Das Friedrich-Lied - 2. Buch. Henning Isenberg

Das Friedrich-Lied - 2. Buch - Henning Isenberg


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Mit dem Anblick des Baus, der an Größe und Herrlichkeit seinesgleichen in der Region suchte, wollte er seine Braut, die aus einer der größten Burgen im Nordreich stammte, beeindrucken.

      „

      Herrin, sie kommen“, vernahm Mathilde das Flüstern ihrer Zofe. Isabell wusste, wie es die Herrin hasste aus dem Gebet gerissen zu werden, doch heute schien die Andacht kein Ende nehmen zu wollen und die Reisegesellschaft war schon vor einer Stunde von Ortliv, der als Bote vorausgeeilt war, angekündigt worden. Mit einem mürrischen Seitenblick, der Isabell galt, riss sich die Gräfin aus ihrer Einkehr, erhob sich langsam und schlug das Kreuz vor ihrem und dem Antlitz des Gekreuzigten. Dann verließ sie die kleine Burgkapelle, um sich auf den östlichen Wehrgang, von dem aus sie das Tor der Oberburg sehen konnte, zu begeben.

      Schon erblickte sie die Reisegesellschaft. Das junge Paar ritt an der Spitze und befand sich schon auf dem Steg, der zum Tor neben dem Bergfried führte.

      Ihr Sohn machte einen fröhlichen Eindruck und Sophie strahlte vor Schönheit und Frische. Wenigstens kann sie reiten und lässt sich nicht wie eine Prinzessin in einem Wagen fahren, wog Mathilde ab. Ach, wie lange war es bei ihr selbst her, dass der seelige Arnold sie aus Cleve hergeholt hatte. Damals hatte sie ebenfalls gestrahlt, so wie das junge Ding da unten jetzt. Doch da hatte sie noch nichts geahnt von der rauen Männerwelt, die sie hier erwarten sollte. Sie hatte sich ihre Freiräume geschaffen. Ihre Kapelle, die sie mit Erzbischof Adolfs Hilfe durchgesetzt hatte, strahlte die Wärme und Freude aus, die ihr Protokoll, Politik, Waffengeklirre und vor allem die Unbeholfenheit ihres Mannes im Umgang mit den Wünschen einer Frau nie hatte geben können. Ob Friedrich da anders war? Sie sah ihrem Sohn entgegen. Zumindest machte er den Eindruck, als habe er im Moment das Glück gefunden. Er war ihr Sohn. Und auch, wenn er impulsiv war, was ihm hier und da den klaren Blick nahm, war er klug und gewandt. Aber konnte er einem Mädchen aus dem reichen Limbourgh hier eine vergleichbare Heimstatt bieten? Wälder und Wasser gab es reichlich, aber weder ihr Hof konnte es mit Limbourgh aufnehmen, noch konnte sich das Leben der Städte wie Dortmund, Soest oder Münster mit dem von Utrecht, Liège, Brügge oder Gent messen. Die Wachen in der Oberburg hatten bereits die Tore geöffnet. Mathilde rief nach Constanze und begab sich in den Burghof, um ihren Sohn und die neue Schwiegertochter zu empfangen.

      Sophie saß im Damensitz und folgte Friedrich, der zuerst durch den Torbogen ritt.

      Am Brunnen machte er halt, sprang vom Pferd und reichte Sophie die Hand, um ihr aus dem Sattel zu helfen.

      „

      Mutter, seid Ihr nach der Hochzeit in Limbourgh gut daheim angekommen…?“

      Aber Mathilde ging nicht auf Friedrichs Versuche von Höflichkeit ein, ließ ihn links liegen und wendete sich direkt Sophie zu.

      „

      Seid willkommen auf Isenberghe, meine Tochter. Hattet ihr eine gute Reise? Wie ich hörte, verbrachtet ihr in Berghe die Nacht.“

      „

      Oh, ja es war wundervoll“, strahlte Sophie.

      „

      Eure Lande sind so schön. Und ich wollte Friedrich nicht glauben, als er einmal seine mit den Limbourgher Wäldern und Hügeln verglich.“

      „

      Na, Isenberghe ist nicht Limbourgh, mein Kind. Das wirst du noch merken“, entgegnete sie tonlos, so dass sie mit der Schroffheit ihrer Stimme den minderen Wert ihrer Lande gegenüber Limbourgh überspielte.

      „

      Mutter“, mahnte Friedrich Mathilde, doch verbat er sich schnell jedes weitere Wort. Bei sich jedoch dachte er, ich rang mit dem Tod und sie hat nichts anderes zu tun, als Sophie zu erschrecken! Er senkte den Blick, um einen neuen Gedanken zu fassen.

      „

      Komm, Sophie, ich zeige dir alles.“

      Er streckte ihr die Hand entgegen.

      Sie griff nach ihr und schaute ihn fragend an. Dann knickste sie vor Mathilde und folgte Friedrich.

