Raban und Röiven Rückkehr dunkler Zauberer. Norbert Wibben

Raban und Röiven Rückkehr dunkler Zauberer - Norbert Wibben


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in der Zoe und Röiven ihr Nest errichtet haben. Er ist automatisch davon ausgegangen, dass der Rabe ihn hierher gerufen hat. Doch das Nest und die beiden Vögel sind nirgends zu erblicken. Hat der Junge einen Fehler beim magischen Sprung gemacht? Laut ruft er nach seinem Freund:

      »Röiven, wo bist du?«, als auch schon ein schwarzer Schatten auf ihn herunterfällt.

      Im ersten Moment fährt er vor Schreck zusammen. Sein Arm schnellt mit dem Stecken nach oben, um einen möglichen Angriff abzuwehren. Wie selbstverständlich murmelt er dabei »Sgiath!«, und errichtet eine Schutzglocke um sich.

      »Endlich!«, knarzt die vertraute Stimme, während der Kolkrabe auf seinem Arm zu landen versucht. Der Schutz um den Jungen leuchtet bereits auf, als der Vogel ihn berührt. Sofort erklingt nun:

      »Inhibeo«, und Röiven vermag auf dem Arm seines Freundes zu landen.

      »Was ist denn los?«, will der Junge erstaunt wissen. »Bin ich hier nicht an der Stelle, wo ihr euer Nest gebaut habt? Ich sehe es gar nicht.«

      »Das ist es ja, was mich verwirrt«, ist die unerwartete Antwort. »Ich zweifel bereits an meinem Verstand. Ich kann Zoe und das Nest nirgends finden. Erst dachte ich, es liegt an dem Zwielicht der Dämmerung. Da du aber auch hierher gekommen bist und das Nest vermisst, muss der Ort richtig sein. Aber, wo sind dann Zoe und unsere Kinder?« Laut erklingt sein fordernder Ruf: »ZOE! Zeige oder melde dich! Wo bist du, Zoe?«

      Raban grübelt, welche Möglichkeiten es für das Verschwinden geben könnte.

      »Kann Zoe ein weiteres Nest an anderer Stelle gebaut haben? Vielleicht, um irgendwelchen Feinden zu entgehen?«

      »Das ist möglich«, bestätigt Röiven frohlockend. »Wir Fithich errichten manchmal mehrere Nester, um Ausweichmöglichkeiten zu haben. – Das kann es aber doch nicht sein. Dafür war die Zeit für nur einen Fithich zu kurz und wie hätte Zoe die Eier dorthin schaffen sollen. Ganz davon abgesehen, dass sie anschließend sicher nicht das bisherige Nest entfernt hätte. Wozu sollte sie das auch machen?« Verzweifelt lässt der schwarze Vogel seinen Kopf sinken. »Ihr ist etwas zugestoßen!«, krächzt er verzagt. »Sie wurde vermutlich getötet, ERMORDET!«

      Raban schüttelt zweifelnd den Kopf. Eine Hand streicht beruhigend über den Rücken seines Freundes.

      »Nein. Das kann ich nicht glauben. Warum sollte jemand so was machen?«

      »Da gibt es verschiedene Gründe. Das Lumpenpack, die Krähen, warten doch nur darauf, uns Fithich eins auszuwischen. Sie schrecken auch nicht davor zurück, unsere ungeschlüpften Kinder zu töten, indem sie die Eier aufpicken und sie ausschlecken. – Das kann natürlich auch das andere Gesindel gemacht haben. Dohlen meine ich. Und es gibt auch noch unsere Verwandten, die Elstern. Sobald die etwas Glitzerndes bekommen können, sind sie zu allen Schandtaten bereit. Ja, das muss es sein. Jemand hat sie angeworben, unsere Kinder zu töten!«

      »Röiven, bitte versuche klar und nüchtern zu überlegen! Wenn andere Vögel, egal aus welchem Grund das getan haben, hätten sie doch sicher nicht Zoe töten können!«

      »Doch, das hätte das gemeine Gesocks sicher gemacht. Zoe hätte unsere Kinder mit allem verteidigt. Sie hätte gekämpft!. Sie hätte nie aufgegeben!«

      »Nochmal, versuche logisch zu überlegen. Müssten selbst in diesem Fall nicht viele Federn hier verstreut sein? Davon wären in einem Kampf doch sicher mehrere ausgerupft worden, auf beiden Seiten.«

      »Hm, also …«

      »Und aus welchem Grund sollten andere Vögel anschließend das Nest verschwinden lassen?«

      »Hey, richtig! Du hast Recht. Also sind wir doch an der falschen Stelle angekommen. Wir müssen nur den richtigen Baum finden, dann ist dort auch das Nest mit Zoe und unseren Kindern!« Der Kolkrabe hebt freudig seinen Kopf und schwingt sich in die Luft.

