Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk
dem Elfenvolk und den Menschenwesen, eine
Gefahr, die alles freie Leben auf der Welt bedrohte. Und so hatte der weise
Rat der Elfen beschlossen, die Waffen erneut zu erheben und einer Gefahr
entgegenzutreten, der sie vor so langer Zeit schon einmal begegnet waren.
Damals hatte es den Bund zwischen dem elfischen Volk und den Völkern
der Menschenwesen gegeben. Gemeinsam war man gegen die Horden des
Schwarzen Lords marschiert und hatte sie besiegt
Doch schon bald hatten sich die Menschenwesen als schwach erwiesen.
Der Bund war zerfallen, und über die Menschenwesen waren Machtgier und
Verrat gekommen. Ihre Völker hatten sich zu bekriegen begonnen und waren
zerfallen, und das Volk der Elfen hatte sich aus dem Bündnis gelöst. Danach
hatte sich das Bild der Welt unter den Händen der Menschenwesen geändert,
und die Elfen hatten in ihrer Weisheit erkannt, dass sie der wachsenden Macht
der Menschen weichen mussten.
Seit Langem schon war die große Reise an die fernen Küsten vorbereitet
worden, und viele Häuser des Elfenvolkes hatten ihre Heimstätten bereits
verlassen. Nun aber hatte die Dunkle Macht erneut ihr Haupt erhoben. Lange
Zeit hatte der weise Rat mit dem Entschluss gerungen, ob man den
Menschenwesen erneut beistehen oder ob man sie aber der Macht des
Dunklen überlassen und sich in die fernen Lande zurückziehen sollte. Aber
der Rat wusste, dass dies nur einen zeitlichen Aufschub mit sich brachte und
dass irgendwann, in Tausenden von Generationen, die Dunkle Macht auch
über die Meere reichen würde, wenn man sie jetzt nicht endgültig bezwingen
würde. So gab es für die verbliebenen Häuser des elfischen Volkes nur einen
Weg.
Der Bund zwischen Elfen und Menschen musste erneuert werden.
Lotaras und Leoryn aus dem Hause Elodarions hatten dem König der
Pferdelords diese Botschaft überbringen sollen. Doch die Dunkle Macht war
ihnen bereits zuvorgekommen. Die Marken des Pferdekönigs hallten wider
vom Kampfgeschrei der Horden und dem Marschtritt ihrer Legionen und
Kohorten. Gehöfte und Weiler brannten, und eine gewaltige Streitmacht der
Orks bewegte sich zwischen den Elfen und ihrem Ziel, der Stadt des
Pferdekönigs.
Der Anführer der Bogenschützen, welche die Geschwister auf ihrem Weg
begleiteten, hatte sich mit Lotaras und Leoryn beraten, dann stand sein
Entschluss rasch fest. »Der König der Pferdelords ist kein Narr. Schon oft
wurde sein Land bedroht, und jedes Mal hat er sein Volk in der Bergfestung
versammelt und dem Feind dort standgehalten. Auch dieses Mal wird der
Pferdekönig wieder in die Feste marschieren, damit sein Volk überleben
kann. Wir werden uns dorthin begeben, um den Bund mit ihm zu erneuern.
Ihr jedoch habt eine andere Aufgabe. Wendet euch nun nach Norden und
sucht dort das verborgene Haus.«
Alsdann trennten sich die Wege der Geschwister und der elfischen
Bogenschützen.
Die Kolonne der elfischen Schützen kam gut voran, denn sie verfügten alle
über die sprichwörtliche Ausdauer des elfischen Volkes und scheuten den
anstrengenden Marsch nicht, der sie durch das große Gebirge führte. Die
Bergfestung des Pferdekönigs war ihnen gut bekannt, und wer von ihnen sie
nicht persönlich gesehen hatte, kannte sie zumindest anhand der Erinnerungen
seines Volkes. Die Truppe der dreihundert Bogen durchquerte gerade ein
schmales Tal, als der Anführer vor ihnen plötzlich eine Staubwolke
ausmachte, die schnell näher kam. Rasch schätzte er die Breite des kleinen
Tales ein und befahl dann seiner Truppe kehrtzumachen und zu einer
besonders schmalen Stelle zurückzueilen. Die elfischen Schützen hasteten zu
der Engstelle, in der kaum mehr als achtzig Männer nebeneinander Platz
fanden, und stellten sich entsprechend den Anweisungen ihres Führers in vier
hintereinander gestaffelte Reihen auf. Zwei elfische Kundschafter eilten
außerdem die steilen Hänge hinauf, damit die Truppe nicht von hinten
überrascht werden konnte, dann warteten die dreihundert Elfen ab.
Sie führten alle den überlangen Bogen der Elfen mit sich, der eine
besondere Reichweite und Durchschlagskraft hatte. Ihre langen blauen
Umhänge bewegten sich leicht im steten Wind, der durch das Tal strich, und
an ihren hohen Helmen funkelten die goldenen Embleme ihrer Häuser. So
waren neben der aufragenden Lilie des Hauses Elodarion dort auch Farne,
Rosen, Vogelschwingen und andere Zeichen zu sehen, welche die Macht des
Elfenvolkes symbolisierten.
Einer der elfischen Kundschafter legte die Hand vor den Mund. »Ein
orkscher Trupp. Drei Kohorten stark.«
Der Anführer nickte. Er stand mit gezogenem Schwert an der äußersten
linken Flanke seiner Schützen. Über ihm, an einer goldenen Lanze, wehte ein
rundes Banner in der Form eines zartblauen Schildes aus. »Sollen sie nur
kommen.«
Er musste keine gesonderten Anweisungen geben. Seit unendlichen Zeiten
kannten die Elfen den Kampf, und auch wenn sie ihn nicht suchten,
verstanden sie sich doch bestens in der Kunst, ihn mit einer Erfahrung und
Treffsicherheit auszufechten, die keinen Vergleich fand.
Der Staub kam immer näher, bis schließlich die ersten dunklen Gestalten
sichtbar wurden. Die Elfen warteten, den Bogen zu ihrer Rechten auf den
Boden gesetzt, den Pfeilköcher gleich an ihrer rechten Hüfte. Die Kohorten
der Orks erkannten nun, dass die Elfen den Pass vor ihnen versperrten, und
waren dumm genug anzugreifen. Vielleicht fühlten sie sich mit sechshundert
Schädeln dem halb so starken Feind überlegen, auch hatten sie wohl noch
niemals gegen Elfen gestanden. Also stürmten sie los.
In einer Distanz von drei Hundertlängen lösten die Elfen die ersten Pfeile.
Zwei Minuten würde die kleine Horde der Orks benötigen, um die Elfen zu
erreichen,