Rette uns, Elaine!. Inga Kozuruba
sah sie entgeistert an: „Wovon redest du bitte? Er hat sich die Schlacht selbst ausgesucht.“
Ihre Bedenken ließen sich jedoch nicht so leicht zerstreuen: „Und warum hat er sie sich ausgesucht? Ich meine, er war doch ein guter Stratege, nicht wahr? Sonst hätte der Prinz ihm nicht die Leitung der Armee übertragen. Wer hat die Informationen besorgt, mit denen er zu dieser Entscheidung gekommen war?“
Boo stutze: „Willst du damit sagen... nein, das kann nicht sein. Die übrigen Agenten waren alle treu. Agent Mens hätte seinen Arm ins Feuer für sie gelegt. Selbst Arms, das Arschloch, hat uns letztlich geholfen. Gegen Bezahlung, aber trotzdem.“
Elaine schüttelte den Kopf: „Boo, da muss etwas dran sein. Welcher Agent war es? War es vielleicht Corry?“
Boo verlor das Gleichgewicht, fiel nach hinten und knallte mit seinem Rücken gegen die Wand: „Du hast recht... Corry war da selbst unterwegs gewesen... aber sie würde das niemals tun! Sie hätte ihn niemals reingelegt!“
Elaine sah ihm ernst in die Augen: „Corry hätte es nicht getan, das ist richtig.“
Er erwiderte verwirrt den Blick: „Was willst du damit sagen? Dass Corry nicht sie selbst war?“
Elaine schüttelte den Kopf: „Nein. Ich will damit sagen, dass Corry zu dem Zeitpunkt nicht einmal in der Nähe der Kasernen war. Sie war nicht einmal auf der Oberfläche. Boo, sie und Irony sind immer noch Gefangene der Mutter, und das dynamische Duo hier, das sind die Geister. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie sie an neue Körper gekommen sind, oder wieso sie so aussehen wie Corry und Irony, aber es sind Ivana und Alexandre!“
Boo sah sie für einen Augenblick lang entsetzt an, dann brach er in schallendes Gelächter aus. „Du... du willst mich doch verschaukeln... komm schon, Ellie... das ist echt makaber...“, doch sein Lachen erstarb sehr schnell beim Blick auf ihr erstes Gesicht.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust: „Das will ich keineswegs, Boo. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich schon die Alpträume davon habe, dass die beiden immer noch in ihren Netzen hängen. Ich weiß es wirklich nicht mehr. Es scheint mir eine halbe Ewigkeit zu sein. So lange ist der Krieg hier inzwischen her, oder?“
Boo war schlagartig wieder ernst: „Darum bist du hier, oder? Du bist wegen der Alpträume hier.“
Sie nickte stumm.
Er griff sich an den Kopf: „Aber... das kann nicht sein. Sie stimmen nicht. Ich meine, die Gruselgestalten wären doch nie und nimmer zu Volkshelden geworden. Verdammt, ich hätte doch was gemerkt! Leo hätte was gemerkt!“
Elaine schüttelte den Kopf: „Ich glaube, keiner von uns hätte etwas gemerkt. Wir haben so sehr gewollt, dass sie es sind, die trotz allem zu uns zurückgekommen sind, dass wir es nie gemerkt hätten. Boo, was ist, wenn morgen schon der nächste Krieg droht? Ein schlimmerer als vorher, weil inzwischen alles hier von den beiden unterhöhlt wurde?“
Er schüttelte den Kopf: „Verdammt, das glaube ich nicht. Ich meine – okay, mal angenommen du hast Recht. Mal angenommen – rein hypothetisch – dass es wirklich die beiden Gespenster sind und nicht unsere beiden Freunde. Der Prinz ist jetzt König, Malvina seine Königin, und für die Nachfolge ist auch schon bestens gesorgt. Ich meine, sie haben Zwillinge, da kann doch nichts mehr schief gehen! Egal, was diese Gespenster noch anstellen wollen, sie kommen nicht gegen das Königspaar an. Außerdem – ich sag’s noch mal, Leo und ich hätten etwas gemerkt.“
Boos Argumente machten Sinn, keine Frage. Aber dennoch wurde Elaine die Bilder, oder besser die Gefühlsfetzen, aus ihren Alpträumen nicht los. Sie hatte sich nicht geirrt.
