INGRATUS - Das Unerwünschte in uns. Tabea Thomson
Mutter Vinoda erwiderte es und streichelte der knuffigen Tochter liebevoll die pausbäckigen Wangen. »Ob die Süße spürt, wer draußen unterwegs ist.«
Vater Tai wandte sich lächelnd um. Indessen er zu seinen Weibern lief, antwortete er: »Ich denke ja ...«, mitten in seinem Satz preschte der aufgeweckte rot haarige Sohn: »Sie kommen zu Fuß! … – … Sie sind gleich am Hauseingang«, seine Stimme überschlug sich fast.
Vier Minuten später erschallte das Türsignal. Zeitgleich erzitterte heftiger Gewitterdonner die Erde.
›Bloß gut das der Hauseingang Schutz bietet‹, sprach Tai, als er zum Eingang eilte.
Bevor er die große mächtige Eisentür öffnete, sie führt in den privaten Wohnbereich, holte er noch mal kräftig Luft.
Nach einer herzlichen Begrüßung stellte ich Tai – meine Shumerer Begleitung vor. Zu meiner Rechten stand mein überaus bezauberndes, junges, blondes Erden Eheweib Lisa Gwen. An ihrer Hand hielt sich unser Sohn fest. Er war im neunten Lebensjahr. Sein Geist wirkte abwesend und der Blick nervös. Ich fühlte gleichsam, was in meinem Sohn emotional vorging. Sanftes streicheln über sein lockiges, nachtblaues Haar drückte mein Mitgefühl aus. Im Geist sprach ich zu ihm: ›Nur Geduld, gleich bist du wieder bei ihr.‹ Jede meiner Silben wurde mit einem inneren aufgewühlten Beben meines Sohnes begleitet.
Noch bevor es mir gelang, den Knaben mental zu beruhigen, stürmte er ins Haus. ›Mea Mulier, Mea Mulier …‹, schrie er mit erregter Stimme.
Tai schmunzelte zufrieden. ›Sie sind oben im Wohnzimmer‹, rief er den Knaben freundlich nach.
Ich holte schwer Luft. ›Das es bereits jetzt so stark bei ihm ausgeprägt sein könnte, damit hatten wir nicht gerechnet.‹
Tai nickte verständlich und dabei tätschelte er mir mitfühlend auf die Schulter ...‹
Jene Berührung fühlte sich jetzt wie ein fester Schultergriff an ...‹
»Sire es ist gleich soweit.«
»Was ... ist ... soweit?«, Keruns Flüsterstimme klang verwirrt.
Torks lächelte und zeigte auf das Hud. »Na die Passierprozedur an der "Weltentor-Passage".«
Kerun fiel es sichtbar schwer, den Grips ins Cockpit zu bringen. »Davor brauche ich noch einen großen Kaffee«, murmelte er schlaftrunken.
* *
Gerade als Kerun den letzten Schluck Kaffee trank, war die "Weltentor-Passage" in greifbarer Nähe. Sie sah für ungebetene Besucher, die es eventuell bis hierher geschafft hatten, wie eine schier unendliche hochexplosive Gaswolke aus. Und das war sie! Erst wenn es einen Code übermittelt bekam, wurde die mit einer nebelartigen Substanz gefüllte Passage sichtbar. Auf der anderen Seite des Weltentores beginnt das sagenumwobene und nirgends kartografierte Shumerer System. Kein ungebetener Besucher bekam es jemals zusehen.
Das Ziel vom Bergungs-Shuttle Assertor ist diesmal nicht der Heimatplanet Advenu, sondern das Rettungsraumschiff Visitor α U P. Es liegt nur wenige Flug Kilometer von der Passage vor Anker.
Bevor die Assertor dort festmachen konnte, mussten sie noch dir Weltentor Anmeldeprozedur durchlaufen. Nach der Kennziffern Eingabe erfolgte ein vom Weltentor ausgehender Shuttle Scan. Bei dem wurde vom Shumerer Menschen das Spaa Gen und beim Aiws die Biomatrix abgefragt. Eine gelbe Anzeige auf dem Cockpit Hud zeigte an, dass sie einfahren durften. Synchron zur Bestätigung öffnete das Weltentor. Wobei der Spalt nicht viel größer wurde, als das Bergungs-Shuttle Assertor. Torks bugsierte es gekonnt hindurch. Auf der anderen Seite, fuhr ihre Tarnung zurück.
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Die Assertor, was der Befreier bedeutet, wurde bereits seit Jahrtausenden als solcher eingesetzt.
Technisch gesehen ist sie auf dem neusten Shumerer Stand. Aber! Bei besonderen Einsätzen oder Schäden kann die Besatzung auf altbewährte Technik als auch auf einen analogen zuverlässigen alternativen Antrieb zugreifen. Damit erkundeten bereits die Ur-Shumerer die Galaxien.
