Die Rache der Hitmons. Lewis Cowley

Die Rache der Hitmons - Lewis Cowley


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Besonders die dunkelhaarige Julia strahlte ihn an. Sie war ein unscheinbares, nicht sehr hübsches Mädchen mit traurigen Augen und wäre so gerne seine Freundin geworden, aber sie war viel zu schüchtern, um es ihm zu sagen. Doch jetzt stand in ihrem Blick Entschlossenheit. Ob sie ihm heute etwas sagen wollte? Sie ließ ihn nicht aus den Augen. Schließlich war heute der letzte Schultag vor den Osterferien.

      Die Schulglocke läutete. Die Kinder packten alles zusammen, denn es durfte nichts vergessen werden. Niki sauste aus dem Schulzimmer und räumte seinen Spind aus. Heute trug er seinen geliebten dunkelblauen Jeans-Zweiteiler, ein schwarzes T-Shirt mit Hitmons-Aufdruck, sowie blau-weiß gestreifte Schuhe. Er war mitten am Ausleeren, als seine Mitschülerin Julia langsam auf ihn zuging.

      „Hallo, Niki.“ gab sie schüchtern von sich.

      Der Junge drehte sich um.

      „Ach Julia. Was gibt´s denn?“

      Etwas verlegen blickte das Mädchen ihn an und sagte leise:

      „Alles Gute nachträglich zu deinem Geburtstag. Ich...“ Julia unterbrach sich und senkte ihren Blick. Dann sah sie ihn wieder an und fuhr fort:

      „Ich habe ein Geschenk für dich.“

      Sie hielt eine Packung in der Hand. Als Niki sie öffnete, bekam er große Augen. Es war eine Rauruk-Spardose, die sprechen konnte, wenn man eine Münze einwarf. Nikis Augen leuchteten über das ganze Gesicht und er drückte seiner Klassenkameradin einen dicken Kuss auf die Wange.

      „Danke, Julia!“ strahlte er. „Geht´s Dir jetzt besser?“

      „Ja,“ gab sie etwas traurig zurück. „Zu dumm, dass ich vorgestern krank geworden bin. Ich wäre so gerne auf deiner Geburtstagsfeier gewesen.“

      „Nächstes Jahr musst du aufpassen, dass du auf meine Feier kommst.“ bestimmte Niki. „Dann werde ich zehn.“

      Julia strahlte ihren Mitschüler an.

      „Ich verspreche es.“ schwor sie. „Tschüß!“

      Und sie verschwand.

      Niki betrachtete sich die Spardose. Am Hinterkopf war ein kleiner Knopf angebracht. Niki betätigte ihn und hörte plötzlich eine Stimme:

      „Huki, Huki!“

      Niki´s Augen weiteten sich. Und abermals drückte er den Knopf.

      „Huki, Huki, Huki!“ erklang es diesmal.

      Der Junge nahm die Spardose fest in seine Hände und flüsterte:

      „Ich werde sie in Ehren halten, Julia.“ Er steckte die Spardose in seinen Ranzen, holte noch eine Jacke aus dem Spind und schloss die Tür, auf der sein Name stand.

      Er lief durch die Schulhalle, als sein Mitschüler Robert Schweiger auf ihn zustürmte.

      „Niki!“ schrie er schon von weitem. „Dein Papa ist da. Er steht draußen am Tor!“

      Niki stürmte durch die Schule geradewegs auf den Haupteingang zu, der vom Pausenhof zum Schulgebäude getrennt wurde. Er sauste durch den Schulhof und sah seinen Vater an der Mauer stehen.

      „Papa!“ rief er erfreut.

      Sofort lief er auf seinen Vater zu und sprang ihm in die Arme.

      Ein dicker Begrüßungskuss folgte, dann sagte Benny:

      „Komm, Kind. Wir gehen jetzt zum Einkaufen.“

      In diesem Moment kam Frau Gerold zum Zaun. Schon von weitem rief sie:

      „Na, jetzt darf ich endlich den Vater unseres Juwels kennen lernen.“

      Benny blickte auf und schaute der Lehrerin in die Augen.

      „Du Papa, das ist Frau Gerold.“ sagte Niki.

      „Frau Gerold, wie ich erfahren habe.“ grüßte er und reichte ihr die Hand.

