Lykanta. Oliver Speier

Lykanta - Oliver Speier


Скачать книгу
erst ein paar Tage Vampir. " Katana lachte lauthals los. " Genau das macht mich ja so sicher, die meisten Küken ticken in den ersten Tagen und Wochen nach der Wandlung aus. Durch ihre neuen Fähigkeiten halten sie sich für Übermenschen, zudem haben viele Probleme ihre Blutlust zu zügeln. "

      Nachdenklich versuchte ich das eben Gehörte zu verdauen. Für einen Übermenschen hielt ich mich bestimmt nicht und ein Verlangen nach Blut hatte ich auch keins. Scheinbar kam ich ganz gut mit meinem neuen Dasein zurecht. Meine Zunge glitt über die Zahnruine in meinem Mund, welche mir der Typ durch seine Faustschläge beschert hatte, ehe ich antwortete. " Na dann kann ich ja ganz zufrieden mit mir sein, oder? " Kati lachte auf. " Und ob Mädel und ob! "

      Den Rest der Heimfahrt verbrachten wir schweigend. Als wir am Tor des Anwesen anhielten, erwartete uns der selbe Kerl, wie am Tag meiner Wandlung. Mich überfiel ein kleines De ja-vu als er an den Wagen trat und gegen die Scheibe klopfte. Kati öffnete diese und er musterte uns aufmerksam, unter seinem bohrenden Blick versteifte ich mich unweigerlich.

      Er begann mit tiefer Stimme zu reden. " Euer Ausflug macht in der Enklave schon die Runde. Bertram ist ausgeflippt und gleich zu Matthias gerannt, als er davon erfahren hat. Dieser ist nicht gerade amüsiert darüber. " Katana schnaubte genervt auf. " Über was regen sich die zwei nicht auf, die hätten sogar noch was zu maulen, wenn ich ihnen einen blasen würde! "

      Erschrocken blickte ich zu dem Wachmann, doch wenn ich sein Grinsen richtig deutete, schien er ihren Wutausbruch eher lustig zu finden. Zu meiner Überraschung richtete er seine nächsten Worte an mich. " Du siehst ja recht manierlich aus Lykanta. Nachdem ich von deinem Zusammenstoß mit einem Werwolf hörte, hatte ich eigentlich erwartet, man würde dich in mehreren Teilen hier einliefern! "

      Ich nickte heftig und meinte. " Viel hat auch nicht gefehlt, ich hatte mehr Glück als Verstand. "

      Meine Antwort schien ihm zu gefallen, sein Lächeln wurde breiter. " Da könntest du durchaus recht haben Mädel, aber Tatsache ist, du lebst und er ist tot. Somit geht der Punkt an dich. Wenn du Lust und Zeit hast, melde dich in den nächsten Tagen mal bei mir. Ich kann dir ein paar Dinge beibringen, die dir in solchen Situationen recht nützlich sein können. Frag einfach nach Sannur. "

      Seine Worte hatten mich total überrumpelt, nicht genug damit, dass er meinen Namen kannte, er hatte mir auch noch einfach so, seine Hilfe angeboten. Ich beeilte mich ihm zu Danken und versicherte ihm, auf sein Angebot zurückzukommen. Er nickte uns freundlich zu, ehe er zu seinem Häuschen zurückschlenderte.

      Während Kati das Fenster schloss, grinste sie mich frech an. " Na, da hast du aber fett Eindruck geschunden, wenn dich jemand wie Sannur gleich ins Herz schließt! " Ich zuckte mit den Schultern. " Bin halt eine Nette! ", gab ich schnippisch zurück. Kati fuhr lachend aufs Gelände und auch ich musste bei meinen Worten grinsen.

      9 Der Doc

      Wir ließen das Tor hinter uns. Katana fuhr an der Abzweigung zum Parkplatz vorbei und folgte einem Weg, der sich unter Bäumen um das Gebäude herum schlängelte. Zur Linken tauchten Werkshallen auf, in denen an Fahrzeugen gearbeitet wurde. Rechter Hand passierten wir eine Rampe, dort war das Küchenpersonal eben dabei, Lebensmittel ins Gebäude zu bringen.

      Alles wirkte so normal und alltäglich. Ich fragte mich, ob die Leute, die berufsbedingt hier hereinkamen überhaupt ahnten, in was für Gesellschaft sie sich befanden.

      Mein Grübeln wurde unterbrochen, als wir vor einer großen milchigen Glastür stoppten. Licht strahlte durch sie hindurch und zeigte an, dass noch Betrieb dahinter herrschte. Katana machte den Motor aus und stieg aus dem Wagen, mühsam folgte ich ihrem Beispiel.

      Es dauerte etwas, ehe ich aus dem Auto kam. Danach lehnte ich mich erst mal gegen die Wagentür. Nachdem der Schmerz nachgelassen hatte, richtete ich mich auf und schloss sie. Ein Frösteln kroch mir über den Körper und ich zog den Mantel enger um mich.

