Die Pferdelords 10 - Die Bruderschaft des Kreuzes. Michael Schenk

Die Pferdelords 10 - Die Bruderschaft des Kreuzes - Michael Schenk


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Zeit geben, sich besser aneinander zu gewöhnen.“

      Ta Marek drängte es an die Grenze, aber er sah ein, dass der alte Unterführer recht hatte. „Nun, der Befehl besagt nicht, wann wir eintreffen müssen. So können wir uns etwas Zeit nehmen und die Gelegenheit nutzen, den Männern unterwegs noch etwas beizubringen.“

      Am kommenden Tag wurden Ersatzpferde mit den Packlasten des Reiseproviants und der wenigen privaten Habe der Männer beladen. Dann ließ Renter ta Marek die einhundertsiebzig Gardisten mit ihren Pferden auf dem Innenhof der Garnison antreten.

      Alle trugen die Vollrüstungen über den schlichten graublauen Uniformen. Das helle Metall blitzte im Sonnenlicht. Ein leichter Wind spielte mit den einzelnen gelben Federn, die jeder der Männer als Zeichen seiner Zugehörigkeit zur Gardekavallerie am Helm trug. Der graue Wimpel mit dem Zeichen des Königreiches und den Insignien des Beritts flappte lustlos an der langen Lanze. Trotz der Hitze zog Renter den grauen Umhang der Garde über seine schmalen Schultern und rückte den Hauptmannshelm mit den beiden Federn gerade.

      Begleitet von knappen Befehlen und dem Geschmetter eines Signalhorns saß der Beritt auf, erwies dem Kommandanten den Ehrensalut und ritt aus der Stadt. Er mochte noch nicht perfekt sein, aber immerhin, der fünfte Beritt des zweiten Gardekavallerieregimentes war auf dem Weg und der hochgeborene Ritter Renter ta Marek ritt an seiner Spitze.

      Trotz der Unzulänglichkeiten war er Stolz auf sein erstes Kommando und fest entschlossen, es zum Ruhm zu führen. Ein kleines Gemetzel mit den Orks und eine Verwundung schwebten ihm da vor. Nicht zu schwer. Eine Verletzung, die einwandfrei verheilte, aber eine jener Narben zurückließ, welche die hochgestellten Damen in Alneris schwach werden ließen.

      Der alte Unterführer des Beritts befürchtete genau diesen Ehrgeiz. Er hatte in seinem langen Soldatenleben schon manchen Offizier kennengelernt und schätzte Renter als einen jener Männer ein, die Ruhm oder Tod ernten würden. Der alte Soldat hatte ganz andere Vorstellungen von seinen letzten Dienstjahren und betrachtete den Ehrgeiz des jungen Offiziers mit wachsender Sorge. Offensichtlich wollte Renter auf die Garnison in Nerianet einen guten Eindruck machen und ließ während des Ritts kaum eine Gelegenheit ungenutzt, die Männer in den verschiedenen Reitformationen zu üben. Im Grunde war der Unterführer durchaus für eine solide Ausbildung. Im Kampf hing das Leben der Männer davon ab. Aber Renter legte zu viel Wert auf die Äußerlichkeit und missachtete einige der Grundregeln, die in der berittenen Truppe galten.

      Schließlich, als Renter ta Marek abermals einen Scheinangriff auf eine harmlose Baumgruppe anordnete, trieb der Unterführer sein Pferd neben den jungen Offizier. „Mit Eurer Erlaubnis, Hochgeboren, sollten wir Männern und Pferden eine Ruhepause gönnen.“ Er sah den missbilligenden Blick des Adligen und stützte sich auf das Sattelhorn. „Man mag es an der königlichen Akademie nicht vermittelt haben, doch die Garde nimmt Rücksicht auf ihre Pferde. Ein Zehnteltag Ritt, danach werden die Tiere einen halben Zehnteltag geführt. Das hält sie frisch genug, um im Bedarfsfall eine schnelle Attacke zu reiten.“

      „Ihr braucht mich nicht zu belehren, Unterführer.“ Renter hob den Helm kurz an und wischte sich Schweiß von der Stirn. „Dieses Wissen habe ich durchaus erlangt. Doch hier droht kein Feind und uns bleibt wenig Zeit, die Männer in den Formationen zu üben.“

      „Es liegt mir fern, Euer Hochgeboren belehren zu wollen“, erwiderte der Unterführer vorsichtig. „Doch gibt es Raubgesindel in unseren Provinzen.“

      „Kein Raubgesindel würde es wagen, einen Beritt der Garde anzugreifen“, sagte ta Marek empört.

      In gewisser Weise stimmte das. Obwohl es Banden gab, die durchaus stark genug gewesen wären, sich mit einer Gardeabteilung anzulegen, gingen sie solchen Konfrontationen aus dem Weg. Allerdings nicht aus Furcht, wie der Hochgeborene voraussetzte, sondern aus der Gewissheit heraus, dass es bei Soldaten keine Beute gab und sich das Risiko nicht lohnte.