„Boo, ich weiß, dass du das nicht wahrhaben willst, aber es sind die Geister und niemand anderes. Selbst wenn sie nicht in der Lage sind, irgend etwas gegen die Hauptstadt zu tun – es ändert nichts an der Tatsache, dass Corry und Irony immer noch gefangen sind, seit einer halben Ewigkeit schon. Ich... ich weiß nicht, ob ich auch nur einen Monat unter diesen Bedingungen heil überstanden hätte. Sie könnten inzwischen... verrückt sein, oder schlimmeres. Vielleicht kann nicht einmal ich ihnen inzwischen helfen – aber wenn doch, dann müssen wir etwas unternehmen.“
Boo legte seinen Kopf schief und sah sie an: „Du glaubst wirklich daran? Okay, da gibt es nur eins: Wir suchen die beiden, und dann siehst du, dass mit ihnen alles okay ist.“
Elaine zog die Augenbrauen zusammen: „Ich weiß nicht, Boo. Was ist, wenn ich Recht habe, und die beiden kurzen Prozess mit uns machen?“
Er rollte die Augen: „Also bitte, du bist doch eine Träumerin. Aber gut, dann nehmen wir halt noch Leo mit. Wie wäre es damit? Zu dritt schaffen wir es schon. Außerdem, wenn sie wirklich deine Geister sind, dann müssen wir uns nicht so viele Sorgen machen. Die haben’s nicht so drauf wie die Originale.“
„Oder vielleicht doch?“, fragte sich Elaine. Wenn sie in der Lage waren, eine halbe Ewigkeit lang selbst den König und seine Königin Malvina zu täuschen... Erneut kroch Kälte über ihren Körper. Entweder wusste das Königspaar nichts von diesem Problem, oder aber er unternahm nichts. So oder so, die Lage war schlimmer, als sie dachte.
„Boo... wir... wir müssen zuerst zum Prinzen. Ich meine, zum König. Ich muss mich erst noch daran gewöhnen.“
Er grinste: „Gute Idee. Wenn dir jemand sagen kann, dass mit den beiden alles okay ist, dann er.“
Dann verschwand das Grinsen wieder von seinem Gesicht: „Da gibt es nur noch ein Problem. Wir können nicht zu ihm. Er hat die Regeln mit seiner Krönung so sehr gebeugt, dass er sich jetzt umso mehr daran halten muss.“
Elaine sah ihn fragend an: „Erklär' mir das bitte.“
Er nickte: „Das ist so – du erinnerst dich, wie schwer es damals für uns war, an ihn ranzukommen? Das Problem hätten wir selbst ohne die verfluchte Verschwörung gehabt. Regeln und Etikette, du verstehst. Jedenfalls, wenn es schon bei einem Prinzen so übel aussieht, ist es bei einem König nicht besser. Vor allem dann nicht, wenn er sich an jede klitzekleine Winzigkeit halten muss, damit die Sache reibungslos läuft. Wenn er jetzt auch nur einen Fehler macht, dann stürzt uns alles zusammen wie ein Kartenhaus.“
Elaine ließ die Schultern sinken: „Und... und wie lange wird das noch so weitergehen, Boo? Wie lange muss er wie ein Uhrwerk funktionieren, bis er endlich leben kann? Und dasselbe gilt sicherlich auch für Malvina, ich meine die Königin, nicht wahr?“
Er nickte: „Ja, sie hat dasselbe Problem. Und ich habe nicht die geringste Ahnung, wie lange das noch gehen wird. Vielleicht erleben wir es ja noch, vielleicht auch nicht. Aber – das ist nun mal seine Pflicht, verstehst du? Und unsere Verantwortung ist, ihn nicht dabei zu stören.“
Es kam ihr so eigenartig vor, solche Worte ausgerechnet aus seinem Mund zu hören. Es sah so aus, dass Boo tatsächlich und endgültig erwachsen geworden war.
„Also gut. Wir können also nicht zum König, und auch Malvina können wir nicht sehen... Dann ist es wirklich im Moment das beste, mit Leo zu sprechen. Vielleicht... vielleicht hat er doch etwas gemerkt, und wollte es nur selbst nicht wahrhaben, weil er der einzige war.“
Boo zog eine Augenbraue hoch: „Ich würde so sicher auf das Gegenteil wetten wie du beim Aufzug, Ellie. Du wirst sehen, er ist ganz genau meiner Meinung.“
Elaine nickte: „Kann sein. Trotzdem, Boo, ich muss mich versichern, dass diese Alpträume keine Bedeutung haben.“
Boo nickte nun auch und grinste: „Klar, das verstehe ich. Würde mir an deiner Stelle nicht anders gehen.“
Sie lächelte ihm leicht zu und dann wanderte ihr Blick zum Fenster.
Warum auch immer sie am Tag in der Hauptstadt angekommen war, er neigte sich nun offensichtlich dem Ende zu. Es goss immer noch in Strömen. Das Wasser floss die Fensterscheiben hinunter, so dass man gerade noch die Silhouetten der Häuser erkennen konnte, die schon bald mit der Dunkelheit des Himmels im Hintergrund verschmelzen würden. Hier und da waren verzerrte Formen der Fenster zu sehen, in denen inzwischen Licht brannte. Boo legte