      „Ja, das bin ich.“ bestätigte sie.

      „Niki hat schon von Ihnen erzählt, dass Sie Herrn Baumgartner vertreten.“ sagte Benny. „Und auch andere Sachen.“

      „Ich hoffe, dass es nichts Negatives ist.“ lachte Frau Gerold.

      „Mein Sohn spricht nicht negativ über seine Mitmenschen.“ erklärte Benny. „Eine Eigenschaft, die ich sehr an ihm bewundere. Ich wünschte, ich hätte etwas mehr davon.“

      „Sie scheinen ihr Kind sehr zu beneiden.“ erkannte Frau Gerold.

      „Und wie.“ gestand Benny. „Er hat das, was ich will.“

      „Und er hat auch eine unerschöpfliche Energie.“ fuhr Frau Gerold fort.

      „Wem sagen Sie das?“ seufzte der Promoter.

      Niki lachte und sagte:

      „Wir wollten doch zum Einkaufen.“

      Schon bald waren beide im Supermarkt. Während Benny die Waren zusammensuchte, sauste Niki wie üblich zu den Comics. Schon hatte er ein Hitmons-Heft in der Hand und blätterte es durch.

      Unterdessen murmelte sein Vater:

      „Mmh, ein Päckchen Nudeln noch für Niki. Ach ja, die Pommes darf ich nicht vergessen. Jetzt noch eine Limo...“

      Als Benny fertig war, fuhr er mit dem Einkaufwagen zur Kasse, wo er bereits von der Verkäuferin empfangen wurde.

      „Guten Tag, Herr Fischer!“ begrüßte sie ihn lächelnd. „Ist Niki heute nicht dabei?“

      „Ach, der schwirrt wieder bei den Comics herum.“ gab er zu Antwort, wandte sich in Richtung Zeitschriften und rief:

      „Niki, komm endlich!“

      „Ich komme gleich, Papa.“ ertönte die helle Kinderstimme.

      Benny stellte sich an, legte die Sachen auf das Band und rief erneut nach hinten:

      „Niki! Schläfst du?“

      „Ich komme ja schon.“ rief sein Sohn zurück.

      Schon sauste er durch die Regale zur Kasse. Er blieb vor Benny stehen und hielt das Hitmons-Heft in seiner Hand. Seinem Vater schien das gar nicht zu gefallen. Der verschränkte seine Arme.

      „Sieh einer an!“ spöttelte er. „Seine Königliche Frechheit geruhen zu kommen. Und wie immer nicht mit leeren Händen. Sofort legst du das zurück.“ Sein Ton war bereits strenger geworden.

      „Ach, Papa!“ Der Kleine schaute seinen Vater mit seinen großen Kulleraugen an.

      „Tu´, was ich dir sage, Niki!“ gebot Benny ernst.

      „Aber Papa.“ gab sein Sohn zurück, als sein Vater genervt die Augen verdrehte. „Du hast doch früher auch so etwas gelesen.“

      „So einen Unsinn nicht.“ entgegnete Benny. „Das macht nur dumm, hat keinen Sinn für Realität und fördert nicht gerade das Gedächtnis.“

      „Aber das Heft ist doch toll, außerdem kostet es nicht viel, nur 2 Euro.“ belehrte ihn Niki. „Und die Hitmons sind echt cool. Jedes Hitmon hat eine andere Fähigkeit und sie können ihren Trainern helfen. Du siehst, ohne Hitmons kommt man eben nicht aus!“

      „Ich sehe nur, dass du ein leichtgläubiges Opfer der Werbung geworden bist.“ sagte Benny entrüstet. „Also, weg damit. Ich will nicht, dass du auch noch so verblödest, wie die anderen Kinder, nur, weil du „in“ sein willst, oder wie ihr das heute nennt.“

      „Glaubst du nicht auch, dass ein Supermarkt nicht der richtige Ort für eine Diskussion ist?“ fragte sein Sohn.

      Das saß. Benny holte erst tief Luft, um seinen Ärger nicht in der Öffentlichkeit loszuwerden. Niki sah das und triumphierte innerlich. Wenn sein Papa jetzt nachgeben würde...

      Benny stand an der Kasse und es dauerte nicht mehr lange, bis die Artikel seines Einkaufs alle durch waren. Niki stand dicht


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