      „Falls wir einer Bande begegnen, würde es in Nerianet sicher einen guten Eindruck machen, wenn wir sie zur Strecke brächten“, meinte der Unterführer eindringlich. „Auf müden Pferden würde uns eine Verfolgungsjagd schwerfallen.“

      Der alte Soldat wusste, dass seine Ausführungen eher unsinnig waren. Der Beritt befand sich inzwischen in der Nähe der Wälder, an denen die alte Stadt Nerianeris lag. In den Ruinen fand man nichts Lohnendes und die Raubbanden trieben sich in der Nähe der Handelsstraßen herum, wo es etwas für sie zu holen gab.

      Renter ta Marek war ehrgeizig genug, auf das Argument des Unterführers einzugehen. „Nun ja, ich verlasse mich auf Euer Urteil, Unterführer. Gebt Befehl zum Absitzen.“

      Die Männer waren sichtlich erleichtert, endlich von den Pferden steigen zu können. Der Unterführer betrachtete die Gardisten und die Pferde, an deren Flanken Schweiß schimmerte. Wenigstens war es kein schaumiger Schweiß, dennoch brauchten alle eine Erholung. Es war die verdammte Hitze, die allen so zusetzte, und der junge Ritter machte keinerlei Anstalten, es den Männern leichter zu machen.

      Für den Unterführer war es eine schwierige Situation. Er betrachtete die neuen Gardisten mit einem verständlichen Überlegenheitsgefühl und persönlicher Distanz. Das würde sich erst verlieren, wenn sich die Männer erstmals bewährten und sich dabei Spreu und Weizen trennten. Es lag jedoch an ihm, ihnen das entsprechende Rüstzeug zu verschaffen. Sie brauchten genug Druck, um zu fähigen Gardisten zu werden, und zugleich genug Fürsorge, um bei diesem Vorgang nicht zu zerbrechen. Unter einem menschenverachtenden Schinder konnte so etwas leicht geschehen, und der Unterführer hatte solche Männer durchaus kennengelernt. Glücklicherweise gab es solche Charaktere nur selten, denn der Dienst an der Grenze machte den Soldaten rasch deutlich, dass sie aufeinander angewiesen waren.

      Hauptmann ta Marek war sicher kein Schinder und ließ die Leute nicht wissentlich leiden. Davon war der Unterführer überzeugt. Der junge Adlige wusste einfach nicht, wie er zu führen hatte, und es lag an ihm, dem erfahrenen Soldaten, es dem Hochgeborenen zu vermitteln. Immerhin schwitzte der ebenso wie seine Männer, denn er trug wie sie die volle Kampfrüstung.

      „Wenn Euer Hochgeboren gestatten, so könnten wir den Männern Marscherleichterung befehlen.“ Der Unterführer wies zur Sonne empor. „Es ist sehr heiß, Euer Hochgeboren, und in der vollen Rüstung wird man rasch gebraten.“

      „Das will ich wohl meinen“, seufzte Renter ta Marek. „Aber wenn es zum Kampf geht, können wir darauf auch keine Rücksicht nehmen und müssen den Schweiß erdulden.“

      „Wenn es zum Kampf geht, Euer Hochgeboren, wird sicher jeder Gardist gerne ein wenig schwitzen und dabei den Schutz der Rüstung genießen. Doch im Augenblick tränkt der Schweiß Mann und Pferd. Wenn Schweiß den Körper verlässt, Euer Hochgeboren, dann wird das Blut dicker und träger und die Leute werden langsamer. Das muss man mit Wasser wieder ausgleichen.“ Der Unterführer deutete über die Schulter zu den Packlasten. „Unser Wasservorrat geht zur Neige. Wir werden Fässer und Flaschen am nächsten Wasserlauf auffüllen müssen. Bis dahin wäre es empfehlenswert, den Schweißfluss zu verringern.“

      Ta Marek nahm den federgeschmückten Helm ab, wischte sich Schweiß von der Stirn und überlegte kurz. Schließlich nickte er zögernd. „Ich hätte das selbst bedenken müssen“, räumte er ein und lächelte halbherzig. „Ich fürchte, ich habe selbst noch einiges zu lernen.“

      Der Unterführer verzichtete auf einen Kommentar, um die Gefühle des Vorgesetzten nicht zu verletzen. Immerhin war es ein gutes Zeichen, dass dieser eingelenkt hatte. Somit bestand Hoffnung für den Adligen und seine Männer.

      Einen Tag später bewegte sich der fünfte Beritt dicht am Waldrand entlang. Ein gutes Stück voraus schimmerte heller Stein.

      „Ist das schon Nerianet?“, fragte ta Marek prompt.

      „Nein, Euer Hochgeboren“, erwiderte der Unterführer. „Ich weiß es nicht genau, aber ich vermute, wir nähern uns den Ruinen von Nerianeris. Die Stadt wurde bei dem Beben stark zerstört. Da hat sich ein Wiederaufbau nicht gelohnt und sie wurde aufgegeben.“

      Der Ritter leckte sich über die Lippen. „Es geht auf die Abendwende und wird Zeit für das Nachtlager. Was meint Ihr, Unterführer, gibt


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