Die Rache der Hitmons. Lewis Cowley
mehr wurde. Benny und Maria zogen zusammen und heirateten. Ein Jahr später wurde Niki geboren.
Niki, eigentlich Dominik, war zunächst ein stilles Baby. Doch je älter er wurde, desto mehr kam das Temperament seiner Mutter durch. Der eher ruhige und nüchterne Benny sattelte bald beruflich um, nachdem er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten hatte.
Mit seinem Freund Alexander Hauser gründete er ein Internetgeschäft. Dadurch konnte er sich eine Existenz aufbauen. Anfangs gingen die Geschäfte blendend, doch das riesige Angebot im Internet machte es inzwischen etwas schwerer.
Jetzt hatte Benny die zweite Nummer gestartet.
„Hauser!“ ertönte eine männliche Stimme.
„Hi, Alex, ich bin´s, Benny.“
„Ey, Benny, servus!“ rief die Männerstimme fröhlich. „Wie war denn die Geburtstagsfeier gestern für dich? Mellie sagte, dass es super gewesen wäre.“
Alex hatte für gestern eine ungewöhnliche Geburtstagfeier für Niki ausgedacht. Der Junge hatte Nachbarskinder und Mitschüler eingeladen. Und natürlich war auch Mellie, seine beste Freundin, dabei. Statt eines Clowns, der zaubert, hatte Alex eine Kinderballetgruppe als Aliens auftreten lassen. Alex verdingte sich als Disc Jockey und spielte die bezauberndsten Songs. Meist saß Niki nur da und weinte vor Glück. Und immer war Mellie bei ihm.
Doch das größte Glück war für ihn, als Alex ihm eine Krone gab, die Niki der Königin des Tages aufsetzen sollte. Alex ließ dazu eine wunderhübsche Melodie aus einem Soundtrack laufen. Niki ging langsam auf Mellie zu und setzte ihr die Krone auf.
Diese Zeremonie und der Song waren so wunderhübsch, dass viele Kinder schluchzten. Als die Feier vorbei war, und Niki gerade die Geschenke auspackte, sagte Benny zu Alex:
„Vielen Dank, Freund. Sieh dir `mal die Kinder an. Sie sind ganz glücklich.“
„Na wir wollen es hoffen.“ meinte sein ehemaliger Partner.
„Sag´ `mal, wie lange hast du an den Choreographien gearbeitet?“ wollte der Promoter wissen.
„Na so ungefähr 3 Monate.“ grinste Alex. „Aber es hat sich gelohnt.“
„Das kann man wohl sagen.“ meinte Benny anerkennend.
Inzwischen wurden die Kinder von ihren Eltern abgeholt. Nur Mellie war noch übrig. Sie war gerade bei Niki und sagte:
„Ich hab dich so lieb.“
„Ich hab dich auch lieb.“ gab Niki zurück. Schon wurde die Kleine von ihren Eltern mitgenommen.
„Wir sehen uns demnächst.“ versprach Alex.
Jetzt saß Benny am Telefon.
„Es war auch super.“ bestätigte Benny. „Die Kinder waren alle glücklich. Ich wollte dir nur dafür danken. Du warst toll.“
„Für dich immer.“ gab Alex zurück. „Immer, wann du willst.“ Er lachte und fuhr fort:
„Jetzt ist Niki tatsächlich schon neun. Also, wo die Zeit bleibt“
„Mellie ist doch auch schon acht.“ gab Benny zurück. „Ist doch toll, dass sich die Kinder so gut verstehen. Übrigens: Heute ist doch der letzte Schultag. Holst du Mellie ab?“
„Das geht leider nicht,“ sagte Alex. „weil ich einen wichtigen Termin habe. Wie sieht es bei dir aus?“
„Ich kann mir etwas Zeit abzwicken.“ antwortete Benny. „Niki hat um eins Schluss. Übrigens; mein Rechner spinnt wieder. Ich glaube, ich sollte Brauner Bescheid geben, der kriegt das bestimmt wieder hin... Alles klar, tschau!“
Benny wählte eine dritte Nummer am Rechner.
„Brauner!“ meldete sich eine energisch-junge Stimme.
