INGRATUS - Das Unerwünschte in uns. Tabea Thomson
wurden die Patienten von hervorragend ausgebildetem Personal betreut. Zu denen zählten Aiws und Menschen sowie die persönlichen Beschützer der Patienten. Letztgenannte lehrten den Patienten wie sie wieder Gefühle ausdrücken können. Dahingegen waren die exakt nach Shumerer aussehenden Aiws nur für die Überwachung zuständig. Ferner führten sie Protokoll über Fortschritte oder Fehler der isolierten Insassen. Fehler machten sie viele, deshalb funktionierte in der beruhigten Krankenstation die Technik nur sehr sporadisch. Was alleinig am Erinnerungsvermögen der Heiler Patienten lag, und das wiederum wurde durch das Skylup Virus restlos blockiert.
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Weitere Symptome der heimtückischen Viruserkrankung sind: massive Gedächtnisblockaden, komplette emotionale Blockaden, Verlust des Zeitgefühls. Einige zeigen, sich selbst gegenüber, ein aggressives Verhalten. Ferner fehlt ihnen die Fähigkeit, logische Verknüpfungen vorzunehmen. Zudem sind sie nicht imstande das Durchlebte geistig aufzuarbeiten, daher gliedert es ihr Gehirn in einen geschützten Bereich aus. Außerdem sind sie alle physisch instabil.
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Für den weiteren Verlauf der Geschichte spielt nur der beruhigte Bereich eine tragende Rolle. Dort gab es neben den Quartieren und den Kontrollzentren auch ein Deck mit Krankenstationen. Es wurde in je eine Abteilung für Gatten (Männer) sowie für Weiber (Frauen) unterteilt.
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Matise Delune, einer der echten kommandierenden Captains, lebt gleichfalls dort. Er erfreut sich zwar bester Gesundheit, jedoch er absolvierte eine auf gehorsam drillende U P C Raumfahrt Akademie. Wie alle Absolventen lernte er, nur, stur nach Despoten Anweisung zu handeln.
Auf der Visitor durfte er in Ruhe lernen, wie man in Freiheit kommandiert und gestellte Aufgaben mit Raffinesse sowie List umsetzt. Dazu wurde Captain Delune bei unzähligen simulierten Übungseinsätzen hartnäckig animiert, um die Ecke zudenken. In den letzten fünfzehn Monaten mauserte er sich zu einem hervorragenden Improvisationstalent.
Der zuständige Sicherheitsoffizier – (Captain Arun Potts) versicherte dem Boss der Visitor: ›Delune ist Reif für realistische Einsätze.‹
Für die Patienten im beruhigten Bereich jedoch galt einzig und allein das Gebot der echten Heiler und Ärzte. ›Erst nach ihrer vollständigen Wiederherstellung werden diese Fachkräfte in die Stammbesatzungen integriert.‹
So wird es ebenso mit den letzten noch verbleibenden Patienten Sorel Gwen und Lennard Minn sein. Ob sie soweit sind mit der Wahrheit konfrontiert zu werden, wird in einer der nächsten täglichen Auswertungen entschieden. An der heutigen Sitzung nahmen neben den behandelnden Heilern, auch Sire Kerun teil. Er will miterleben, wie sein Sohn Sorel wieder zurück ins wahre Leben findet.
Chris McPalmer der vorübergehende Leiter (der realen Heilercrew) unterrichtete mit präzisen Worten, dem Boss Kerun Peshk von Lennards und Sorels geistigen Erinnerungszustand.
Zum Schluss versicherte er: ›Unsere letzten zwei Patienten sind soweit den realen Teil kennenzulernen.‹
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Kapitel 3
Fünf Tage vor Keruns Ankunft
In den echten Notfallstationen an Bord der Visitor herrschte wie immer Hochbetrieb.
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Heiler Chris McPalmer, er beging vor zwei Wochen seinen hundertzwanzigsten Geburtstag, stand kurz vorm Dienstschluss auf einem Korridor von Deck fünf. Der späte Teenager, seine Spezies wird locker über tausend Jahre, schaute durch eine ab Hüfthöhe durchsichtige Wand ins Innere einer Gatten Notfallabteilung. Sein erschöpfter Blick verfolgte sehr emotional berührt das routinierte Treiben der Heiler sowie Ärzte.
Einer von denen fühlte es, woraufhin er für einen flüchtigen Moment zum beobachtenden Heiler schaute und lächelnd winkte. Müde nickend erwiderte dieser den Gruß.
