Der Drachenprinz. Marcel Kircher

Der Drachenprinz - Marcel Kircher


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      „Das sind ja ganz schreckliche Botschaften, die du mir da bringst“, meinte er, als er geendet hatte. „Das sieht nicht gut aus für die Königin.“

      In der Eile kritzelte er eine Antwort auf Pergament und befestigte diese am Bein des Raben. Dann gab er ihm noch einen kleinen Keks und ließ ihn durch sein Fenster starten. Hastig packte Octurian seinen magischen Stab und eilte so schnell es sein Alter zu ließ die Treppen hinunter. Er musste Königin Aluanda dringend warnen.

      Die Königin von Alplanden hatte ihr Frühstück eingenommen und wurde von zwei Pagen in den Thronsaal gebracht. Ihre Kammerzofe, die Elfe Ezechia, die Marcel vergangenen Abend kennenlernte, räumte mit zwei weiteren Dienerinnen Geschirr und Besteck zusammen.

      „Ezechia“, rief Aluanda und winkte die angesprochene Elfe zu sich.

      „Ja, Eure Majestät“, antwortete Ezechia.

      „Was denkt Ihr? Wie wird Marcel sich entscheiden? Ist er entschlossen sich seinem Schicksal zu stellen oder lässt er uns mit wehenden Bannern untergehen?“

      Ezechia neigte den Kopf. „Ich weiß es nicht, jedoch spüre ich bei ihm ein gutes Herz und viel Großmut. Er wird sich richtig entscheiden, da bin ich mir sicher.“

      Aluanda zwang sich ein Lächeln ab. „Dann bin ich guter Dinge und traue Eurem Optimismus, Ezechia. Ihr dürft nun gehen.“

      Mit einem tiefen Hofknicks drehte sich die Zofe um und half weiter beim Abräumen. Königin Aluanda ließ sich von ihren Pagen in den Thronsaal führen, der zwei Räume weiter lag und durch zwei Hintertüren von ihrem Gemach zu erreichen war. Sie hatte den Thronsaal kaum betreten, als ihre beiden Pagen von Schmerzen gepeinigt zusammenbrachen. Eine blutverschmierte Klinge wurde Aluanda an den Hals gehalten.

      „Kein Mucks, Majestät oder ich schlitze Euch die Kehle auf!“, zischte die Stimme.

      „Wer seid Ihr und was wollt Ihr?“, fragte Aluanda und sie klang mutiger als sie war.

      „Das tut nichts zur Sache! Ihr werdet brav das tun, was ich von Euch verlange!“

      Der Unbekannte zerrte sie unter der Bedrohung eines Dolches in Richtung an den Thronen vorbei zu einem großen Tisch, auf welchem Pergamentrollen lagen, sowie ein Tintenfass mit Schreibfeder und königliche Siegel.

      „Soll ich jetzt etwa malen?“, fragte Aluanda zynisch.

      Der Druck des Dolches auf der Kehle nahm zu. Ein kleiner Schnitt bildete sich am Hals aus dem blaues Elfenblut tropfte. „Wir sind wohl zu Scherzen aufgelegt, Majestät!“, entgegnete der Geiselnehmer. „Mein Wille ist es, dass Ihr Eure Abdankungserklärung schreibt und mich als Nachfolger einsetzt. Damit zahlt Ihr endlich den Preis, den ich für meinen teuren Einsatz bei der Schlacht am Wieselsquell bezahlt habe.“

      „Und wenn ich mich weigere?“

      „Tretet Ihr automatisch ab. So wie sich Eure beiden Pagen verabschiedet haben!“

      Aluanda erstarrte. Sie hatte keine Wahl. Wie immer war sie unbewaffnet vom Frühstück in den Thronsaal gegangen. Gewalt lehnte sie ab, nur wenn es nötig war sich zu verteidigen. Dass nun ein Elf, einer aus dem eigenen Volk sich an ihr verging und die Abdankung verlangte, war ein Schock. Das Auffliegen der Vordertür riss Aluanda aus ihren Gedanken. Octurian stand erschrocken im Saal. Der alte Magier betrachtete das Szenario und wollte seinen Stab auf den Angreifer richten. Doch der Geiselnehmer hatte ebenfalls den Aufruhr bemerkt. Unsanft stieß er Aluanda nach vorne, sodass diese fast stürzte. Mit der dolchfreien Hand, hielt er ihren Arm noch immer umklammert. Aluandas Blick war von Todesangst geprägt.

      „Ein Spruch von dir, alter Mann und ich werde die Königin als Schutzschild verwenden!“, drohte der Angreifer.

      Octurian überlegte. Wie konnte er die Königin retten, ohne sie in Gefahr zu bringen. Einen Moment lang hielt er seinen Stab zum Angriff bereit, doch dann ließ er ihn sinken.