      Katana stand an der Eingangstür zum Gebäude, sie hatte die Klingel gedrückt und wartete. Nach kurzer Zeit öffnete sich die Tür und ein älterer Mann im Arztkittel kam heraus. Ich war total perplex als ich ihn anschaute. Mir war zwar nicht klar warum, aber ich erkannte sofort, dass er ein Mensch war. Bei Katanas Anblick erstrahlte ein Lächeln auf seinem faltigen Gesicht und er begrüßte sie herzlich. " Hallo Katana, wir haben uns ja zu deinem Glück schon lange nicht mehr gesehen! " Danach drehte er sich in meine Richtung und kam ungezwungen auf mich zu. Seine folgenden Worte verblüfften mich noch mehr. " Jetzt kümmern wir uns aber erst einmal um Lykanta. " Er streckte mir seine Hand entgegen und ich schüttelte sie.

      Woher kannte er meinen Namen? Sein Griff war trocken und fest, dabei jedoch recht angenehm. Er winkte uns beide mit sich. " Kommt rein, wir schauen uns das Ganze mal im Behandlungszimmer an. " Ohne uns weiter zu beachten, schritt er voran und ich beeilte mich ihm zu folgen. Katana bildete den Schluss und machte die Türen zu.

      Wir kamen an einen Empfangstresen mit Warteplätzen vorbei. Beim Betreten der Praxis wurde mir eins klar. Manche Dinge waren immer gleich, egal ob Mensch oder Vampir. Die Räume hätten in jeder beliebigen Arztpraxis in Deutschland sein können, irgendwie fand ich diese Erkenntnis tröstend.

      Als wir jedoch das Behandlungszimmer betraten, änderte sich das Erscheinungsbild schlagartig. Dieser Raum hatte mehr technische Geräte als so mancher OP-Saal. Die Einrichtung würde wohl einigen Klinik-Betreibern Freudentränen in die Augen zaubern.

      Der Arzt blickte zu Katana. " Würdest du mir bitte etwas zur Hand gehen? Susi wollte heute früher frei haben und ich hab dadurch keine Helferin zur Hand. Du warst schon so oft hier, da solltest du alles finden, was wir brauchen. "

      Er führte mich zu einem Stuhl und bedeute mir meinen Mantel abzulegen. Als ich ihn neben mir auf eine Liege legte, war ich vor Scham wohl feuerrot im Gesicht.

      Der Doc schien von meiner Aufmachung nicht weiter abgelenkt, geschweige denn beeindruckt. Geschäftsmäßig desinfizierte er sich die Hände, ehe er zu mir trat und einen Scheinwerfer einschaltete. Er richtete ihn auf mein Gesicht und tastete vorsichtig die Knochen ab. " Mhh, ganz schön was abbekommen. "

      Ich zuckte mehrmals zusammen, ließ das Prozedere jedoch ohne jammern über mich ergehen. Er zog den Scheinwerfer etwas näher. " Mund auf! " Gehorsam öffnete ich diesen so gut ich konnte, denn mein Kiefer schmerzte mittlerweile höllisch. Als er den Mundraum betrachtete, erschien kurz eine steile Falte auf seiner Stirn. " Hab ich mir fast gedacht. Tut mir leid, da stecken noch Zahnhälse drin, die ziehen wir schleunigst, um die Heilung zu beschleunigen. " Er deutete in eine der Ecken des Raumes. " Katana, würdest du mir bitte den Wagen mit dem Dentalbesteck bringen? "

      Diese war schon unterwegs und kurz darauf kramte der Doc eine große Zange aus einem der Schieber, bei deren Anblick mir Angst und Bange wurde. Als er meinen Blick bemerkte, musste er lächeln. " Keine Panik, das verursacht weniger Schmerzen, als sie denken. Es hat nur drei der alten Backenzähne erwischt. Die waren sowieso kurz vor dem Ausfallen. " Wenig überzeugt öffnete ich meinen Mund und er schob mir die Zange in den Rachen.

      Er hatte nicht gelogen, ich verspürte nur ein leichtes Zupfen und Ziehen und als die ersten Zahnstücke in eine Schale neben mir fielen, entspannte ich mich etwas. Nur beim hintersten tat es etwas mehr weh, weil er das Zahnstück mit mehreren Drehungen aus dem Zahnfleisch lösen musste. Als er die Zange weglegte, atmete ich innerlich auf und war recht stolz auf mich, alles so tapfer ertragen zu haben. Katana reichte mir einen Becher zum Ausspülen. Mit vollem Mund blickte ich mich suchend um, doch schon hielt sie mir ein Schälchen zum Ausspucken hin.

      Der Doc hatte in der Zwischenzeit meine Zahnreste entsorgt und einen anderen Wagen heran geschoben. Er träufelte eine Flüssigkeit auf eine Mullbinde und wischte damit vorsichtig meine Verletzungen im Gesicht ab. Dabei erklärte er mit ruhiger Stimme. " Eigentlich unnötig, Vampire haben ein Immunsystem, davon kann ein Mensch nur träumen. Für einen Arzt seid ihr Traumpatienten, ein bisschen Unterstützung von unserer Seite und ihr heilt jede Verletzung in Windeseile. "

      Nachdem er mit meinem Gesicht fertig war, blickte er uns beide an. " Lykanta, für die folgende Untersuchung müssen sie sich oben frei machen. Wenn ihnen das vor Katana unangenehm ist, schick


Скачать книгу