Tarris. Peter Padberg
Geburtstag abgeschlossen sein. Bis dorthin blieb ihr noch etwas mehr als ein ganzes Jahr Zeit. Der zweite Teil der Ausbildung würde in dem Vulkankrater des Tarutos stattfinden. Dort würde sie von Magae unterstützt werden, bei denen andere, spezielle Fähigkeiten besonders ausgeprägt waren.
Neues Leben
Karrsa339009 machte sich große Sorgen. Er kam sich wie ein Außenseiter in seinem eigenen Volk vor, seit er vor einigen Wochen zum zweiten Mal ohne den Ruf seiner Königin aus der Starre erwacht war. Er hatte keine Erklärung dafür und kam sich überaus schlecht vor, da er entgegen den uralten Regeln gehandelt hatte – auch wenn es nicht von ihm beabsichtigt war. Die Welt hatte sich geändert, seit sie den Planeten erreicht hatten. Es war wärmer geworden und die Karruum wagten sich schon seit einiger Zeit an die Oberfläche des Planeten. Nach wie vor hörte er die arbeitsamen Gedanken seines Volkes und die klaren Befehle seiner Königin, jedoch nahm er sie nicht einfach so hin, wie er es früher immer getan hatte. Ohne dass er es wollte, machte er sich Gedanken über das, was er hörte. Als wenn dies nicht schlimm genug wäre, mündeten seine Gedanken häufig in Zweifeln und Unverständnis in Hinblick auf die Befehle, die er erhielt. Er bat seine Königin um Erklärungen hinsichtlich seines Zustandes, bekam aber keine Antwort die ihn zufriedenstellte. Karrsainjja0000001 teilte ihm schließlich mit, dass er eine erste Anpassung der Mitglieder seines Volkes an die neue Umwelt sein könnte, dass er abwarten müsse und sie selbst beobachten wolle, was aus ihm werde.
So lebte Karrsa die ersten Wochen für sich alleine unter tausenden von Schwarmmitgliedern. Er nahm die vertrauten Gerüche war, er sah die vertrauten Körper der verschiedenen Kasten, er spürte die Leiber seiner Brüder und Schwestern, aber er war doch isoliert, da er nicht wie gewohnt am Schwarmgedanken teilnahm. Zudem entdeckte er neue Arten der Wahrnehmung. Obwohl es im Bau sehr dunkel war, konnte er die Gänge und auch seine Artgenossen sehen. Es war eine andere Art des Sehens, als er es gewohnt war. Er bewegte sich nicht nach den überall vorhandenen Duftmarken und er sah auch nicht mit seinen Facettenaugen.
Karrsa hatte sich immer in der Nähe des Platzes aufgehalten, an dem er erwacht war. Ihm war keine Aufgabe übertragen worden, so blieb er Tag und Nacht an diesem Platz. Er wollte sich gerade wieder auf die andere Seite der Höhle begeben, als er ein „Zupfen“ in seinem Kopf spürte. Es war sofort wieder verschwunden, aber es löste weitere, unübliche Gedanken aus. „Wie sieht es eigentlich im Rest des Baus aus? Es müssen viele Zeitperioden verstrichen sein. Wir sind an der Oberfläche. Was ist passiert?“ Er blickte sich in der Höhle um und nahm die Öffnung in einen Gang, die er schon sehr oft betrachtet hatte, bewusst war. „Ich sollte ein wenig umherwandern und schauen, wie sich unser Bau verändert hat“, dachte er und ging in den Gang hinein.
Karrsa wanderte nun schon seit Tagen durch die Gänge des Baus und die Gänge kamen ihm sehr unbekannt vor. Er folgt den Gerüchen, die auf den Ausgang aus dem Bau hinwiesen, als er auf einmal von seiner Königin den Aufruf zur Verteidigung des Baus erhielt. Er zählte nach wie vor zu den Wissenschaftler-Kriegern. Anstatt wie seine Brüder und Schwestern dem Befehl unverzüglich zu folgen, suchte er im Schwarmgedanken nach Informationen, was denn passiert sei. Er spürte bei der Suche im Schwarmgedanken einen fremden Gedanken, der vollkommen verschieden von den Gedanken seines Volkes war. Er stammte von einem zweibeinigen Wesen, dass sich selbst …... Maurah nannte. Das Wesen war ängstlich und floh vor seinen Volk, als es die ersten Krieger aus dem Bau eilen sah. Eine Verteidigung schien aus seiner Sicht nicht notwendig. Er sandte Gedanken zu seiner Königin und teilte ihr mit, dass das Wesen Angst vor den Karruum hätte und nicht angegriffen werden müsse. Karrsainjja0000001 zeigte sich kompromisslos und teilte ihm mit, dass das Wesen zusammen mit seinem Begleiter getötet werden müsse. Karrsa war – ungewöhnlicher Weise – neugierig geworden, wie sich der Angriff entwickeln würde und ging zügig in Richtung Oberfläche weiter. Er beobachtete, wie Maurah und Karameen gegen die Karruum kämpften und spürte die Magie, die von den beiden eingesetzt wurde, als wenn er etwas Altbekanntes, vielleicht einen alten Freund, wiedergefunden hätte. Dieses Gefühl verstärkte sich deutlich, als der Drache … Maranda in den Kampf eingriff. Plötzlich konnte er eine gedankliche Verbindung zu Maranda spüren, die von einem glänzenden Metall an ihrer Pfote herbeigeführt wurde. Er spürte ein warmes Gefühl auf seinem Exoskelett, während Maranda genauso verblüfft über die Verbindung war wie er selbst. „Du bist wie wir“, war der wesentliche Gedanke, der ihn erreichte, bevor Maranda weitere Brüder und Schwestern zerfetzte und fraß. Maurah und das andere zweibeinige Wesen kämpften ebenfalls gegen seine Schwarmgefährten und töteten hunderte mit der Magie, mit der er sich in irgendeiner Weise verbunden fühlte.
