Albert de Menier - Exposition Universelle Der Jagdclub von Paris. Benjamin Klunzinger Karl

Albert de Menier - Exposition Universelle Der Jagdclub von Paris - Benjamin Klunzinger Karl


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der Geburtstagsfeier wurde an nichts gespart, man könnte meinen, der Kronprinz kommt gleich persönlich vorbei. Das Deutsche Haus prangt in den preußischen Farben, das Buffet quillt über, und die Musik lädt zum Tanzen ein. Herr und Frau Schubert sind natürlich auch hier und machen es den jungen Leuten vor, wie man sein Tanzbein schwingt, man könnte meinen, sie sind gerade mal 20. Jean verkrümelt sich zur Bowlenschale und bedient sich kräftig, während er desinteressiert Albert und Isabell beim Turteln beobachtet. Am besten lässt man ihn erst mal zur Besinnung kommen, das legt sich irgendwann wieder, wenn der Schmerz nachlässt.

      Während Albert dem bunten Treiben am Rand der Tanzfläche zuschaut, tippt jemand von hinten an seine Schulter. Als er sich umdreht erstarrt er fast zur Salzsäule und auch Isabell bekommt keinen Ton heraus. Margot de Menier, seine Mutter, steht vor ihnen und blickt ihrem Sohn Albert streng in die Augen. „Da ist ja mein feiner Herr Sohn, muss ich über sieben Ecken erfahren, dass du dich verlobt hast? Wann hattest du vor, mir das zu erzählen?“ Im ersten Moment weiß Albert nicht, was er antworten soll. Er schaut ins vorwurfsvolle Gesicht seiner Mutter und auch auf den strengschauenden Oberst an ihrer Seite. Aus dem Augenwinkel erblickt er zusätzlich auch noch Konstanze, die sich fernab ein Schälchen Bowle holt. Kommt denn alles auf einmal zusammen? Nachdem er sich wieder gefangen hat, reagiert er geistesgegenwertig und versucht bei seiner Mutter alles herunterzuspielen. Er tut am besten so, als ob alles bestens und das Normalste auf der Welt wäre.

      „Mama, wie freut es mich, dich endlich wieder zu sehen, ich dachte schon, du bist zurück nach Hause, nach Berlin gefahren. Ich wollte dir morgen einen Brief über diese freudige Nachricht zuschicken. Findest du das nicht auch toll? Du wolltest doch immer, dass ich jemanden finde, mit dem ich eine Familie gründen kann, und jetzt werden deine Wünsche wahr. Wir beide sind so froh, dass du doch noch nicht nach Berlin gefahren, bist und wir es dir persönlich sagen können.“

      Margot hatte mit dieser Reaktion ihres Sohnes nicht gerechnet und ist erst einmal sprachlos. Eigentlich hatte sie gedacht Albert hätte ein schlechtes Gewissen und würde vor Scham im Erdboden versinken, aber dem war nicht so. „Wir wurden uns noch nicht vorgestellt“, mischt sich nun der Oberst ein. „Ich bin Oberst Strobel, ein Bekannter Ihrer werten Frau Mutter. Darf ich Ihnen und Ihrer Verlobten herzlichste Glückwünsche aussprechen?“ Mit diesen Worten reicht er Albert die Hand. Margot weiß nicht, was gerade schiefläuft, eigentlich wollte sie ihrem Sohn eine Szene machen und Isabell bloßstellen, aber jetzt fällt ihr auch noch der Oberst in den Rücken und nimmt ihr den Wind aus den Segeln. „So, du wolltest mir schreiben? Wie ich sehe hast du Großmutters Ring wieder gefunden, hättest du mich nicht erst informieren sollen, bevor du den Ring weiter gibst?“ „Aber Mama, ich weiß doch, dass du nichts dagegen gehabt hättest, du hättest doch sicherlich nicht dem Glück deines Sohnes Steine in den Weg werfen wollen, oder?“ Jetzt muss Margot verärgert kleinbeigeben und beglückwünscht wiederwillig ihren Sohn und auch Isabell zur Verlobung. Oberst Strobel merkt wie unwohl sich seine Begleiterin fühlt, also schnappt er sie sich und führt sie auf die Tanzfläche.

      „Herr Roussou, Sie haben aber Durst, das ist doch sicherlich schon Ihr drittes Glas Bowle?“

      Jean blickt hoch und wäre überrascht, wenn er nicht so niedergeschlagen wäre. Konstanze von Trapnitz steht vor ihm und beginnt eine Unterhaltung. „Mademoiselle von Trapnitz? Sie kommen genau im richtigen Moment!“ Mit diesen Worten fasst er nach ihrem Arm, und schon wirbelt er sie im Takt der Musik umher. „Aber Hallo? Herr Roussou zügeln Sie ihr Temperament, was sollen denn die Leute von uns denken?“ Jean ist die Meinung der Menschen um ihn egal, er muss seinen Kopf von Sophie frei bekommen, und da ist Konstanze gerade die richtige Medizin. „Mademoiselle von Trapnitz, seien Sie etwas lockerer und lassen sich von mir führen, ich zeige Ihnen, zu was wir Franzosen fähig sind!“ Ohne Widerworte und völlig überrumpelt lässt sie sich von dem angeheiterten französischen Kommissar mit überraschender Sicherheit über das Parkett führen.

      Albert fällt fast sein Glas aus der Hand, als er mitbekommt, mit wem sein Freund da tanzt. Isabell staunt nur mit offenem Mund und ihr schwant nichts Gutes, was hat Konstanze jetzt schon wieder vor?