Gleich darauf setzte er den Weg, auf dem in Dämmerlicht getauchten Korridor fort. Sein Gang spiegelte das wieder, wie er sich nach über elf Tagen Dienst fühlt, fix und fertig. Selbst die zartgrüne Jacke lungerte ausgelaugt über seiner Schulter. Zum Glück hatte er jetzt zehn Tage Dienst in der beruhigten Zone. Doch sofort das erlebte Vergessen ging wie immer nicht so ohne Weiteres. Dazu beschäftigten dem Schlürfer noch zu sehr die geschundenen Personen, welche heute durch das Dimensionstor an Bord gelangten.
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf ist er an einer Korridor Gabelung nach links abgebogen. Seine Füße, angetrieben vom nahenden Dienstschluss, trotteten fast von alleine in den Umkleideraum und von dort zu einem Waschbecken.
Vorm Spiegel stehend betrachtete er sich. Heiler Chris McPalmer erschrak über den ausgebrannten Anblick. Sein hochgewachsener nicht ganz schlanker Körper, der stets gepflegt daher kam, wirkte mehr als verbraucht. Nicht mal seine peppig gestylten schwarzen Haare als auch die leicht braune Haut, die ihn sonst stets frisch und ausgeruht aussehen lassen, lenkten von der Müdigkeit ab.
Ohne den Blick vom Spiegelbild zu nehmen, drehte er den Wasserhahn auf. Minutenlang floss abwechselnd eisiges Wasser über die Unterarme. Es blieb wirkungslos. Weil er noch keinen offiziellen Dienstschluss hatte, griff er nach härteren Munter-Mach-Mitteln.
Ruckzuck riss er sich die Kleider vom Leib, und bevor er es sich anderes überlegte, flitzte er in die Ultraschalldusche. Unter den eisigen Strahlen grölte er die Müdigkeit heraus. ...
Fröstelnd griff er den wärmenden Pulli, dieser und ebenso die lässige Hose war privat, jedoch die weißen Stiefel gehörten zur Dienstkleidung. Sie symbolisierten so etwas wie eine Verbindung zwischen den zwei Realitäten.
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»Zeige die aktuellen Biodaten vom Geschwisterpaar Minn«, befahl er der Citraa.
Seitlich von ihm erschienen zwei frei schwebende virtuelle Displays. Laut diesen ging es seinen Kollegen Lennard Minn prächtig. Sophies Befinden konnte im Moment als Beschwerde frei durchgehen.
Für Chris allerdings bedeuteten die Biodaten, dass es heute nur ein kurzer Abstecher in die beruhigte Zone wird. Zum einen war er darüber froh, und zum anderen ging er nach solcherlei langem Heiler-Diensten gern in den beruhigten Teil. In deren Stille konnte er sich »prima Akklimatisieren«, wie er es nannte. Das brauchte er um all das Leid, was ihm in seiner Dienstzeit unterkam, gedanklich auszublenden.
Doch bevor er diesmal auf die andere Seite wechselte, studierte er den virtuellen Dienstplan der beruhigten Zone. Laut diesem hatte er da Dienstschluss. –
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Beim verlassen des Umkleideraumes sah man Chris die Vorfreude auf einen frühen Feierabend an.
Kurz vor der nächsten Korridorkreuzung aktivierte er den Impulsgeber am Handgelenk. Augenblicklich wurde in der Wand, zu seiner Linken, ein internes Portal sichtbar. Ein aufleuchtendes grünes Symbol am Impulsgeber sagte ihm: Der Umkleideraum auf der anderen Seite ist leer.
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In der beruhigten Weiber Krankenstation, empfing Chris nächtliche Ruhe. Das Einzige was den Schritten begegnete, war lahmes, gedämpftes Schuhsohlen quietschen. Bloß gut, dass er die dienstlichen Leisetreter anbehielt.
Ohne Eile lief er über den Korridor. An einer Kreuzung bog er zu den Bereitschaftsräumen ab. Wie erhofft brannte im fünften Raum noch Licht. Der ist dem Kollegen Lennard Minn vorbehalten.
Bevor Chris zu ihm ging, blieb er abseits noch einen Moment stehen. Sein Augenmerk galt dem wohlgeformten Gesicht seines Schützlings. Soviel, wie er vom Hören sagen kannte, sollte Sophies Antlitz – das ihres bildschönen Bruders noch um einiges übertrumpfen. Leider sah Chris bisher, wie fast jeder an Bord, Sophies alles andere als Augen schmeichelndes Gesicht, das durch den Einsatz von "holographischer Technik"nach einem Menschen Weib der Erde aussieht. Nicht einmal die Stimme konnte als lieblich eingestuft werden, die Tonlage quäkte ab und an wegen ihrer Unreife.
Insgeheim wünschte Chris, dass er Sophies echte Shumerer Erscheinung alsbald zu Gesicht bekommt. Mit diesem