Tod eines Milliardärs. Nick Stein

Tod eines Milliardärs - Nick Stein


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anderen Aufgaben waren harmlos gewesen. Für die Frauen hatte es so ausgesehen, als ob sie leicht an einen Gewinn kommen würden. Hauptpreis war ein Mercedes 500 gewesen. Angeblich.

      Der Mann hatte auf Youtube überzeugend gewirkt; insgesamt war er in vier Fällen angeklagt und später verurteilt worden, sieben weitere Versuche waren bekannt geworden. Gestorben war zwar niemand, in einigen Fällen hatte jedoch nicht viel gefehlt.

      Der Mann war aktenkundig, sein Pseudonym auch.

      Sie wandte sich an ihren Kollegen.

      »Hör zu, es gab einen anderen Fall vom letzten November. Ein Mann hat sich als Fernsehmann des österreichischen Fernsehens ausgegeben. Er hat über Youtube ein Preisausschreiben gestartet, bei dem man etwas gewinnen konnte, wenn man mehr über den eigenen Körper herausfand. Seine Opfer sind ihm blindlings gefolgt, der muss sehr überzeugend gewesen sein.«

      Sie waren beim Auto angekommen. Ilka war froh, dass ihr das eingefallen war. Wissen und Intuition, damit hatte sie schon viele Fälle lösen können.

      »Besorg dir mal die Infos aus Salzburg. Frag dich notfalls durch, noch vom Auto aus. Falls wir hier einen Trittbrettfahrer haben, müssen wir alles über den Fall wissen.«

      Sie selbst hatte über den Fall aus der Presse und über Twitter und Facebook erfahren. Während ihr Kollege telefonierte, stellte sie sich vor, wie diese Berichte auf andere männliche Sadisten gewirkt haben mussten.

      Aha, da gab es Frauen, die sich zu so etwas überreden ließen, zu Hunderten. Sie wunderte sich gleich, dass es nicht noch mehr Nachahmer gegeben hatte, so etwas zog diese Leute an wie Scheiße die Fliegen.

      Halt, sagte sie sich. Du hast das bereits eingegrenzt, auf männliche Sadisten. Das machte zwar Sinn, die einzige Möglichkeit war es aber nicht. Was, wenn eine andere Frau dahintersteckte, die sich das Wissen um den angeblichen Quizmaster aus Salzburg zu Nutze machte und damit die Kripo ablenken wollte?

      Sie sah hinüber zu Jonas Altmann. Gerade solche Macho-Typen hatten oft Minderwertigkeitskomplexe, die sie kompensieren wollten. Mit Cowboyhüten zum Beispiel. Mit einer Waffe, die sie legal tragen durften. Viele Polizisten waren nur zur Truppe gestoßen, weil sie endlich mal Macht haben wollten.

      Sie selbst war schon mal von einem ehemaligen Klassenkameraden gestoppt worden, der nach der Realschule zur Polizei gegangen war, während sie noch studierte; der hatte sie bei einer Verkehrskontrolle gestoppt und ihr zehn Euro Strafe aufgebrummt, weil sie angeblich zu schnell gefahren war. Er hatte sie mit Frau Eichner angesprochen und auf ihr Kalle gar nicht reagiert.

      Kalle war immer der schlechteste in der Klasse gewesen und hatte wegen seiner Pickel nie Chancen bei den Mädels gehabt.

      Ihr Kollege mit dem Hut hatte studiert wie sie, in Hildesheim. War er auch so einer wie Kalle, im Herzen?

      Altmann kompensierte das mit Frauengeschichten, wie sie gehört hatte. Wenn keine Frauen in der Nähe waren, prahlte er mit seinen Eroberungen. Er war auf seine Weise attraktiv, er war groß und sportlich und sah männlich aus, bestimmt kriegte er damit viele rum.

      Aber warum blieb er dann nicht bei einer? Warum musste er sich immer wieder beweisen, mit immer neuen Frauen? War das seine Droge?

      Altmann hatte gerade aufgelegt.

      »Warum quälen Männer Frauen, Jonas? Kannst du mir das sagen?«, fragte sie ihn direkt.

      »Ist das eine Art Rache?«

      Er lachte. »Die quälen sich selbst, wenn sie einer nicht mehr erträgt und sie sitzen lässt«, grinste er. Dann wurde er wieder ernst und sah sie schräg von der Seite an.

      »Du meinst diesen Fall und den Mann in Salzburg, nicht?«

      Er legte den Kopf nach hinten an die Kopfstütze, wobei ihm sein Hut in den Schoß fiel. Er ließ ihn liegen.