Die Zweibeiner und auch der Drache und seine Gefährten waren verschwunden oder geflohen und tausende seiner Brüder und Schwestern waren in Flammen gestorben oder gefressen worden. Karrsa fragte sich, ob der Angriff angesichts der großen Verluste wirklich sinnvoll gewesen war und beschloss, mit seiner Königin darüber zu sprechen. Auch dachte Karrsa über den ihm von Maranda zugesandten Gedanken nach, da er offensichtlich nicht mehr ein Teil des Schwarms war. „War sie sein neuer Schwarm? Wollte sie ihn in einen anderen Schwarm aufnehmen?“ Diese Fragen blieben unbeantwortet, setzten sich jedoch in seinem Kopf fest und ließen sich nicht mehr aus seinen Gedanken verdrängen. Auch ließ sich das Gefühl, eine enge Verbindung zu den Kräften, die der Drache und die Zweibeiner eingesetzt hatten, zu haben, nicht verleugnen.
Karrsa stand im Thronsaal und sah seiner Königin zu, wie sie von seinen Schwestern gepflegt und gefüttert wurde. Karrsainjja0000001 war um ein vielfaches größer als er selbst und aus ihrem Leib trat ein Ei nach dem anderen aus. Früher hatte er dies ohne einen Gedanken hingenommen, nun dachte er nur „Sie erfüllt ihren Zweck, wie sie es in der alten Welt nicht anders gelernt hat“ und überlegte, was er ihr sagen solle.
„Königin, ich war an der Oberfläche und habe unseren Angriff auf die zweibeinigen Wesen beobachtet, die uns so schreckliche Verluste bereitet haben. Warum haben wie sie angegriffen?“ Erst hatte er den Eindruck, dass Karrsainjja0000001 nicht antworten würde, aber nach einiger Zeit sagte sie kurz angebunden „Weil es erforderlich war. Sie sind in unser Territorium eingedrungen.“ „Königin, besteht die Möglichkeit, dass es vor unserer Landung auf diesem Planeten ihr Territorium war? Sie sind stark und haben viele von uns vernichtet. Besteht aus Deiner Sicht eine Möglichkeit, dass unser Volk sich mit ihnen nicht bekriegt? Was können wir tun, damit sie nicht weiter so viele von uns vernichten? Als Wissenschaftler-Krieger habe ich versucht, die Kräfte zu verstehen, die sie einsetzten. Ich habe große Bedenken, dass wir diesen Kräften etwas entgegensetzen können ohne die Technologie, über die wir früher verfügten.“ Karrsainjja0000001 dachte lange nach und antwortete dann erneut. „Du denkst! Seit ich das Bewusstsein erlangt habe, konnte ich mit keinem meines Clans Gedanken austauschen. Deine Entwicklung ist erstaunlich. Ich freue mich sehr, dass wir mit Deiner Veränderung nun neue Möglichkeiten haben. Wir müssen dies im Sinne des Clans nutzen. Auch wenn ich gespürt habe, dass Dein Kontakt zum Schwarmbewusstsein abgenommen hat – und nun verstehen ich auch, warum – denke ich, dass Du in Zukunft sehr wertvoll für uns sein wirst. Ich werde über Deine Fragen nachdenken und auch überlegen, wie wir uns an diese Welt anpassen müssen. Bis dahin wirst Du versuchen, mehr über diese Kräfte zu erfahren, die gegen uns eingesetzt wurden. Jedes Mitglied des Clans wird Dich bei dieser Suche unterstützten, was auch immer Du verlangen magst!“
Karrsa verließ seine Königin mit sehr gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite war er glücklich, dass sie ihn offensichtlich wertschätzte, auf der anderen Seite wusste er nicht, was er nun tun solle. Unschlüssig bewegte er sich in Richtung Oberfläche. Als er den Bau verlassen hatte, blickte er sich das erste Mal auf ihrem neuen Heimatplaneten bewusst um. Es war nicht zu verkennen, dass sie sich in einer anderen Welt befanden. Überall an den Hängen der umliegenden Berge befanden sich riesige Pflanzen, die gerade in die Höhe wuchsen, und auch der Boden war überall von Pflanzen besiedelt. Es war Leben in dieser Welt, das er von seinem Heimatplaneten so nicht kannte – es war eine zauberhaft schöne Welt.
Er beschloss, in Richtung des Kampfplatzes zu wandern, an dem so viele seines Volkes gestorben waren. Er wollte dort prüfen, ob er etwas über die eingesetzten Kräfte, über die Magie erfahren könne. Der Anblick