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Wenn die Assertor komplett war, hatte sie wegen ihres verdrillten und viergliedrigen, Aussehens den Spitznamen Sandwurm. Jener Gulco sah auf den zweiten Blick genauso altertümlich wie die Assertor aus. Der Eindruck vertiefte sich noch durch die Shuttle Außenhaut. Sie sieht nach stark verwittertem Stoff aus. Dem war mitnichten so. Die Außenhautbespannung besteht aus der lebendigen organischen Materie der Nochos. Deren eigentlicher Lebensraum liegt in der Vierten sowie in höheren Dimensionen.
Ebensolche Wesen umspannten die vier, rund um den Shuttle Rumpf verteilten, doppelten Tragflächen. In diesen sind – beziehungsweise waren – die autark arbeitenden Sol Antriebsgondeln untergebracht.
Im kompletten Zustand bestand es aus vier Segmenten.
Der Bug war erheblich kleiner als das Heck. Jede Seite besaß ein Cockpit. Ebenso gab es vorn wie hinten zwei Maschinenräume und Heiler-Sektoren sowie die Überlebensalkoven. Frontseitig gab es einen winzigen Alkoven für maximal drei Personen. Am Heck standen zehn große Doppeldecker Alkoven für je fünfundzwanzig Mann zur Verfügung. Im Bedarfsfall war es möglich, die komplette Assertor, in zwei Segmente zuteilen. Abgekoppelt konnten sie unabhängig voneinander geflogen werden. Waren sie jedoch miteinander verbunden, führte mittig ein langer schmaler Gang, vom Bug und Heck Cockpit, zu den beidseitig gelegenen Maschinenräumen. Linksseitig waren die Alternative und rechts die normale Antriebstechnik untergebracht. Ungefähr auf halben Weg befanden sich auf der linken Seite die Alkoven. Sie waren nur mit dem Nötigsten zum Überleben ausgestattet.
Die Sparsamkeit trifft ebenso für die Stellflächen der Maschinenräume zu. An der Qualität der Technik wurde nicht gespart. Die freigesetzten Flächen verfügten über holografische Technik, sie stand den Heiler-Sektoren zur Verfügung. Es konnten dann im Bug maximal drei und im Heck fünfzig Staze Biobetten bereitgestellt werden.
In den vergangenen fünf Monaten wurden so über zweitausend aus Gefangenschaft befreite versorgt. Wobei es sich dabei vorwiegend um Sklaven, entführte Rebellen und Aufständische aus dem unterdrückten U P C Terrain handelte.
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Die Assertor ist schon seit vielen Zehntausenden Dekaden im Einsatz, wenn man den Antriebsgeräuschen lauscht, kommt es einen so vor, dass man die Siegesgesänge der längst vergangenen Besatzungen hört.
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Auf der anderen Weltentor Seite drosselte die Assertor ihre Geschwindigkeit bis zum Stillstand. Der Grund hierfür war ganz simpel: Im gesamten Eridani Alpha System herrscht stets dichter Flugverkehr. Daher mussten sie, weil sie sich nicht im Rettungseinsatz befanden, auf einen der nächsten freien Flugkorridore warten. Während sie warteten, kreuzte das Rettungsraumschiff Julian ihre Flugbahn. Sie wird in den nächsten Tagen da festmachen, wo die Visitor α U P jetzt liegt.
Die Julian ähnelt im weitesten Sinne, in Form und Farbe, einem irdischen Rochen.
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Als es vorbeifuhr, kam ein Funkgruß für Torks an. Der Absender war die erste Maschineningenieurin der Julian. Wie er nun ihre netten Worte las, gingen seine Erinnerungen noch mal zum letzten Befreiungseinsatz: »Wir vom "Sandwurm" – Bergungs-Shuttle Assertor waren wegen der gebotenen Eile wohl zu unachtsam gewesen. Als Folge dessen gerieten wir in den Hinterhalt eines U P C Kampfkreuzers. Wodurch unsere zwei hinteren Sektoren heimtückisch von Partikelstrahlen, wie ein Sieb durchlöchert wurde. Einige Treffer landeten im Steuerraum vom Maschinenraum. Wodurch der Hardron-Sol-Antrieb und die Hardron-Sol-Kerne kollabierten. Der hinterhältige Verfolger roch in unserem holprigen Flug schon den kapitulierenden Atem. Mit der nächsten Salve wollten sie ihm uns ganz nehmen. Doch kurz bevor die feindlichen Partikelstrahlen uns erreichten, bretterten wir aus der Bend Blase. –
Dem Feind waren wir entkommen. Aber das!; was uns danach erwartete hat, war auch nicht besser. Ungebremst und hart schlug die Assertor im normalen Raum auf. Wodurch es uns unkontrolliert durch den Weltraum katapultierte. Es dauerte Sekunden, eher der Pilot alles zur Stabilisierung erforderliche ausbalancieren