Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk

Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks - Michael Schenk


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Schatten wurden länger, und die Schlucht

      des Passes wurde zunehmend dunkel. Nicht mehr lange, und die Sonne würde

      untergehen. Kormund wusste, dass die Dunkelheit ihm nur wenig Schutz

      bieten würde. Denn im Gegensatz zu den Menschen liebten die Orks den

      Schutz der Nacht. Ihre rötlichen und lichtempfindlichen Augen sahen im

      Dunkel weitaus besser als die eines Menschen. Besser, er brachte es jetzt zu

      Ende und stellte sich den Verfolgern, bevor das schwindende Licht seine

      Chancen noch weiter verschlechtern würde. Vor sich konnte er bereits den

      Einschnitt in der Felswand unterhalb des Signalturms erkennen, der den

      kleinen Pfad markierte. Er trieb sein müdes Pferd an, um sich dort dem Feind

      ein letztes Mal zu stellen.

      Die Handvoll Orks hinter ihm merkte, dass sie aufholte, und die Bestien

      stießen ein triumphierendes Gebrüll aus. Langsam kamen sie näher. Kaum ein

      Dutzend Längen vor dem Pfad erkannte Kormund, dass er ihn nicht mehr

      rechtzeitig erreichen würde. Also hielt er an, tätschelte kurz den Hals seines

      Reittieres und saß dann ab. Mit einem Ruck stieß er die Lanze mit dem

      Wimpel in den steinigen Boden des Passes, zog den grünen Rundschild vom

      Sattel, schob ihn auf den linken Arm und nahm das Schwert mit festem Griff

      in seine rechte Hand. Mochten sie ihn auch niederringen, er würde ihnen

      einen guten Kampf liefern. Den Kampf eines Pferdelords. Die Orks vor ihm

      brüllten erneut und begannen zu rennen.

      »So sei es also«, murmelte Kormund und dachte flüchtig an seinen toten

      Freund Lukan. Bald würden sie gemeinsam zwischen den Goldenen Wolken

      stürmen. »Auf bald, mein Freund. Schneller Ritt und scharfer Tod.«

      Da hörte er auf einmal ein leises Zischen hinter sich, das sich zu den

      heranstürmenden Orks hin ausbreitete. Ein seltsam flirrender Schatten flog

      vorüber, traf eine der Bestien im vollen Lauf und fällte sie auf einen Schlag.

      Als ein weiterer Pfeil heranzischte und die Kehle einer Bestie durchschlug,

      stutzten die Orks noch für einen Augenblick, doch dann brüllten sie wütend

      auf und stürzten nach vorne.

      Kormunds Schwert prallte mit der Lanze eines Feindes zusammen,

      zerschlug den hölzernen Schaft, um dann mit einer Drehung in den

      ungeschützten Hals der Bestie zu fahren. Er duckte sich unter einem

      Schwertstreich und hörte wiederum ein metallisches Klingen, als ein weiterer

      Pfeil gegen den Brustpanzer eines Orks schlug, ihn jedoch nicht durchdrang.

      Die rundohrige Bestie brüllte noch einmal wütend in die Richtung, in der sich

      der fremde Schütze befinden musste, bevor ihr ein weiterer Pfeil in den weit

      aufgerissenen Mund drang, ein paar Zähne zerschlug und zuletzt das Gehirn

      traf. Den letzten der Angreifer spießte Kormund mit seinem Schwert auf, und

      er genoss es zu spüren, wie die Klinge in den Leib der Bestie glitt. Langsam

      stieß er sie noch weiter nach oben, während der Ork ihn nurmehr hilflos

      anbrüllte und sein fauliger Atem Kormund ins Gesicht traf.

      Dann war es vorbei.

      Schwer atmend ließ Kormund sein von Orkblut bedecktes Schwert sinken

      und wandte sich dem Dunkel des Pfades zu, von wo aus die Rettung

      gekommen war. Dort tauchte nun ein stämmiger Mann auf, dessen langes

      schwarzes Haar staubbedeckt und nass geschwitzt war. Der Mann war ohne

      Schild und Helm, aber er trug sein Schwert am Gurt und einen kurzen

      Jagdbogen in der Hand. Der grüne Umhang des Reiters verriet den

      Pferdelord.

      »Ihr habt ein gutes Gefühl dafür, im rechten Augenblick aufzutauchen«,

      sagte Kormund und lächelte erschöpft.

      »Ich bin Balwin aus dem Hesara-Tal, Sohn des Windemir, und ich war

      eigentlich auf ein anderes Wild aus«, erwiderte der stämmige Mann und legte

      Kormund zum Gruß die Hand auf die Schulter.

      »Ein wohlbekannter Name. Ich ritt einst mit Eurem Vater, Balwin. Er war

      ein guter Mann und ein vorzüglicher Pferdelord.« Kormund suchte sich eine

      weiche Stelle im Boden, in die er sein Schwert ein paarmal hineinstieß, um es

      vom Blut zu säubern. »Ich bin Kormund, Scharführer des ersten Beritts.«

      Balwin ging zu den Toten hinüber und zog seine Pfeile aus ihren Kadavern

      heraus. Gutes Holz für gute Pfeile war rar in der Hochmark, und ein guter

      Pferdelord verschwendete es nicht. »Was haben Rundohren in der Hochmark

      zu suchen, Scharführer? Ich dachte, die Bestien wären vor langer Zeit für

      immer besiegt worden.«

      »Das dachten wir wohl alle«, knurrte Kormund grimmig. »Doch als Erstes

      muss jetzt der Pferdefürst erfahren, dass die Bestien zurückgekehrt sind.«

      »Das wird wohl der Reiter besorgen, den Ihr zurückgeschickt habt.«

      Balwin, der seine Pfeile mit angewidertem Gesichtsausdruck säuberte, schien

      ganz offensichtlich anzunehmen, dass Kormund den fliehenden Parem als

      Boten nach Eternas geschickt hatte. »Aber auch die Höfe müssen gewarnt

      werden.« Er lachte trocken. »Seit Wochen werden uns Wolltiere gerissen. Ich

      dachte, es seien Raubkrallen, aber nun fürchte ich, dass es die Späher der

      Orks gewesen sind. Ich verfolgte ein paar frische Spuren, die mir so gar nicht

      nach einer Raubkralle aussahen, und die Spuren führten mich hierher. Wurde

      die Besatzung denn vom Turm abgezogen? Der Turm ist leer, wie ich sah.«

      »Erschlagen«, brummte Kormund widerwillig.

      »Dann sollte ich mich wohl auf den Weg machen und die Höfe warnen«,

      sagte Balwin nachdenklich. »Ich fürchte, wenn die Orks schon die

      Signalfeuer zerstört haben, dann werden sie mehr als nur einen kleinen

      Plünderungszug vorhaben und auch mehr sein als diese Handvoll hier.«

      Kormund blickte in die Schlucht zurück, deren Grund kaum noch zu

      erkennen war. Bei diesen Schatten würde es schwer sein, einen Feind zu

      erkennen, der sich ihnen näherte. »Ich würde Euch gern mein Pferd geben,

      Balwin, damit Ihr schneller seid. Doch es ist


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