      Es ist stockdunkel, und Monsieur Struck weiß nicht, wo er ist. So langsam glaubt er nicht mehr daran, dass er einen Schlaganfall hatte. Er bekommt mit der Zeit wieder Gefühle in seine Extremitäten. Wäre es nicht dunkel, könnte er wohl jetzt auch wieder klarer sehen. Sein Gehör ist auf jeden Fall voll da, denn er hört ein langsames stetiges Tropfen. Da er immer mehr Gefühle in Arme und Beine bekommt, muss er jetzt zu seinem Erschrecken feststellen, dass seine Hände und Füße gefesselt sind.

      „Hallo! Ist da jemand? Kann mich jemand hören?“ Sein Rufen ist vergebens, er bekommt keine Antwort. Jetzt fällt ihm auf, dass immer noch der Geruch in der Luft liegt, den er vorher schon wahrgenommen hatte: Parafin, Ethanol und noch manch andere chemische Substanz. Er glaubte schon, vergessen worden zu sein, aber da sieht er, wie sich der schwache Schein einer Petroleumlampe unter dem Türspalt nähert.

      „Ah, mein Gast ist wach, darf ich Sie in meinem bescheidenen Heim willkommen heißen Monsieur Struck“, sagt eine piepsige Stimme, die ihm irgendwie bekannt vorkommt. „Was wollen Sie von mir? Geht es um Geld? Wieviel wollen Sie? Meine Bank wird es Ihnen schon zahlen!“ „Aber, aber, Geld allein macht nicht glücklich. Es gibt Dinge, die mir weit mehr Befriedigung geben als Geld!“ „Oh mein Gott, wie meinen Sie das, was haben Sie mit mir vor?“ bekommt es der Entführte in seiner Zwangslage doch mit der Angst zu tun. Die Stimme lacht laut auf: „Monsieur Struck, hier hilft Ihnen kein Geld der Welt, hier sind Sie auf sich alleine gestellt. Lassen Sie mich Ihnen zeigen was Ihnen bevorsteht.“ Mit der Laterne bewegt sich die Stimme zur anderen Seite des Raumes, und das Licht erhellt ein komisches Drahtgestell.

      Aus einem Standfuß führen von unten zwei dicke Drähte nach oben auf ein ovales Holzbrett, welches hochkant nach oben ragt. An diesem Brett sind zwei weitere starke Drähte befestigt, die wie zwei abgewinkelte Arme abstehen. Oben auf dem Brett ist eine Kopfnachbildung aus Gips und an den Enden der starken Drähte jeweils Hände und Füße, ebenfalls aus Gips, befestigt. Man könnte fast meinen es wäre ein dilettantischer Versuch eine menschliche Skulptur zu erschaffen.

      „Können Sie sich schon vorstellen, was ich mit Ihnen vor habe?“ fragt die Stimme. Der Gefangene schweigt, er hat keinerlei Idee, was dieser Mann meint.

      Die Laterne bewegt sich weiter und erhellt ein Gestell auf dem ein ledriges, stellenweise haariges, undefinierbares Etwas liegt. Jetzt weiß der Gefangene, was dieses tropfende Geräusch gemacht hatte, da von diesem undefinierbarem Etwas, nach und nach ein Tropfen perlt und in den Bottich darunter fällt.

      Die Stimme geht zu diesem „Etwas“ hin und hebt es ein wenig an einer der haarigen Stellen hoch. In diesem Moment hört man nur noch ein Würgen und der Gefangene erbricht sich. Anscheinend hat er erkannt was das ist. „Sind Sie verrückt geworden? Wer ist das, was haben Sie mit ihm gemacht, ist das wirklich die abgezogene Haut eines Menschen?“

      Jetzt weiß er auch was das für ein komisches skulpturähnliches Gebilde war, es scheint ein Untergestell zu sein, genau so eines, wie es normalerweise zum Ausstopfen von Tieren gemacht wird - nur hier in Form eines Menschen.

      „Um den ist es nicht schade, er war ein subversives Subjekt, er hatte versucht, mich zu erpressen. Es ist schließlich das erste Mal, dass ich mich an einen Menschen ran traue. Sie kennen sich doch mit dem Ausstopfen von Tieren aus, oder? Sie müssten doch wissen, dass es nicht so einfach ist, wenn man eine neue Spezies vor sich hat, leicht kann man sich beim Einteilen der Hautpartien verschneiden. Im Gegensatz zu einem Tier müssen die Nähte beim Menschen am Rücken sein und nicht vorne am Bauch, es gibt ja auch so wenig Fell, wo man die lästigen Nähte verstecken kann. Da kam mir dieser Verbrecher gerade recht, mit dem kann ich üben, was ich mit Ihnen vorhabe. Sie glauben gar nicht, wie schwierig es war, das Fleisch zu erhalten, wenn man die Haut vom Rücken her abzieht, nicht dass es mit Kot oder Körperflüssigkeiten verunreinigt wird.“

      Herr Struck fängt plötzlich, lauthals an zu schreien. Panisch, fast ohne Luft zu holen schreit er ununterbrochen um Hilfe, aber niemand erhört ihn, begleitet werden seine Schreie vom Lachen dieser Stimme. Nach einigen Minuten werden die Schreie leiser bis sie letztendlich verstummen. „Na, ist es nicht befreiend, sich seine Ängste und Sorgen von


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