, antwortete Severin verärgert.
Tobias und Mona standen noch bei dem Steingrab.
»Du solltest jetzt auch gehen Tobias und nimm deine hübsche Freundin gleich mit«, sagte Professor Ahrens ohne den Blick von dem Tor zu wenden.
»Wenn du mich brauchst, weißt du, wo du mich findest«, meinte Tobias und stieg die Stufen hinauf.
Mona jedoch lief die Treppe in Windeseile hinunter und stellte sich neben den Professor. »Ich bin eine solch glühende Bewunderin ihrer Arbeit, darf ich ihnen zusehen, wenn ich ganz still bin«, säuselte sie verführerisch, hob ihm ihren vollen Busen unter die Nase und sah ihn schmachtend an.
Der Professor sah auf ihre Brüste, dann in ihre Augen und schließlich wieder auf das Tor. »Sie werden ganz gewiss still sein, weil sie nicht hier sein werden und …. Ich hab schon Hübschere gesehen. Tobias, bitte, bring sie weg«, sein Ton war bissig und ungerührt, wie immer.
Mona fauchte wütend und stürmte die Stufen wieder hoch. Während sie in Richtung Lager stapfte, tobte sie lautstark. »Was denkt sich dieses eingebildete Rattengesicht eigentlich?«
»Das hab ich gehört! Schon ist sie in mich verliebt«, tönte die näselnde Stimme des Professors zu ihnen herüber.
»Mona, bitte beruhige dich, er ist nun mal so«, versuchte Tobias, sie zu beschwichtigen. Sie schnaubte zornig und entzog ihm ihren Arm, nach dem er gegriffen hatte. Mona war es gewöhnt, ihren Willen zu bekommen.
Als sie im Lager ankamen,