      »Zoe, wo bist du. Melde dich! Zoe!«

      »Röiven, komm zurück. Wir sind am richtigen Ort. – Röiven!« Doch der Rabe hört nicht. Aufgeregt fliegt er mal hierhin, mal dorthin. Immer wieder ruft er nach seiner Partnerin, doch ohne Erfolg.

      Nach langer Zeit kehrt er müde und niedergeschlagen zu seinem Freund zurück.

      »Ich finde sie nicht!«, seine Worte klingen verzweifelt, als er mit hängendem Kopf wieder auf dem Arm des Jungen sitzt.

      »Der Ort ist richtig«, beginnt Raban langsam und vorsichtig. »Aber aus irgendeinem Grund ist das Nest verschwunden.«

      »Das ist wohl wahr, aber warum?«, ist die knarzende Antwort.

      »Röiven, könnte das ein anderer Rabe mit Zauberkräften gewesen sein?«

      Sofort hebt der Vogel den Kopf und legt ihn schräg. Er klappert mit den Augendeckeln und erwidert:

      »Was sagst du? Ein anderer Rabe mit Zauberkräften? Hm. ... Nein. Ich glaube nicht, obwohl …«

      »Ja?«

      »Ich muss gerade an Grimur denken.«

      »Deinen Vetter, der dem Nachfahren der dunklen Zauberer, Baran, Zauberkräfte übertragen hat. Was ist mit ihm? Er wurde doch von Baran in Stein verwandelt.«

      »Viele meiner Familie können zaubern, besser gesagt, konnten zaubern. Ich weiß nicht, ob es außer mir nach Großmutters Tod noch Mitglieder gibt, die das vermögen. – Hm. Ich überlege, ob es einem weiteren Enkel oder Urenkel der Dubharan gelingen konnte, erneut einen Raben zu überlisten.«

      »Ist das vorstellbar?«

      »Na ja, wir hatten nach Grimurs Tod einen Familienrat abgehalten und diese Möglichkeit als unbedingt verwerflich eingestuft. Alle hatten sich verpflichtet, die Erinnerung an Grimurs Tat und Tod weiterzugeben, damit sich das nie wiederholt.«

      »Weißt du, wer damals bei dem Treffen anwesend war? Wir sollten mit ihnen sprechen. Eventuell wissen sie, wer in Frage kommen könnte.- Das setzt natürlich voraus, dass daraus letztlich das Verschwinden des Nestes resultiert.«

      »Ja, genau. Außerdem könnte es auch ein Mitglied einer anderen Fithich Familie gewesen sein. Ich weiß aber immer noch nicht, warum das einer von uns Fithich getan haben sollte.«

      »Eine Möglichkeit wäre, dich zu erpressen, wenn es so was bei Fithich überhaupt gibt. Eine andere wäre Rache. Du warst doch ein herausragender Gegner Barans, der wesentlich zu dessen Untergang beitrug.«

      »Ich und du. Wir bildeten zusammen ein unschlagbares Team. – Wenn das aus Rache geschah … ist dann deine Familie nicht auch in Gefahr?«

      »Hey, das ist möglich. Ich muss gleich Mom und Dad warnen. – Aber stopp. Wir müssen alles tun, um Zoe und eure Kinder zu finden. Hm. Wenn es tatsächlich um Rache geht, hätte die Zerstörung der Eier und Tötung Zoes Sinn gemacht. Es wäre demjenigen, der Rache will, doch sicher wichtig, dass du weißt, wer sich rächt. Aber hier gibt es keinerlei Spuren oder Hinweise. Also tendiere ich eher zu der Möglichkeit, dass du erpresst werden sollst.«

      »Aber wer sollte mich erpressen und warum?«

      »Was ein möglicher Erpresser erreichen will, kann ich nicht sagen. Das wird dieser dich schon wissen lassen.«

      »Aber wie will er mich informieren. Ich bin doch nicht immer an derselben Stelle zu finden. Ihr Menschen habt doch einen festen Ort, wo ihr zu finden seid, aber wir Fithich?«

      »Hm. Das ist ein guter Einwand … hm. Warte. Also … Könnte das sein?”

      »Was ist dir eingefallen? Raban, sprich es aus.«

      »Also, wir schließen Rache aus. Erpressung können wir vermutlich auch außer Acht lassen. Also bleibt nur übrig, dass es um Zoe oder um Zoe und eure Kinder geht. Ich meine, zweiteres trifft zu, da auch das Nest verschwunden ist.«

      »Was? Warum?«

      »Das ist die Frage. Kommst du mit zu meinen Eltern? Hier können wir im Moment nicht


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