Die Rache der Hitmons. Lewis Cowley
schaute sich die Zahlen und die Orte, die daneben standen, genauer an.
„Die erste Doppelziffer bestimmt den Erdteil.“ berichtete sie. „2 steht für Amerika und 4 für Europa. Das heißt konkret in diesem Fall: Raketen 1 und 2 sind auf amerikanische Ziele gesetzt und die beiden anderen auf Europa. Die zweite Doppelzahl richtet sich auf das Land des Erdteils. Die beiden nächsten Ziffern zeigen die Richtungskontrolle und die letzten zwei Zahlen geben die genaue Position an. Liege ich richtig?“
„Sie haben viel gelernt.“ lobte Tracy. „Und Sie liegen mit allem richtig. Es kommt jetzt nur noch auf die letzten vier Ziffern an. Wenn wir die noch entschlüsseln, können wir die Raketen umprogrammieren.“
„Aber Sie haben doch gesagt, dass die ganzen Ziffern das Ziel bestimmen.“ rief Tom.
„Die dritte Gruppe nicht.“ erinnerte der Professor. „Sie ist für die Flug- und Richtungskontrolle zuständig. Und genau das macht das Problem schwieriger, denn die Raketen fliegen nicht im Direktflug auf ihre Ziele zu, sondern sausen über unzählige Kurven dahin.“
„Wozu denn das?“ erkundigte sich Tom.
„Um eventuelle Spione zu täuschen!“ sagte Tracy. „Für den Fall, dass jemand diesen Plan vereiteln könnte, wurde diese dritte Gruppe eingeführt. Aber ich glaube, dass ich sie decodieren kann. Das herauszufinden, wird zwar nicht leicht sein, denn das kann schon ein ganzes Weilchen dauern, aber ich bin sicher, dass ich es schaffen werde. Und wenn wir erst wissen, wohin sie genau fliegen, ist das kein Problem. Dumm ist nur, dass die letzten zwei Ziffern codiert sind. Sie beschreiben nicht Längen- oder Breitengrad, sondern die letzte Flugrichtung. Ein paar Tage kann das schon dauern, aber ich finde es heraus. Ich werde dir sofort Bescheid geben, sobald ich die Ergebnisse habe. Allerdings kann ich es aus Sicherheitsgründen nicht über unser übliches Bildfunk machen. Da könnten wir belauscht werden, obwohl der Funk codiert und normalerweise abhörsicher ist.“
„Und wie erfahre ich es dann?“ fragte Tom.
„Ich sende dir diesen Würfel.“ antwortete der Professor und zeigte dem Jungen ein silbernes, würfelförmiges Teil. „Niemand kennt es. Merke es dir gut.“
„Mach ich.“ sagte Tom entschlossen und verließ zusammen mit Rauruk den Professor.
Schon zwei Tage später bekam Tom den Würfel zugespielt. Ein Fahrradkurier hatte ihn gebracht. Sofort rief er den Professor aus einer öffentlichen Zelle an.
„Haben Sie´s?“ fragte er.
„Hast du etwas zum Schreiben?“ gab Dr. Tracy zurück.
Tom zückte einen Schreiber und einen kleinen Block.
„Es kann losgehen.“
Tracy gab ihm die Nummern durch und sagte zum Schluss:
„Rauruk muss sich beeilen. Der Start soll schon morgen stattfinden. Habt ihr noch genug von dem Mittel?“
„Da ist noch einiges übriggeblieben.“ erklärte Tom.
„Alles klar! Viel Glück!“ wünschte Dr. Tracy.
Schon zwei Stunden später Tom und Rauruk wieder an der Startzentrale der Raketen angelangt. Tom flüsterte seinem Hitmon noch zu:
„Pass auf: Wahrscheinlich haben sie bemerkt, dass du schon einmal drin warst. Ich vermute deshalb, dass sie den Start vorverlegt haben könnten. Pass deshalb besonders auf, dass sie dich nicht sehen. Wenn das erst einmal passiert ist, gibt´s nichts mehr zu hoffen. Also geh´ `rein und mach´ deine Sache gut!“
„Huki!“ sagte das Hitmons leise und sauste davon.
Die Zeit verging und Tom wartete, während Rauruk durch die einzelnen Räume schlich. Aber diesmal waren mehr Wachen als letztes Mal anwesend und eine Durchwanderung deswegen wesentlich schwieriger. Rauruk konnte einige Gesprächsfetzen hören.
