BonJour Liebes Leben. Rose Hardt
Wohl sowie seinen Seelenfrieden bemüht – glaub mir. Aber sag, Charlotte, warst du wirklich so naiv?“, schob sie aufgebracht hinterher.
Perplex sah Charlotte zu ihrer Freundin. „Was ist plötzlich wieder in dich gefahren? Ich wusste immer über seine diversen Frauengeschichten Bescheid“, verteidigte sie sich, „und wenn ich ihn hätte verlassen wollen, so hätte ich es getan. Basta!“
„Nie im Leben hättest du das getan – never!“, fügte Doro besserwisserisch an und streckte dabei ihr schmales, adeliges Näschen arrogant in die Höhe.
„Also ich bitte dich, Doro, nur weil du schlechte Erfahrungen mit den Herren der Schöpfung gemacht hast, brauchst du mich nicht anzupflaumen, und erst recht nicht lass ich mir von dir, mein gerade erst wieder aufgebautes Ego, demontieren!“
In solchen Situationen hasste sie Doro, hasste sie für ihre destruktive Art die sie dann hervorkehrte.
Für einen Augenblick saßen sie wie Katz und Maus einander gegenüber. Jede fand sich sowohl in der Position der Katze auf dem Sprung, als auch als schutzsuchendes Mäuschen in einer Ecke kauernd.
Ein Zustand, der gottlob, nur von kurzer Dauer war.
Doro machte, ganz wie es ihrem Charakter entsprach, den ersten Versöhnungsschritt und sagte: „Ah, bevor ich es wieder vergesse, da fällt mir gerade ein, wenn du Lust hättest, könntest du, in meinem Auftrag, eine Immobilie in Südfrankreich besichtigen – ganz so wie früher“, dabei zwinkerte sie Charlotte zu und meinte: „auf dein Augenmerk war schließlich immer Verlass.“
Charlotte war von dem Angebot so überrascht, dass sie vergaß weiter sauer auf sie zu sein. Erstaunt hakte sie nach: „Wie jetzt? Ist das dein Ernst?“
„Sehe ich so aus, als ob ich scherze?“ Erleichtert, dass ihr Ablenkungsmanöver geglückt war, prostete Doro ihrer Freundin zu. „Stößchen auf dein neues Leben. Dann werde ich dir in den nächsten Tagen eine Adresse zukommen lassen. Okay?“, fügte sie mit ihrem schönsten Augenaufschlag an.
Ja, auch so war Doro, mal beherrscht, mal exaltiert, doch immer wieder versöhnlich, und wahrscheinlich hielt gerade deshalb ihre Freundschaft schon so lange.
Charlotte spürte eine leichte Beklemmung aufsteigen, die sogleich eine Maschinerie in ihrem Kopf in Gang setzte: Ich muss … ich sollte … ach … und könnte sie Lilo mit Frida wirklich alleine lassen? Was wäre wenn? Schließlich trägt sie die Verantwortung! – Nein! Kurzerhand stoppte sie dieses Gedankenkarussell das immer mehr Zweifel und Fragen zu produzieren schien und sie in einem rasanten Tempo wieder zurück in den Alltag, in das triste Allerlei zu schubsen drohte. Es ist dein Leben das vor dir liegt und vielleicht deine letzte Chance, ermahnte sie schließlich ihr nüchterner Verstand, also, nur Mut! Dann wich die Beklemmung und sie jubelte laut: „Jaaa … ich werde es tun!“, und diesem Glücksgefühl folgte ein befreiendes Lachen.
„Na, das ist doch mal eine Ansage!“, antwortete Doro in Begleitung eines zufriedenen Seufzers, „dann kann ich gleich Monsieur Renoir Bescheid geben, dass du kommst. Du musst wissen, dass Pierre, ich meine Monsieur Renoir, der Eigentümer des zu veräußernden Objektes ist, und ja, er ist ein wunderbarer Mensch“, schwärmte sie, wobei in ihren Augen schon wieder dieses unmissverständliche Strahlen lag. „Ach, was rede ich, du wirst ihn kennenlernen und ihn mögen, davon bin ich felsenfest überzeugt!“
Ah sieh an, schoss es Charlotte durch den Kopf, verzichtete aber auf eine bissige Bemerkung.
Sie redeten, planten, tranken Champagner und alberten bis in die späten Nachmittagsstunden, wobei das brisante Thema: Männer, absichtlich nicht mehr aufgegriffen wurde. Mit einer herzlichen Umarmung sowie Doros Standardspruch: Und immer schön lächeln, dann wird dir die Welt zurücklächeln, gingen sie auseinander.