„Hier Fischer. Ich habe wieder ein Problem mit meinem Rechner.“
„Gibt´s nicht!“
„Wenn ich es sage!“ entgegnete Benny. „Am Anfang war es noch selten, aber jetzt wird es immer häufiger. Wenn ich mein Zip-Laufwerk starten will, bricht der Rechner zusammen. Ich weiß auch nicht, warum.“
„Ich kann´s mir schon denken.“ gab Brauner zurück. „Sie haben doch Ihr Laufwerk selbst installiert. Vielleicht ist es da zu einer geringfügigen Phasenverschiebung gekommen, bei denen das Zip mit einem anderen Laufwerk zusammen eingespielt wird, ohne, dass Sie es sehen können. Ich bin gerade in Ihrer Nähe. Soll ich mir den Kasten anschauen?“
„Darum wollte ich Sie gerade bitten!“ lachte Benny. „Aber so eilig wäre es sicher nicht gewesen.“
Schon wenige Minuten später stürmte der temperamentvolle Brauner durch die Tür. Er war ein stämmiger junger Mann mit Stirnglatze und einem Blick in seinen Augen, der keinen Widerspruch duldete. Zielstrebig sauste er zum Arbeitszimmer und schon hatte er das die Programme durchgeforstet.
Nach einer Minute sagte er:
„Tja, da gibt´s nur eine Lösung, Herr Fischer: Die Festplatte muss formatiert werden. Sie haben nämlich aus Versehen das Zip-Laufwerk auf das des DVD-Brenners angemeldet. Dadurch ist es zu einem Kurzschluss gekommen. Sie müssen die Daten unbedingt extern speichern. Glauben Sie, dass es noch geht?“
„Das Wichtige habe ich immer extern gespeichert.“ antwortete Benny. „Die anderen Sachen sind vielleicht nicht so wichtig oder können bald wieder neu gemacht werden.“
„Wann hätten Sie denn Zeit?“ fragte Brauner.
„Vielleicht nächsten Freitag.“ überlegte Benny. „Das Disketten-Laufwerk arbeitet ja noch, also ist es nicht so eilig.“
“Okay, Herr Fischer, ich muss jetzt abhauen.“
Wenig später war auch Benny aus dem Haus. Sein Sohn hatte bald Schulschluss und er wollte ihn abholen. Schließlich standen jetzt die Osterferien bevor.
Unterdessen wurde in einer Schule das Vorlesen von Geschichten durchgenommen, die durch einen Tageslichtprojektor an die Leinwand geworfen wurden. Die Schülerin Julia Schneider hatte gerade geendet und erntete großen Applaus. Alle Schüler hatten ihre Namen auf Schilder geschrieben, denn Frau Gerold war nur zur Vertretung für den erkrankten Herrn Baumgartner da.
„Das war sehr gut, Julia.“ lobte Frau Gerold. Sie mochte um Anfang 40 sein, hatte dunkelblonde, glatte Haare und wirkte gleichzeitig liebenswert und streng.
„Jetzt haben wir noch ein Gedicht.“ fuhr Frau Gerold fort. „Schillers Glocke. Wer möchte es vortragen?“
Viele Schüler hoben ihre Hände. Frau Gerold musterte alle Kinder. Ihre Wahl fiel auf einen dunkelhaarigen Jungen, der links in der vierten Reihe saß. `Niki Fischer´ stand auf seinem Schild. Es war Bennys Sohn.
„Niki.“ las Frau Gerold ab.
Dieser begann:
„Frisch am Platze steht sie aus Lehm gebrannt!
Heute muss sie Glocke werden. Frisch Gesellen, seid zur Hand...“
Während der kleine Niki das Gedicht vortrug, konnte man ihn genau betrachten.
Niki war das jüngere Abbild seines Vaters. Das gleiche Haar, die gleiche Nase, Gesichtsform, auch der Mund war wie der seines Vaters. Nur die tiefschwarzen Augen, aus denen viel Temperament blitzte, stammten von seiner Mutter. Obwohl Benny mit der unerschöpflichen Energie seines Sohnes oft nicht zurechtkam, liebte er das Kind abgöttisch, denn Niki war nach all den Schicksalsschlägen für Benny der einzige Trost, der ihm noch geblieben war.
Niki war für sein Alter schon recht selbständig. Er ging oft alleine Einkaufen und konnte sogar kochen. Doch sein wüstes Temperament brachte seinen Vater selbst manchmal zum Kochen.
Und dennoch: Niki besaß das gewisse Etwas, mit dem er alle Herzen erobern konnte. Seine Mitschüler schätzten und liebten ihn. Auch die Lehrkräfte lobten ihn in höchsten Tönen. Erst kürzlich hatte Benny