„Warum lassen wir die Raketen nicht gleich hoch?“ fragte einer.
„Weil wir uns an unseren Zeitplan halten.“ antwortete ein anderer. „Eine kleine Abweichung kann schon alles zunichte machen. Zudem müssen die Raketen noch einen Testlauf durchmachen. Wenn der gelingt, dann steht dem Start nichts mehr im Wege.“
Rauruk ahnte, was das hieß. Jetzt musste er sich beeilen. Lautlos kroch er wie ein Schatten zwischen den Füßen der Vorstandsmitglieder hindurch, bis er in die Luftschleuse kam und von dort aus die Startrampe ereichte.
Nach langer Zeit war er an den Raketen angekommen. Obwohl es dort von Leuten nur so wimmelte, blieb Rauruk unbemerkt und stellte die Zielkursvektoren um. Etwa eine halbe Stunde später hatte er alle durch und schlich sie wieder zu seinem Trainer zurück.
„Es ist getan!“ flüsterte er.
„Nichts wie zurück.“ befahl Tom und bald darauf waren sie zuhause angelangt. Maggie und Calvin erwarteten sie bereits.
„Wie war´s!“ fragte Calvin.
„Geschafft!“ gab Tom keuchend zurück. „Jetzt heißt es nur noch Abwarten.“
Jetzt saß Tom in der Tribüne und wartete auf den Beginn. Der Arenaleiter Paul war Tom bereits bekannt. Vor einem Jahr hatte er gegen ihn verloren. Doch jetzt schien er zuversichtlicher. Jetzt stießen sie wieder zusammen.
`Diesmal kriege ich dich!´ dachte sich Tom und versammelte seine Hitmons. Er wirkte sehr zuversichtlich.
Als Erstes ging es darum, wer die meisten Hitmons hatte und ob sie gut ausgebildet waren. Alle 250 Hitmons zeigten, was sie konnten und auch gelernt hatten. Besonders beeindruckt waren die Schiedsrichter von den 42 Hitmons des Trainers Tom Bailey, die alles gaben, was sie konnten. Rauruk zernagte wie ein Biber einen dicken Baumstamm. Das Stier-Hitmon Crusu donnerte mit seinen Hufen, dass man ein Erdbeben vermutete.
Als alle Hitmons durch waren, kamen die Schiedsrichter zur Auswertung. Unterdessen sollten die Kämpfe zwischen den Hitmons beginnen.
Kurz darauf ging es los. Tom hatte bei der Arenaleitung darauf bestanden, als Letzter dranzukommen. Vermutlich, um die Kräfte seiner Hitmons zu schonen und die anderen außer Gefecht setzen zu können.
Das Turnier begann. Unzählige Hitmons stießen zusammen und es dauerte nicht lange, bis Tom an der Reihe war. Er begrüßte Paul mit dem traditionellen Handschlag.
„Ich bewundere deinen Mut und deine Willensstärke.“ sagte dieser. „Bist du bereit?“
„Ja!“ hörte man Tom´s feste Stimme.
In der Zwischenzeit starteten die Raketen von Gordon. Der betrachtete sich alles von seinen Monitoren aus. Doch dann beobachtete er, wie seine Raketen von den vorberechneten Kursen abgingen und alle entgegen den Himmel ansteuerten.
„Das gibt´s nicht.“ schrie er.
Immer weiter sausten die Raketen in den Himmel, jede in eine andere Richtung. Gordon rief seinen Berater zu sich.
Der tauchte auch gleich auf. Seine Stimme klang rauchig unterkühlt und er sah dem Rockstar Bruce Springsteen ähnlich.
Es war Gordons Berater Kimo. Seine Augen funkelten, als Gordon sagte:
„Die Raketen sind umprogrammiert worden.“
„Das verstehe ich nicht.“ kam es von Kimo zurück. „Sie waren doch auf Erdziele programmiert.“
„Verstehst du das?“ wollte Gordon wissen.
„Leider nicht.“ antwortete Kimo. „Da muss jemand Fremder am Werk gewesen sein. Aber wer?“
„Das weiß ich leider auch nicht.“ sagte Gordon. „Aber wenn ich so darüber nachdenken, kann es nur Tom Bailey und sein Rauruk gewesen sein.“
„Das ist unmöglich.“ entgegnete Kimo. „Wären sie hier gewesen, dann hätten die Hunde sofort angeschlagen.“
„Angenommen, nur Rauruk war hier.“ meinte Gordon. „Wäre das abwegig?“
„Vielleicht