Segelfahrterinnerungen 1850-70 - Richard Wossidlo befragte ehemalige Seeleute. Richard Wossidlo - 1859-1939
De Jung mööt Enns upreppen un de Marlspiker von de Madrosen in de Fuulbrass weggbargen, dat is ’n Jung sein Uplag. Den Timmermann sien Hubelspöön müsst he ok weggschaffen. – Dat Afsnitzels, wat bi dat Arbeiten in de Takelage afföllt, mööt de Jung jo weggbargen. Dat verköffte he naher in England, dor kreeg he ’ne Kaffeekann för oder ’n poor Töllers oder ok ’n engelsch Metz. Der Junge konnte sich freilich auch anders helfen. Von enen Jung, dee wat weggbargen sall un dat in de See smitt, seggt de Stüermann: Dee verstaut alles in de groot Seekist.
Beim Löschen und Laden hatten die Jungen auch mitzuhelfen. Bi ’t Holtladen wieren de Jungens mit in ’t Ruum, dor müssten se ok mit ran. Wenn Balken lad ’t würden in Russland, wier dat den Jung sien Arbeit, dat he den Jiker wedder na vörn bringen müsst. (De Jiker wier ’n lütten Block mit ’n Stropp un ’ne Käd mit twee Hakens, dee na ’n Balken ringripen deden.) – De Jungens würden na ’t Holtlager schickt un müssten Stauholt söken. – Wenn Kuurn löscht würd un de Ruum toletzt utfäägt würd: Dat Fägels kreeg oft de Jung, dat verköffte he denn.
Von einer weiteren Aufgabe hören wir nur selten: Jungens güngen ok uppe Wach. Sie hatten dann mancherlei kleine Sonderaufgaben. Uppe Nachtwach müsst de Jung Fleesch frischen (utdrücken un frisch Water upgeten).
Das Auf- und Abdecken bei Tisch war auch Aufgabe der Schiffsjungen. Wi Jungens müssten afbacken, heißt es in vielen erinnernden Berichten. Dat wier jo ’n lääg Logis in de Roof. Dor wier ’n Disch maakt, dee wier unnern Balken anhängt, dee swenkte in twee Enns hen un her. De Lüd seten bi ’t Äten up ehr Seekist. Dat Metz un de Gabel würd ok unner ’n Balken stäken, dor, wo jeder sien Koie hadd. Reinmaakt würd dat Geschirr nich. Denn keem die Jung mit de Fuulschüpp un ’n Handfäger un reep: Barg Beentjes (wahrt eure Füße)! Für dies Reinemachen nach Tisch gab es verschiedene herkömmliche Zeremonien, von denen einige angeführt seien.
Middags, wenn wi äten hadden, würd jo afbackt. Denn mööt de Jung sik utkleeden, den Südwester verkihrt upsetten, dat Gesicht würd swart maakt. Denn röppt he: Ihr hochgeehrten Matrosen, bewahret eure Füße, dass kein Schmutz und Dreck drankommt! Ein anderer Spruch lautet: Ihr christlichen Seeleute, bewahrt eure Füße, das ihr dran bekommt keine Stöße! Zummerassa, schöne Mädchen gibt es noch! Oder: Wenn middags utschafft un afbackt wier, keem de Jung mit de Fuulschüpp un den Handfäger un maakte der Roof rein, dat de Brotkrümels nich all up Deck perrt würden. Denn stödd’te he dreemal mit de „Uul“ up un reep: Ihr hochlöblichen Herren Seeleute, bargt eure Füße, der Storch will schrubben, dass euch kein Schmutz berührt! Denn würd sik uppe Seekist rupsmäten.
Und noch zwei Abwandlungen, die für viele stehen: Ihr hochgeehrten Herren Matrosen möget die Ehre haben und Ihre Füße bewahren, damit Sie keinen Schaden haben! Hummel di rummel die kummel! Oder: Wenn wat äten wier, keem de Jung mit de Uul un de Fuulschüpp. Denn stödd’te he dreemal mit de Uul (de Böst) up de Denn un säd: Barg Bintjes, de Adeboor will schrubben! Wer denn nich weggnimmt, den’n haugt he rup.
Der Ausdruck Adeboor für den Jungen wird auf zweierlei Art erklärt: De Adeboor is he – de Jung –, dee frett jo ok allens wegg, wat em vör de Been kümmt. – De Jung hadd de Bücksen bet oewer den Knee hoochkrempt, so sehg he mit de naakten Beenen as’n Adeboor ut.
All diese Formen mussten streng gewahrt werden. Wenn de Jung nich seggt: „Adeboor will schrubben“, haugen em de annern in ’t Gnick. Auf anderen Schiffen durfte er diese Worte aber gerade nicht sagen. Wenn de Jung „Barg Been“ röppt, ward em anschünnt, he sall seggen: Adeboor will schrubben! Wenn he dat denn deit, kriggt he eenen an ’t Muul.
