BonJour Liebes Leben. Rose Hardt

BonJour Liebes Leben - Rose Hardt


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die dunkelbraunen, halblangen Haare hatten immer noch Glanz und Schwung, ein paar Fältchen um Mund und Augen sprachen für eine lebenserfahrene Frau, die rehbraunen Augen und der volle Mund für Sinnlichkeit, und die kleine Hüftrolle – kurz griff sie zu – war zwar überflüssig, konnte man aber gut kaschieren, die Beine waren – dank regelmäßiger Fitness – wohlgeformt, dann kam der Griff zum Busen, sie rückte den Büstenhalter zurecht, um das Dekolleté samt dem Inhalt etwas kritischer zu beäugen …

      „Darf ich dich am Wochenende zum Essen ausführen?“, flüsterte Ludger aus dem Hintergrund, wobei ein erotischer Touch in der Modulation seiner Stimme nicht zu überhören war.

      Erschrocken fuhr sie zusammen. „Ludger! Stehst du schon lange hier? Du weißt, dass ich das auf den Tod nicht ausstehen kann“, fluchte sie. Sofort trat sie einen Schritt zur Seite und drückte ihren Körper schutzsuchend an die Wand.

      In geschmeidig-tänzelndem Gang trat er auf sie zu, lächelte und antwortete: „Lange genug, meine Liebe, um mir bewusst zu werden, dass du eine hinreißend schöne Frau bist“, und schon im nächsten Moment glitt sein schmachtender Blick langsam, um auch ja nichts auszulassen, an ihr herunter. „Das Leben, meine liebe Charlotte, ist viel zu kurz um es alleine zu verbringen.“ Dann kam er noch etwas näher – und ja, da war er wieder, dieser treue Dackelblick, den er seit Gustavs Tod perfekt drauf hatte – lasziv lässig stützte er seinen Ellenbogen gleich neben ihr an die Wand, legte den Kopf in seine Handinnenfläche und pustete ihr sanft eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht.

      Gerade noch sah sie, wie seine zum Kuss gespitzten Lippen in Richtung ihres Mundes kamen …

      Ohhh tu’s nicht!, schoss es ihr verzweifelt durch den Kopf, zugleich tauchte sie unter ihm weg, und nein, sie wollte auf gar keinen Fall weiter auf sein Liebesgesülze eingehen. „Wolltest du dich nicht um die Steuern kümmern?“, lenkte sie geschickt von der äußerst delikaten Situation ab. Anschließend machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand so schnell sie nur konnte in Richtung Terrasse.

      Hinter ihr folgten noch belanglose Mitteilungen wohl verpackt in zärtlichem Geflüster: „Um den Porsche, meine Liebste, sowie um die finanziellen Sachen kümmere ich mich, ebenso um das Knöllchen! Ach ja, und das mit dem Essen, das kannst du dir gerne überlegen. Ich würde mich jedenfalls sehr um ein wenig mehr Entgegenkommen deinerseits freuen.“ Dann fiel die Wohnungstür ins Schloss.

      „Tsss meine Liebste“, äffte sie ihm nach, und was heißt hier eigentlich ein wenig mehr Entgegenkommen? Na, das hättest du wohl gerne!

      Als sie später mit einem Kaffee auf der Terrasse saß, dachte sie immer wieder und kopfschüttelnd über die Unverfrorenheiten ihres Schwagers nach. Er und sie? Igitt, igitt! In Erinnerung an sein erotisches Geplänkel wurde ihr speiübel.

      Plötzlich drang ein glockenhelles „Guten Morgen“ mitten in das noch sehr lebhafte Szenario, gleichzeitig vernahm sie eilige Schritte auf dem Kiesweg seitlich des Hauses. Es war Doro von Sickingen, ihre langjährige Freundin und ehemalige Arbeitskollegin.

      Doro ist mit Leib und Seele Immobilienmaklerin und sie ist eine der besten ihrer Zunft: eben weil sie ehrlich, korrekt und zuverlässig ist – was nicht immer die Attribute eines Maklers sind. Ihre Botschaft lautet: „Nur ethische Werte haben langfristig Erfolg“. Sie liebt es hochpreisige Objekte weltweit zu verkaufen, danach hat sie großes Vergnügen die Provisionen gewinnbringend anzulegen. Ein Mann für sie, der müsste jedenfalls noch gebacken werden – hatte sie einmal behauptet. Und wie jeder Mensch hatte sie nicht nur kleine Fehler, sondern ihre ganz speziellen Unausgewogenheiten!