Als Charlotte wieder alleine war, legte sie sich zufrieden im Gartenstuhl zurück, lächelte und dachte über Doros Spruch nach. Sie lächelte aber auch deshalb, weil eine neue Welt ihre Pforten für sie geöffnet hatte. „Hallo Welt, ich komme“, sagte sie laut. In diesem Moment hätte sie Luftsprünge machen können und sie war mutig genug, erste fantastische Gespinste um ihr neues ich zu weben: Vor ihrem geistigen Auge sieht sie sich als Immobilienmaklerin durch ferne Länder reisen, sieht sich durch traumhafte Villen schreiten und mit den interessantesten Menschen plaudern. Jetzt hielt sie nichts mehr auf dem Stuhl, sie lief auf der Terrasse auf und ab, dabei war sie so sehr mit ihren neuen Lebensplänen beschäftigt, dass alles um sie herum nicht mehr existierte.
Irgendwann mischte sich ein heftiges Wortgefecht zwischen ihre zurechtgesponnene und bunte Traumwelt. Frida und Lilo diskutieren lautstark miteinander. Sie hörte, wie Frida trotzig und zum wiederholten Male Lilos Anweisungen widersprach, auch wenn Charlotte nicht verstand um was es bei dem Disput ging, so war die Modulation ihrer Stimmen schon hinweisführend. Plötzlich schepperte es, es folgte ein spitzer Aufschrei von Lilo, zwei Sekunden war es still, dann schepperte es erneut.
Charlotte lief mit klopfendem Herzen dem Krach entgegen.
Frida stand wie paralysiert vor den Scherben zweier sündhaft-teuren chinesischen Bodenvasen.
Lilo presste vor Schreck, um auch nicht mehr aufzuschreien, die Hand vor den Mund. „Frau Frida!“, sagte sie schließlich entsetzt, „oh mein Gott … ein Vermögen liegt auf dem Boden!“
Charlottes Blick fiel auf die Porzellanteile die über den Boden verstreut lagen, dann zu Lilo und zu guter Letzt zu Frida, die völlig hilflos, wie ein verstörtes Kind, vor den Trümmern stand und gar nicht begriff, was überhaupt geschehen war.
Für einen Moment stockte Charlotte der Atem, und innerhalb von nur wenigen Sekunden löste sich ihre zurechtgesponnene Traumwelt auf, die Pforte zu ihrer neuen Welt rückte in die Unerreichbarkeit und infolge dieser Erkenntnis sank sie innerlich zusammen.
Lilo gewann zuerst wieder die Kontrolle über die Situation. „Frau Frida, nicht traurig sein, das waren doch nur dumme Vasen in denen niemals Blumen standen.“
„Niemals?“, echauffierte sich Frida, sogleich hielt sie suchend Ausschau und rief: „Wo ist Gustav? Er … er soll das wegmachen“, wobei sie eine entsprechende Geste mit den Händen machte.
Charlotte und Lilo tauschten fragende Blicke.
Schließlich hakte sich Lilo bei Frida unter und sagte tröstend: „Wir beide gehen jetzt in die Küche, trinken Tee und essen dazu leckere Kekse.“
Frida gehorchte.
Charlotte ging in die Hocke, betrachtet den Scherbenhaufen, dachte an Fridas geistigen Verfall und sah ihre neuen Lebenspläne zwischen den filigranen Porzellanteilen langsam entschwinden.
Sie wollte doch immer für Frida da sein, durchfuhr sie ein schmerzlicher Gedanke, und jetzt, wo sie auf ihre Hilfe angewiesen war, konnte sie doch nicht so egoistisch sein und verreisen.
Behutsam hob sie einige der Scherben auf, drehte sie nachdenklich in ihren Händen und legte sie dann vorsichtig wieder zurück. Vielleicht könnte ein Experte sie zusammen kleben? Doch dann bemerkte sie, wie klein und zersplittert die Teile waren. Nein, die Vasen waren rettungslos verloren!
Wie dein Leben! Und wenn du jetzt nicht endlich deinen eigenen Weg gehst, wird es für immer zu spät sein!
Eine Prozession missvergnügter Gedanken setzte sich langsam in Bewegung und drohte sie langsam zu demontieren. Im nächsten Moment gingen ihr Lilos Worte durch den Kopf. Wie recht sie doch hat, dachte sie kopfschüttelnd, es waren doch nur dumme Vasen! „Ja, und für mich“, murmelte sie, „für mich keinen Grund, meine Träume und Pläne wieder zu verwerfen.“ Kurzerhand schob sie ihre zermürbenden Gedanken zur Seite, nahm Besen und Schaufel zur Hand und fegte die Scherben zusammen.
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