      Während sich das junge Paar auf der Isenburg einrichtete, hielt sich Erzbischof Adolf im Amt. Doch sein Werben für den Staufer hatte den Kämmerer des Erzbistums über den Herbst schier in den Wahnsinn getrieben. Die Juden sperrten sich, weitere Kredite herauszugeben und der Rat des stolzen Cöllns hatte aufgehört, den Anweisungen seines Stadtherrn Folge zu leisten.

      46. Kapitel

       Herbst 1214

      Alle Grafen waren sich einig gewesen, dass sich die Bruderschaft wieder beraten musste. Sophie war froh, als sie mit Friedrich nach den kurzen Wochen auf Isenbourgh wieder nach Limbourgh reisen durfte. Doch die Reise war nicht ohne Gefahren. Über den heraufziehenden Konflikt mit dem Erzbistum hatte Friedrich den noch schwelenden Krieg zwischen Welfen und Staufern fast vergessen. Dabei war beides nicht von einander zu trennen; doch das Erzbistum betraf ihn nun persönlich. Der Königsstreit zwischen Staufern und Welfen hingegen war fern.

      Baierische Truppen waren schon hinauf bis an den Niederrhein gekommen. Über alle Lande und Straßen verteilt lagerte Kriegsvolk. Die aufsteigenden Rauchschwaden des nassen Holzes, das es verbrannte, kündete allerorten von ihren Plätzen. In den Wäldern und Fluren begegnete ihnen das heimische Volk. Nirgends war man vor ihren Schnüffeleien und Übergriffen sicher. Nicht einmal in den Flecken und Dörfern. Überall nahmen sie sich, was sie bedurften. Friedrich wollte Sophie diesem unruhigen Treiben nicht aussetzen. So entschied er, mit einem Kahn über die Ruhr zu reisen und erst bei Duisbourgh wieder den Landweg nach Limbourgh zu nutzen.

      Viele Fürsten gebärdeten sich widerspenstig und sahen nicht ein, auch wenn sie in Bouvines geschlagen worden waren, warum sie zum Staufer überlaufen sollen. Sie wollten mit Münze oder Schwert überzeugt werden. Anfang August unterwarf Roger Friedrich von Staufen Heinrich von Brabant.

      Die Bruderschaft war sich uneins. Heinrich von Brabant war bezwungen und damit für die Bruderschaft verloren. Doch außer ihm war keiner so weit, das Bündnis verlassen zu müssen. Im Gegenteil: Waleran, Willhelm von Jülich, Dietrich von Cleve und Heinrich von Kessel hatten beschlossen, den Herzog von Baiern gefangen zu nehmen. Doch mit der geglückten Gefangennahme hatten sie nur den Zorn der Staufer entfacht.

      So hatten ihre Truppen den ganzen Sommer am Rhein zugebracht – in der immergleichen Drohgebärde gegen Geldern. Roger Friedrich hatte dem Früstenbund gedrohte und gefordert, dass der Baiernherzog freigelassen werde. Erst Ende August hatte der Staufer zu Münstermarienfeld einen Frieden zwischen Wilhelm von Geldern, Heinrich von Sayn und Waleran erzielt. Im Gegenzug sicherten die Staufer zu, die gegnerischen Besitzungen unverheert zu lassen und gegen weitere Verwüstung zu schützen. Die Fürsten im Rheinland wünschten sich den Winter herbei. Denn der Staufer hatte sich durch sein Verhandlungsgeschick im Rheinland Respekt verschafft und die Besatzungstruppen an der Standfestigkeit von Volk und Fürsten genagt. Der Winter gab ihnen Zeit, über einen Wechsel zu den Staufern nachzudenken.

      ~

      An Ursula, noch bevor sich das Leichentuch des bevorstehenden Winters über die Lande legte, machte sich Friedrich wieder auf nach Cölln zu reisen. Im Gepäck hatte er das Pergament, welches er zusammen mit seinem Bruder Engelbert im letzten Jahr bezüglich seiner Besitzungen angefertigt hatte. Friedrich erreichte die erzbischöfliche Stadt im Dunkelwerden. Als er mit Cedric, Wibold, Gundalf und Berengoz zur erzbischöflichen Residenz am Rhein ritt, senkten die giebelständigen Häuser ihre dunklen Schatten bedrohlich auf das Kopfsteinpflaster des Alten Marktes. Es schien, als mieden die achttausend Seelen der sonst so lebhaften Stadt, die Straßen, aus Angst, ihr Reichtum könnte mit einem Machtwechsel vergehen. Ja, und Friedrich selbst, war von keiner anderen Furcht getrieben. Denn auch er war um den Verlust seiner kirchlichen Lehen bangend hergekommen. Froh war er, als sich ihm die Tore der Residenz öffneten und noch froher, als er die Angelegenheit mit dem Oheim erledigt hatte.

      „So, mein Junge, das wäre geschafft.“

      „


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