Lykanta. Oliver Speier

Lykanta - Oliver Speier


Скачать книгу
Ivan! ", kam es rauchig von der anderen Seite der Tür. Sie entspannte sich sichtlich, als sie diese öffnete, blieb dabei jedoch wachsam. Zwei Ghule trotteten in die Wohnung und ich konnte ein leichtes Schaudern nicht unterdrücken. Einer entsprach genau dem Bild, welches ich mir immer von den Ghulen gemacht hatte, klein, dürr, blass, wenig Haare und Glupschaugen.

      Der andere jedoch wollte nicht so recht ins Bild passen. Er war recht groß und hatte einen Hang zur Fettleibigkeit, wobei er jedoch recht bullig wirkte. Zudem hatte er dichtes schwarzes Haar, das ihm fettig ins Gesicht hing. Seine Augen glitzerten listig und er schien recht überzeugt von sich zu sein, wenn ich sein Auftreten richtig interpretierte. Beide hatten sie jeweils einen großen Koffer in der Hand. Katana schloss die Tür hinter ihnen und sofort drang mir ein leicht süßlichen Geruch mit einem Hauch Talkum in die Nase, welcher wie ich noch erfahren sollte, charakteristisch für alle Ghule war.

      Katana befragte sie über etwaige Verfolger, oder Auffälligkeiten vor dem Wohngebäude. Beide bezeugten, nichts bemerkt zu haben. So gab sie ihnen Anweisung, die Wohnung zu säubern und die Leiche zu entsorgen. Der Fette warf einen Blick ins Wohnzimmer, ehe er antwortete. " Kein Problem, in spätestens zwei Stunden ist die Wohnung sauber und die Leiche entsorgt. " An der Stimme erkannte ich , dass er wohl dieser Ivan war.

      Zweifelnd schaute ich zu den dreien rüber. " Wie wollt ihr denn die Leiche unauffällig nach draußen schaffen? "Die beiden Koffer welche sie bei sich trugen, waren zwar recht groß, aber der Typ würde in keinen davon passen. Besorgt blickte ich sie an. " Sagt mir jetzt nicht, ihr wickelt ihn in Tücher, oder einen Teppich und bringt ihn so runter? "Ivan blickte mich schockiert an. " Auf keinen Fall werte Dame, so was machen nur Idioten und Anfänger, wir beide sind Ghule und somit Profis, was diese Dinge betrifft! " Sein Kollege nickte bei seinen Worten so heftig mit dem Kopf, dass ich angst hatte er würde abbrechen.

      Unsicher hakte ich nach. " Wie dann? "

      Mit einem selbstgefälligen Grinsen stellte er den Koffer ab und öffnete ihn. Die Klappe verhinderte ein Hineinsehen, während er darin stöberte. Erst als er den gesuchten Gegenstand triumphierend hoch hob, erkannte ich, was er in der Hand hielt. Ich wurde wohl recht blass um die Nase und stammelte. " Aber, aber, das geht doch nicht! "

      Er schien meine Erschütterung nicht bemerkt zu haben, denn er schwafelte begeistert weiter. " Und ob, das ist eine Chirurgen-Säge, beste Qualität. Damit kommt man ruck zuck durch sämtliche Knochen, hab das Teil vom Doc geschenkt bekommen, ist echt allererste Sahne! "

      Endlich bemerkte er meinen geschockten Blick, deutete ihn jedoch vollkommen falsch. " Natürlich muss man aufpassen, was man wie und wo absägt, doch für den Notfall haben wir ja noch Plastiksäcke dabei. Letztes mal mussten wir ewig rumstopfen, um das ganze Gedärm in den Koffer zu bekommen. Ein Arm hat dann doch nicht mehr reingepasst und wir mussten ihn vor Ort fressen, aber wie gesagt, diesmal haben wir zusätzlich Tüten mitgebracht. "

      " Boah da wird einem ja schlecht! ", keuchte ich in Katanas Richtung. Ivan nickte mitfühlend. " Jo, so gings mir auch. Ein frischer Arm schmeckt echt widerlich, aber er hat einfach nicht mehr in den Koffer gepasst und wie gesagt, wir sind Profis. " Sein Kumpel nickte bestätigend und grinste mich mit spitzen Zähnen an. Galle stieg mir im Hals empor und ich stürmte ins Bad. Ich schaffte es gerade noch meine Haare in Sicherheit zu bringen, ehe ich mich in die Toilette erbrach. Mit zitternden Knien kam ich hoch und taumelte zum Waschbecken um mir den Mund auszuspülen. Währen dessen kam Ivan und sein Begleiter ins Bad. " Ahh, da liegt er ja, super, da ist einiges dran an dem, danke Miss? " Er wartete auf meine Antwort und ich brachte ein gewürgtes " Lykanta " hervor.

      Noch ehe er mit seiner Säge an die Arbeit ging, flüchtete ich auf den Gang und schloss die Tür hinter mir. Kati stand mit meinem Handy und dem Ausweis von dem Kerl da und sprach in ihr eigenes, wobei sie deutlich buchstabierte." P R E D R A C, kannst du mir sofort Bescheid geben, wenn du was gefunden hast? Alles klar, schon mal danke im Voraus. " Sie steckte sowohl ihres, als auch mein Handy in die Tasche. Ich schaute sie gequält an. " Können wir bitte gehen? " Die Geräusche aus dem Bad ließen meinen Magen erneut absacken und ich musste mich beherrschen, nicht erneut aufs Klo zu rennen. Auch Katana schien keine große Lust zu haben, das Spektakel mitzuerleben. " Alles klar Lyk, ich hole nur kurz deine Tasche, dann können wir. " Solange sie ins Schlafzimmer eilte, schnappte ich mir einen meiner längeren Mantel und schlüpfte hinein. Als sie mit der Tasche zurück kam, verdrehte sie zwar theatralisch die Augen, sagte jedoch nichts dazu. Wir verabschiedeten uns durch die geschlossene Badezimmertür, ernteten jedoch nur ein Grunzen.