      Lachend, sich dabei tanzend im Kreise drehend, stand sie mit einer Champagnerflasche in der Hand jubelnd auf der Terrasse: „Jaha … jaha … heute habe ich mal wieder einen super Abschluss gemacht!“, im nächsten Moment küsste sie Charlotte auf ihr Haupt, stellte die Flasche auf den Tisch und sagte: „Weißt du wie viel sechs Prozent von fünfhunderttausend sind? … Schlappe dreißigtausend! Ich habe beim Verkaufsabschluss einer Immobilie dreißigtausend verdient! Ist das nicht genial – nein, ich bin genial!“, jubelte sie weiter. Und wenn es ihr möglich gewesen wäre, hätte sie sich wahrscheinlich selbst geküsst. Bevor Charlotte antworten konnte, ließ sie den Champagnerkorken knallen, sodass das edle Getränk wie eine Fontäne emporschoss. Den ersten Schluck nahm sie sogleich aus der Flasche, wofür sie auch sofort eine Entschuldigung parat hatte. „Ja, meine Güte, nun guck nicht so verdutzt! Solche Abschlüsse sind nicht alltäglich!“

      Charlotte lachte, „Doro, das freut mich für dich, dann lass uns auf deinen Erfolg anstoßen – aber bitte mit Gläser!“ Als sie ein wenig später zurückkam, saß Doro da und weinte.

       Ja, auch das war Doro! Zuerst himmelhochjauchzend dann wieder zu Tode betrübt.

      „Hey, was ist geschehen, ich dachte, du freust dich über deinen finanziellen Zuwachs?“ Tröstend legte sie die Hand auf die Schulter ihrer Freundin.

      „Eben drum, aber was nützen mir solch horrende Abschlüsse, wenn ich die Freude nicht mit jemandem teilen kann?“

      „Aber dafür hast du doch mich!“, scherzte Charlotte.

      „Ha, ha … du erlaubst, dass ich später lache.“

      Charlotte streifte ihr scherzeshalber von hinten nach vorne über den Kopf und meinte: „Wie war noch gleich dein Spruch? Ah warte, ich hab’s: Genieße die Nacht mit einem Mann, doch wenn der Morgen grüßt, sollte dich nichts mehr an ihn erinnern.“

      Ein wenig pikiert, dass sie von ihrer Freundin nicht ernst genommen wurde, warf Doro den Kopf in den Nacken und ordnete ihre Haare.

      „Was ist eigentlich mit diesem, diesem … wie hieß er noch gleich?“, versuchte Charlotte von ihrer unsensiblen Bemerkung abzulenken, wobei sie schon gleich ins nächste Fettnäpfchen stampfte.

      Doro ignorierte ihre Frage zunächst, stattdessen goss sie schwungvoll das perlende Getränk in die Gläser, sodass der Schaum dekadent über den Rand schäumte.

      „Diether! Der Mistkerl heißt Diether!“, wobei sie das „th“ langgezogen aussprach. „Hör mir bloß mit diesem Typen auf“, und gemäß ihrem Ärger fegte sie mit der flachen Hand den Champagnerschaum von der Tischplatte.

      „Oh, wie das?“, fragte Charlotte nun sichtlich interessiert.

      „Männer!“, zischte sie. „Der hatte es doch nur auf meinen Namen von Sickingen abgesehen!“, fügte sie überspitzt an, dann schnäuzte sie verächtlich und laut ins Taschentuch.

      „Ach was!“, antwortete Charlotte und dachte, okay, wieder einmal eine missglückte Beziehung.

       Manchmal beschlich sie das Gefühl, dass Doro vor zu viel Nähe auf der Flucht war. Des Öfteren hatte sie sich die Frage gestellt, warum das wohl so war. Sie tippte mal auf eine enttäuschte Liebe vor langer, langer Zeit.

      „Jaaa wieder so einer“, seufzte Doro, „jetzt weißt du warum ich alleine bin.“

      Charlotte gab sich dennoch überrascht und ließ sich auf den Gartenstuhl fallen, „und ich dachte schon, das wäre mal ein potenzieller Heiratskandidat!“

      „Heiratskandidat! Tsss, dass ich nicht lache“, antwortete Doro und hatte nun sichtlich Mühe ihre aufgestauten Emotionen unter Kontrolle zu halten.

      „Los, erzähl schon. Ich bin ganz Ohr“, forderte Charlotte die Unglückliche auf.

      Während Doro das Champagnerglas in ihrer Hand drehte, sprachen Mimik und Körperhaltung schon Bände. Ihre eh schon markanten Konturen verhärteten sich; das blaue Blut der Adelsdynastie strammte ihren Körper aufrecht. Wie eine unnahbare Göttin saß sie plötzlich da. Wieder einmal hatte sie ihr berühmtes Panzerkorsett strammgezogen, danach konnte sie nichts und niemand mehr verletzen! – Naja, so schien es jedenfalls.

      Als sie sich wieder vollkommen unter Kontrolle hatte, erhob sie das Glas, beobachtete die aufsteigenden Champagnerperlen und sagte mit bewusst ruhiger Stimme: „Nun, eines Tages rief mich Diether an und sagte, dass er etwas


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