Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt. Michael Schenk

Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt - Michael Schenk


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der grünen Umhänge lässt ihre Wunden wieder

      aufbrechen.«

      Dafür hatte Kormund Verständnis. Egal, wie ruhmreich ein Kampf auch

      verlief, immer gab es Opfer und Frauen und Kinder, die allein zurückblieben.

      Zwar sorgte das Pferdevolk für die seinen, aber das minderte nicht den

      Schmerz über den persönlichen Verlust.

      Dorkemunt räusperte sich und deutete zur Kammer hinüber, in der die

      blonde Witwe den verletzten Terwin versorgte. »Lenim ist nun fünfzehn

      Jahreswenden alt, und er könnte bald den Eid als Pferdelord ablegen. Ich

      glaube, er ist dazu bereit, aber er weiß auch, welchen Schmerz er seiner

      Mutter damit zufügen würde.« Er zuckte die Schultern. »Ich kann nicht sagen,

      wie er sich entscheiden wird.«

      Kormund schenkte sich nach. »Der Jüngere scheint schon jetzt bereit zu

      sein.«

      »Anderim? Er ist jetzt zwölf und kann es kaum erwarten, ein Pferdelord zu

      werden. Ah, du solltest seine Augen sehen, wenn ich vom Sturm unserer

      Beritte erzähle.« Der alte Pferdelord seufzte. »Natürlich nur, wenn Henelyn

      nicht dabei ist.«

      Buldwar räusperte sich vernehmlich, und als Dorkemunt und Kormund

      ihre Köpfe hoben, sahen sie die blonde Frau in der Türöffnung ihrer Kammer

      stehen. In ihren Händen hielt sie einige blutige Binden. »Eure Stiche waren

      gut, Pferdelords. Dennoch habe ich eine der Nähte erneut geöffnet. Eine

      Wunde muss sauber sein, bevor sie verschlossen wird, sonst entzündet sie

      sich.«

      »Wir waren in großer Eile«, murmelte Kormund entschuldigend.

      »Ihr Pferdelords seid meist in großer Eile.« Die Frau legte die Binden in

      einen Korb und wusch sich die Hände. Dabei hob sie lauschend den Kopf.

      »Der Sturm ist ungewöhnlich stark. Wird das Dach halten, guter Herr

      Dorkemunt?«

      »Dieses in jedem Fall. Es ist aus guten Steinplatten und fest gefügt.« Der

      kleine Pferdelord wiegte den Kopf. »Was den Stall betrifft, bin ich mir nicht

      so sicher. Wir haben sein Dach mit Stein gedeckt, aber noch nicht mit

      Grassoden belegt. Immerhin sind die Balken und Stützen tief eingegraben und

      fest. Es wird wohl halten.«

      »Hoffentlich. Wir können uns nicht erlauben, Schafe oder Hornvieh zu

      verlieren«, seufzte die Witwe. Sie trocknete ihre Hände ab und trat an den

      Tisch. Die anderen rückten ein wenig zusammen, um ihr Platz zu machen,

      und auch die beiden Jungen gesellten sich dazu.

      »Für Anderim nur Wasser«, sagte Henelyn rasch. »Es hat noch Zeit, bis er

      vom Wein kosten kann.«

      Der zwölfjährige zog eine Schnute, aber als Dorkemunt ihn mahnend

      ansah, nickte er rasch.

      »Wie macht sich Nedeam, alter Freund?«, fragte Dorkemunt, da sich

      verlegenes Schweigen am Tisch ausbreitete.

      Kormund lehnte sich ein wenig zurück und grinste breit. »Nichts gegen

      den Hohen Herrn Tasmund. Du weißt, Dorkemunt, ich schätze ihn sehr. Aber

      Nedeam ist wohl der beste Erste Schwertmann, den die Marken jemals

      hatten.«

      Die anderen Schwertmänner nickten beifällig, und Buldwar lächelte

      verschmitzt. »Nur im Umgang mit der Lanze tut er sich schwer.«

      »Hört, hört«, brummte Kormund und schlug Buldwar auf die Schulter.

      »Das sagt mir gerade der Richtige.«

      Dorkemunt wies zur Tür, neben der seine Axt lehnte. »Er schätzt den

      Bogen, wie ich meine Axt schätze. Aber er ist der beste Pferdelord, dem ich je

      begegnet bin. Nun, von mir vielleicht einmal abgesehen.«

      »Die Männer werden ihm jedenfalls folgen«, sagte Kormund, und sein

      Gesicht wurde ernst. »Er wird Garodems Banner und der Hochmark Ehre

      machen. Anders als Garwin, der mir Kummer bereitet.«

      Garwin war der Sohn von Pferdefürst Garodem und dessen Gemahlin

      Larwyn. Garodem hatte all seine Hoffnung in den Sohn gesetzt, aber seine

      Erwartungen schienen enttäuscht zu werden. Obwohl sich Garwin als

      perfekter Reiter und Kämpfer erwies, fehlten ihm die Achtung vor den

      Traditionen des Pferdevolkes und, was noch weitaus bedenklicher war, der

      Wille, sich vorbehaltlos für das Volk und dessen Freunde einzusetzen.

      Dennoch würde der Sohn des Pferdefürsten eines Tages, wenn Garodem

      den letzten Ritt zu den Goldenen Wolken antrat, das Banner der Hochmark

      aufnehmen und ihre Geschicke lenken. Eine Vorstellung, die viele

      Pferdelords mit Unbehagen erfüllte.

      »Garodem hat seinem Sohn mehr Verantwortung übertragen«, seufzte

      Kormund. »Er hofft, dass er daran wachsen wird. Niemand zweifelt an

      seinem Mut, doch viele misstrauen seinem Herzen.« Er sah seine Leute

      drohend an. »Doch das bleibt unter uns, Schwertmänner der Mark. Sollte

      Garwin eines Tages das Banner des Hohen Lords aufnehmen, darf kein

      Zweifel an seinem Führungsanspruch aufkommen.«

      Buldwar wandte sich zur Seite und spuckte aus. Als er Henelyns Blick

      bemerkte, errötete er und verrieb den Speichel hastig mit dem Stiefel auf der

      Steinplatte des Bodens. »Möge Garodem das lange Leben der Elfen

      beschieden sein.«

      Dorkemunt nickte. »Darauf will ich gerne meinen Becher erheben.«

      Kormund schenkte allen nach, wobei Henelyn sehr darauf achtete, dass der

      junge Anderim auch diesmal keinen Wein erhielt. »Auf den Hohen Lord

      Garodem und die Hochmark des Pferdevolkes.«

      »Schneller Ritt …«, stimmte Dorkemunt ein.

      »… und scharfer Tod!«, ergänzten die anderen die Losung der Pferdelords.

      Henelyns Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, und Dorkemunt spürte,

      dass der Trinkspruch böse Erinnerungen in ihr wachrief. Aber sie war eine

      Frau des Pferdevolkes und würde


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