Sehr wichtig war das Erlernen der Kunst, die verschiedenartigen Knoten fachmännisch herzustellen. Auch das Spleißen musste schnell erlernt werden.
Sah man die Matrosen mit dem Tauwerk hantieren, so schien alles leicht, wenn man es aber nachmachen sollte, kamen die merkwürdigsten Dinge zustande.
Wenn ein Junge einen Knoten verkehrt machte, hieß es: Wat maakst du dor – dat is jo ’n Rövershäger Preesterknoop!
Wieweit die Schiffsjungen in der Takelage beschäftigt wurden, hing vom Belieben des Kapitäns und des Steuermanns ab. Weck Jungens stiegen jo gliek na baben rup. As ik de ierst Reis maken ded, müsst ik fuurts na baben un räwen. – Vadder vertellte, se hebben ’n lütten Hannoveraner an Buurd hatt as Jung, dee hett seggt: Ik sall na baben un mööt na baben, un sall ik acht Dag dorna klattern – ik will na baben!
In der Regel wurden die Jungen erst allmählich an das Klettern in der Takelage gewöhnt. De Jungs möten ierst koppfast warden, dee dörben toierst nicks anfaten, wenn se na baben gahn. Naher keem ’n Gesetz, dat de Jungens ierst na dree Monat na baben dörften. Aber allzu weit ging man nicht mit der Schonung. Wenn de Schipper den Jung oewerhaupt nich na baben gahn leet, würden de Madrosen, dee denn de Arbeit maken müssten, leicht gnarrigt. Wenn de Jung ümmer rümsteiht, kann he keen Seemann warden, säden se denn.
Es hatte sich als Sitte herausgebildet, dass der Junge als erste Arbeit in der Takelage den Flügel, eine Art Wimpel, auf den Besanmast zu bringen hatte. De Jung müsst den Floegel na ’n Besaansmast rupbringen, dat wier sien ierst Klatterpartie. – De Jung müsst den Floegel anneihgen, so säden wi: mit Schiemannsgoorn an den Topp von de Mast fastbinnen. Hatte sich der Flügel vertüdert, so hieß es: Kloor den Klaas mal ’n bäten! As ik Jung wier, heff ik mal bi Konstantinopel na baben müsst, de Floegel hadd sik üm den Knoop wickelt. Dor säd de Schipper: Kannst du dat woll farig krigen un den Floegel fri maken? Slenkern ded ’t dull. Ik kreeg em aftüdert, oewer dat wier ’n hart Stück för so ’n Jungen.
Besonders gefährlich war das Arbeiten in der Takelage bei kaltem Wetter. Wenn dat kolt un klamm wier, wier dat ’ne böse Arbeit. Naher keem ’n Gesetz: En Jung unner sössteihn Johr dörft nich oewer de Saling. Zum Segelsetzen wurde der Decksjunge schon herangezogen. Lütt Sägel müsst de Jung all fastmaken. Dabei hatte er einen bestimmten Platz, der ihm offenbar die leichteste Arbeit zusichern sollte. Bi ’t Bargen keem de Jung uppe Nock, bi ’t Räwen in de Midd.
Auch geistig musste sich der werdende Seemann betätigen. Als erstes stand das Auswendiglernen der Windrose auf dem Programm.
Dabei gab es allerlei Kunstgriffe, um die genaue Kenntnis der Himmelsrichtungen zu vermitteln. So wurde zum Beispiel aufgegeben, statt der Richtungen Farbennamen
einzusetzen: Gääl to gröön, gäälgäälgröön, gäälgröön to gääl, gäälgröön usw. Daneben wurden aber auch viele Neckereien ersonnen, etwa um den Kompass.
Den Kompass mit de Strichen bröchte en oll Madroos mi bi. He spröök dat vör, un ik müsst naspräken: Nuurden bi Gröön mit swarte Kamaschen, mit rod Ümsläg, Nuurdaust. Nuurden sien Maar, sien Maatsmaat, sien Kamerad, Nuurdnuurdoost, de Dickkopp. Dorbi müsst ik mi vör den Kopp haugen.
As een Jung up ’n Rostocker Schipp den Kompass nich behollen künn, säden wi to em, he müsst sik de Naams von de tweeundörtig Strichen up ’n Stück Papier schriben un dat upäten, denn würd de dat behollen. De Jung ded dat ok.
Annern Dag fragt ik em: Na, hest du ’t nu behollen? – Nee. – Je, büst du all up ’t Klosett wäst? – Ja. – Je, denn kannst du ’t jo ok nich behollen hebben! Manche Jungen halfen sich schnell von solchen Späßen ab. De Stüermann fröög mi: Kennst du ok