      »Tja. Macht über andere, das passt eher als Rache, finde ich. Nach den Akten hat der Typ es genossen, dass die Frauen ihm gefolgt sind und sich selbst weh getan haben, mit Säuren, wieder und wieder, auch wenn es sehr schmerzhaft war. Einige sind dabei bewusstlos geworden, für Stunden. Beim nächsten sogenannten Quiz über Youtube haben sie es dann trotzdem wieder gemacht.«

      Er rutschte nach unten und setzte sich den Hut wieder auf. »Ich mache mir eher Gedanken über diese Frauen. Warum machen die das? Das weiß doch jeder, dass Säure gefährlich ist. Der hat die an ihrer Wertschätzung gepackt, denke ich. Die hätten etwas im Quiz gewinnen können, das hat sie heiß gemacht. Sie hatten eine tolle Chance, etwas zu gewinnen. Das und die Neugier, oder?«

      Er sah sie wieder an, Ilka sah auf die Straße vor sich.

      »Wir haben doch alle schon mal an uns rumprobiert, oder? Uns ausgetestet, wie weit man gehen kann, ob etwas weh tut, ob man das aushält. Wir machen Mutproben mit, als Kinder, auch dabei kann man sich verletzen oder sterben, hatten wir doch oft genug, oder Ilka?«

      Sie sah ihn mit einem Seitenblick an. »Und?«

      »Die Frauen hatten eine Chance, Geld zu gewinnen. Und ihre Grenzen auszutesten. Eine Mischung, die zusammen mit überzeugenden Worten wohl immer gezogen hat. Und nach Fifty Shades of Grey kommt Masochismus ja bei Frauen auch ganz gut an, soweit ich weiß.«

      Er lehnte sich zufrieden zurück und nahm seinen Hut wieder ab.

      »Okay, das erklärt vielleicht die Bereitschaft der Frauen, sich so etwas auszusetzen, obwohl ich das sehr beunruhigend finde«, gestand Ilka.

      »Wir suchen aber keine Opfer, Jonas, wir suchen den Täter. Macht, sagst du, ein Trick, die Leichtgläubigkeit der Frauen auszunutzen, damit sie tun, was man ihnen sagt, und sich dabei verletzen. Das allein kann es nicht sein. Da gehört noch mehr dazu. Sadismus. Der Wunsch zu verletzen, zu quälen. Aber warum will jemand Frauen quälen? Was sagst du als erfahrener Mann dazu?«

      Jonas sah sie gequält an, nahm den Cowboyhut wieder ab und biss fragend in die Krempe. Er dachte einen Moment nach.

      »Du musst da vorne abbiegen«, empfahl er Ilka.

      »Weiß ich. Lenk nicht ab.«

      Jonas beugte sich vor und stülpte sich sein wichtiges Bekleidungsstück wieder auf.

      »Du hast vorhin Rache erwähnt. Wegen Zurückweisungen, würde mir dazu einfallen. Enttäuschte Liebe. Wenn du den alten Freud bemühen willst, die Strafe dafür, dass die Mutter den Sohn verlassen hat. Ihn aus dem Haus gejagt hat. Dafür, dass die Frauen den Männern nicht geben können, was sie wollen. Dass sie selbst zu viel von den Männern wollen und nicht bereit sind, sich unterzuordnen. Dass sie einen eigenen Willen haben und ihre eigenen Interessen über die der Männer stellen, so was in der Art. Das würde dazu passen, dass der Täter seinen Opfern seinen Willen aufzwingen will. Dass er sie zu etwas bringt, was sie eigentlich nicht wollen können.«

      Er lehnte sich wieder zurück.

      »Ich weiß auch nicht. Ist doch alles Scheiße, was diese Perversen im Kopf haben.«

      Ilka brachte den Passat zum Stehen und griente ihren Beifahrer spöttisch an. »Sehr aufschlussreich, Jonas. Schauen wir uns das Opfer mal an.«

      Die Tote hatte im vierten Stock gewohnt. Unten am Hauseingang stand ein Kollege, der nur die Anwohner durchließ, vor ihm standen zwei Pressevertreter, die ins Haus wollten.

      »Sorry, das sind laufende Ermittlungen. Da kommt die Hauptkommissarin, fragen Sie die doch.«

      Ilka funkelte den Streifenpolizisten an und wandte sich an die Reporter.

      »Sorry, ich bin hier gerade erst angekommen. Sobald ich wieder raus bin, kann ich Ihnen gern Auskunft erteilen. Setzen Sie sich am besten in Ihre Fahrzeuge, es ist kalt draußen, und Sie halten den Anwohnerverkehr auf. Danke.«

      Schon im Treppenhaus konnten sie riechen, was die Beamten gemeint hatten. Es roch nach vergammeltem Braten, der ein paar Tage zu lange im eigenen Saft im Backofen gestanden und zu stinken angefangen hatte, mit einer Note von verwesendem Fleisch. Altmann hielt sich die Nase zu.

      In


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