      Beim Laufen hing mir mein noch immer feuchtes Haar ins Gesicht, was mir auf Grund meiner Verletzungen jedoch ganz recht war. Im Aufzug stützte ich mich an der Wand ab. Die wenigen Meter bis hierher, hatten mich völlig ausgelaugt und mein ganzer Körper schmerzte. Kati musterte mich besorgt, sagte jedoch nichts. Schweigend fuhren wir nach unten und machten uns auf den Weg zum Auto. Erst als wir uns anschnallten, fing Katana erneut an mit mir zu sprechen. Ihr Blick wanderte dabei die Straße auf und ab und mir wurde klar, sie hielt nach weiteren Werwölfen Ausschau.

      Als ich nun selber anfing die Umgebung zu kontrollieren, zischte sie mir zu, es bleiben zu lassen und mich so normal wie möglich zu verhalten. Also plapperte ich einfach drauf los und redete über meine Lieblingssendung im Fernsehen. Sie startete den Wagen und wir rollten langsam die Straße entlang. Bei jedem Auto an dem wir vorbei fuhren, rechnete ich damit, es würde ein Wolf hervorspringen und uns angreifen, doch alles blieb ruhig. Sogar auf dem Weg zurück in die Stadt, waren wir auf weiter Flur, alleine unterwegs. Je länger wir fuhren, desto mehr entspannte sich Katana und beim Erreichen der Innenstadt war sie wieder ganz die Alte.

      Ich wollte sie gerade ansprechen als ihr Handy klingelte. Ohne Hemmungen begann sie eifrig zu telefonieren, während wir mit den Ampelschüben langsam durch die Innenstadt rollten. Besorgt schaute ich um uns herum. Wenn uns jetzt eine Polizeistreife deswegen stoppte, hätten wir bei meinem derzeitigen Zustand einiges zu erklären. Noch ehe ich sie deswegen ansprechen konnte, beendete sie das Gespräch und blickte mich gutgelaunt an. " Gute Neuigkeiten Lyk, dein toter Bulle wurde schon vor sechs Monaten wegen wiederholter Körperverletzung an Tatverdächtigen und Gefangenen, vom Dienst suspendiert. Seine Exkollegen suchen ihn seit vier Wochen sogar selbst, da er nicht zur Verhandlung erschienen ist. "

      Sie grinste zufrieden vor sich hin. " Wundert mich nicht, ist fast symptomatisch für Werwölfe. Sie können sich schlecht in die Gesellschaft integrieren. Sie brauchen ihr Rudel und die Rangordnung um sich unterzuordnen und ihre Aggressionen in den Griff zu bekommen. Wenn Ivan seinen Job erledigt hat, bist du deine Sorgen los und Predrac wird für immer verschwinden. "

      Zu meiner Beschämung verspürte ich unsägliche Erleichterung. Ich würde nicht als Polizistenmörderin gejagt werden. Meine Laune stieg schlagartig um einhundert Prozent und als mir Kati die Hand zum High Five entgegen hob, schlug ich begeistert ein, um mir gleich darauf fluchend die Seite zu halten.

      Sie fand das recht witzig und zog mich damit auf. Wir blödelten eine Weile herum, ehe unser Gespräch erneut in Stille versackte und jeder von uns seinen eigenen Gedanken nachhing.

      Dabei brannte mir eine Frage unter den Nägeln und ich unterbrach die Stille, um meine Neugierde zu befriedigen. " Ist das als Vampir eigentlich normal, oder geht es nur mir so? Ich habe einen Menschen getötet, doch ich verspüre kaum Gewissensbisse deswegen. Ich habe nicht das Gefühl etwas Schlimmes getan zu haben. Um ehrlich zu sein, meine größte Sorge vorhin war nicht jemanden ermordet zu haben, sondern als Polizistenmörderin gesucht zu werden. "

      Katana hatte mir schweigend zugehört und antwortete nicht gleich auf die Frage, als sie dann doch zu sprechen anfing, klangen ihre Worte ungewöhnlich ernst. " Was du da ansprichst, ist mir erst nach ein paar Jahren als Vampir aufgefallen. Ich hab mir selber einige Gedanken zu dem Thema gemacht. Scheinbar sind wir in unserer jetzigen Form mehr Raubtier, als wir wahrhaben wollen. Du musst ab jetzt aufpassen, nicht auf jede Bedrohung mit Gewalt zu reagieren! Vampire töten gerne uns skrupellos, deshalb wurde auch das Clansystem und all die Regeln eingeführt, sonst hätte unsere Art wohl keine Überlebenschance. "

      Als sie meinen geschockten Gesichtsausdruck wahrnahm, machte sie eine beruhigende Geste. " Keine Bange Lyk, du gehörst zu denen unter uns, die ihre Aggressivität gut unter Kontrolle haben. "

      Ich


Скачать книгу