      „Braver Mann“, spöttelte der Angreifer, der sein Gesicht hinter einer schwarzen Maske und Kapuze verbarg. „Und nun legt den Stab ganz langsam auf den Boden und kommt zu mir.“

      Octurian tat wie ihm geheißen wurde. Er legte den Stab auf den Boden und trat vor. Als er auf einer Höhe mit dem Unbekannten war, stieß dieser ihm mit der Faust in die Magengrube, sodass der alte Magier zu Boden stürzte und sich nicht mehr rührte.

      „NEIN!“, schrie Aluanda entsetzt auf. „DU MIESER KLEINER MÖRDER! WAS HAST DU GETAN?“

      „Ich habe ihn ins Reich der Träume geschickt. Er ist alt. Seine Weisheit könnte mir nach deinem Rücktritt noch von Nutze sein, Euer Majestät. Und nun schreib!“

      Er drückte Königin Aluanda zum Tisch. Widerwillig setzte sich die Königin. Noch immer spürte sie das Messer an ihrer Kehle. Sie nahm sich eine Rolle Pergament und breitete sie vor sich aus. Es widerte sie an, das Opfer zu sein, doch sie hatte keine Chance. Widerstrebend griff sie nach der Feder, tauchte sie in das Tintenfass und begann nach Diktat des Unbekannten zu schreiben.

      Durch den Schrei aufgeschreckt, warf ein Höfling einen flüchtigen Blick in den großen Saal. Der Angreifer und die Königin waren zu sehr miteinander beschäftigt, sodass sie ihn nicht wahrnahmen. Er ahnte, dass es hier um Leben und Tod ging. Lord Harbor schoss es ihm durch den Kopf, doch der war dabei die Truppen für ihre Dienste einzuteilen. Es blieb nur noch eine Wahl. Hastig eilte er den großen Korridor entlang, in der Hoffnung sein Plan würde funktionieren.

      Marcel lag ausgestreckt auf seinem Bett und wartete, dass seine Bekanntschaft ihn bald zur Königin bringen würde. Von dem Trubel, der im Thronsaal herrschte hatte er nichts mitbekommen, da die Wände sehr dicht waren und jeglichen Lärm schluckten. Plötzlich flog die Tür zu seinem Gemach auf. „Königin … ist … in … Ge… fahr …! Oc… tu… rian … am Boden … im Thronsaal. Alles so … schrecklich! Brauche Hilfe!“

      Marcel wandte sich um. Der Höfling mit dem er in der Frühe zusammengestoßen war, stand hektisch nach Luft schnappend im Türrahmen und blickte flehend in Marcels Richtung. Der Panik in seinen Augen ahnte Marcel, dass es um Leben und Tod ging.

      „Die Königin ist in Gefahr, sagst du?“, fragte er. Der Elf nickte. Marcel griff das Schwert auf dem Tisch. „Im Thronsaal?“ Wieder nickte der Elf.

      „Ihr müsst Euch beeilen. Ich bringe Euch hin.“

      Ohne eine Sekunde zu verlieren stürmten die beiden los. Für den Austausch von Förmlichkeiten war keine Zeit. Jede Sekunde war kostbar, genauso wie jeder Atemzug. Als sie den Thronsaal mit der großen Halle fast erreicht hatten, schlichen sie sich langsam herein. Der Angreifer schien zu sehr mit der Durchsetzung seines Willens beschäftigt zu sein.

      „Ich werde mich heranschleichen und versuchen ihn von hinten zu überwältigen“, flüsterte Marcel. „Drückt mir die Daumen, dass er Ihre Majestät nicht verletzt.“

      Mit panischem Blick nickte der Elf und beobachtete, wie der Kämpfer seinen Plan in die Tat umsetzte. Marcel schlich an die gegenüberliegende Wand, presste sich mit dem Rücken an diese und schob sich langsam entlang. Er ahnte nicht, was Aluanda tun musste. Das Schleichen schien schier endlos zu sein. Es ist eigentlich wie Geocachen, dachte er bei sich. Dann stieß er sich von der Wand ab und näherte sich dem Unbekannten. Nach den Erfahrungen der Nacht hatte er schon eine vage Vermutung, wer sich hinter der Maske verbarg. Plötzlich wurde die Hintertür geöffnet und Ezechia betrat den Raum. Der Angreifer verlor den Fokus auf Königin Aluanda.

      „Eure Majestät“, rief Ezechia. „Die Küche möchte wissen, was Ihr zu Mittag wünscht.“

      „Deinen Kopf!“, zischte er der Angreifer und schleuderte den Dolch auf die brünette Elfe.

      „DU ELENDES SCHEUSAL!“, schrie Marcel auf und stürzte sich auf den unbewaffneten Angreifer. Dieser war von dem Angriff überrascht und wurde von Marcel festgemacht. Das blitzende Schwert in der Hand, erhoben über den Angreifer kniete der Auserwählte auf ihm.

      „B… bitte … tut … mir nichts“, stöhnte er.

      „Du


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